Im Auge des Falken (Regelence-Serie) (German Edition)
»Irgendwann musst du heiraten.«
»Warum? Ich will zeichnen und malen. Ich will mir einen Namen mit Kunst schaffen und nicht irgendeinen Lord bei der Verwaltung seines Grundbesitzes unterstützen, überlegen, in was ich Geld investiere, und seine politische Karriere voranbringen.« Aiden sah auf seine im Schoß gefalteten Hände hinunter und kam nicht umhin, sich unverstanden zu fühlen. Wie konnte er ihnen das nur begreiflich machen?
Cony erhob sich vom Schreibtisch, ging vor Aiden in die Knie und nahm dessen Hände in seine.
»Willst du keine eigene Familie?«
Aiden zuckte die Schultern. Er hatte eine Familie, eine, die er sehr liebte. Meistens hatte er sie sogar gerne um sich. Warum glaubte also jeder, dass man einen Ehemann und Kinder brauchte, um sein Leben zu vervollständigen? Wen kümmerte es schon, wessen Familie nun wie mit wem verbandelt war? Er wollte nicht irgendjemandes Trophäe sein, nur weil er aus einer einflussreichen Familie stammte.
Sein Vater erhob sich, umrundete seinen Schreibtisch und lehnte sich vor Aiden dagegen. »Wir wollen doch nur, dass du glücklich bist, Junge. Und wir wollen sichergehen, dass du wohlbehalten bleibst. Im Laufe des letzten Jahres haben wir mehr und mehr den Eindruck gewonnen, dass du in Schwierigkeiten gerätst, sobald du zeichnest. Allein in den letzten beiden Wochen wärst du beinahe von einer Klippe gefallen, von Bienen gestochen und von einer Viehherde zertrampelt worden.«
Es war nur eine kleine Gruppe Kühe gewesen und sie waren nicht mal wirklich in seine Nähe gekommen – außer der, die ihm auf den Fuß getreten war – und wie hätte er denn voraussehen sollen, dass Tarrens Hundemeute eine Katze über die Weide hinter ihm jagen würde?
Und er war auch nicht beinahe von dieser Klippe gefallen – auch wenn er auf der Jagd nach seinem abhanden gekommenen Stift tatsächlich ein Stückchen abgerutscht war –, er hatte nur eine Weile auf einem Vorsprung festgesessen, bis Jeffers jemanden benachrichtigt hatte. Aus dieser Perspektive hatte er ein paar wirklich schöne Bilder vom Fluss anfertigen können.
Und die Bienen... na ja, in Zukunft würde er eben vorsichtiger sein und sichergehen, dass sich kein Nest in dem Baum befand, auf den er klettern wollte. Es war allerdings diese kleine Unannehmlichkeit mehr als wert gewesen, er hatte ein paar tolle Skizzen für seine Mappe machen können.
»Du musst heiraten. Das ist nun mal der Lauf der Dinge. Du wirst eine eigene Familie brauchen. Irgendwann werden deine Brüder alle ihre eigene haben und dein Sire und ich werden nicht ewig hier sein«, erinnerte ihn sein Vater.
Aiden verdrehte die Augen. Seine Eltern waren noch weit von ihrem Weg ins Grab entfernt, sie waren gerade einmal Anfang vierzig. Und bis seine Brüder Ehemänner und Kinder hatten, würde Aiden bereits auf dem besten Weg sein, ein Meister seiner Kunst zu werden.
»Warum kann ich nicht einfach hierbleiben, bis ich auf eigenen Beinen stehe?«
Steven massierte sich die Nasenwurzel und schloss die Augen. »Du bist der Sohn eines Königs, kein einfacher Mann. Wir finden passende Gefährten, wir gründen Familien, wir regieren das Land, wir gehen nicht irgendwelchen gewöhnlichen Arbeiten nach.«
»Aber genau darum geht es doch, Vater. Ich bin der Sohn eines Königs. Es sollte mir erlaubt sein, zu tun, was ich will. Ich habe kein Interesse an einer politischen oder militärischen Karriere in irgendeiner Form.«
Eine lange Stille breitete sich im Raum aus, während Aiden seine Eltern flehend ansah. Schließlich erhob sich Cony. Er nickte, als wäre er zu einer Entscheidung gekommen, und drehte sich dann zu Steven um.
»Es ist nicht jedem gegeben, Ehemann und Vater zu werden, Steven.«
»Raleigh, willst du, dass er alleine alt wird?« Steven machte einen Schritt nach vorne und strich Aiden mit einer Hand durchs Haar, während er die andere nach Conys ausstreckte. »Ich will doch nur, dass er glücklich wird. Du wolltest mich auch nicht heiraten, aber würdest du es jetzt ändern?«
Cony umfasste Stevens Hand und schüttelte den Kopf. »Du kennst meine Antwort, aber du hast mir auch erlaubt, mein Leben zu leben und zu arbeiten. Es ging nie darum, dass du nur eine Verbindung mit meiner Familie eingehen oder deinen politischen Einfluss vermehren wolltest. Das trifft sicher nicht auf andere Lords zu.«
Arbeit? Cony arbeitete nicht. Wobei, nein, so war das nicht richtig, natürlich arbeitete er. Cony half Steven in allen Bereichen der nationalen und
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