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Im Auge des Orkans

Im Auge des Orkans

Titel: Im Auge des Orkans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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Zusammenhang gebracht?«
    »Mir fiel es wie Schuppen von den
Augen, als Andrews Zeichnung von der Hand vor mir lag, die er draußen vor dem
Fenster gesehen hatte.«
    »Andrew erzählte, er hätte Dutzende
Zeichnungen für Sie gemacht.«
    »Ja, aber von der ganzen Person, nicht
von der Hand allein. Die Zeichnungen stellten Stephanie dar, so wie er sie
gesehen hatte, gekleidet in alte Lumpen, in einen weiten Regenmantel. Und die
Beschreibungen, die ich bekam, führten mich auch in die Irre. Da hieß es immer,
der sogenannte Geist des Einsiedlers habe für einen Mann lange Haare. Und
Stephanie hat für eine Frau durchschnittlich lange Haare. Die weiten Kleider
verbargen die Eckigkeit ihres Körpers. Es war schwer zu schätzen, wieviel die
Person wog.«
    »Die Arbeiter jedenfalls waren von dem ›Geist‹
überzeugt.«
    »Ja, aber da traf sie noch weitere
Vorsichtsmaßnahmen. Sie veranlaßte ihren Anwalt, ihnen Jobs außerhalb der Stadt
zu verschaffen.«
    »Das muß ja ein großartiger Vertreter
seiner Zunft sein.«
    »Vielleicht war er auch privat mit
Stephanie verbunden. Als ich sie kennenlernte, erwähnte sie, daß sie am Abend
zuvor nicht dagewesen sei, weil sie in Sacramento einen netten alten Knaben‹
getroffen habe. Der Anwalt, Bob Barnes, ist einer jener jovialen Südstaatler.
Er veranlaßte auch einen Kollegen, zweimal ein anonymes Gebot abzugeben, ehe
das von Neal akzeptiert wurde.«
    »Und jetzt ist er ihr Verteidiger?«
    »Ja. Aber Stephanies schwerster Fehler
war, Andrew ihre Hand durch das Fenster sehen zu lassen. Es kam ihr wohl nicht
in den Sinn, daß ein Elfjähriger eine so feine Beobachtungsgabe besitzen oder
gar noch zeichnen könnte, was er gesehen hatte.«
    Sam hielt seine kräftigen, kantigen
Hände hoch und beugte die Finger. »Das ist ein Teil des Körpers, der sich
schwer tarnen läßt.« Ich nickte. »Und dann verband ich das, was ich über
Stephanie wußte, mit meinen Informationen über die Familie Appleby. Ein Zweig
der Familie hatte das Blut der Miwok-Indianer in den Adern, auch Stephanie hat
indianisches Blut, es ist deutlich an ihrem Gesicht zu erkennen und an ihrer
Hautfarbe — wie bei mir. Aber sie gab sich große Mühe, mir zu erklären, daß sie
eine Mischung aus Italien, Frankreich, Irland und Skandinavien sei. Zumindest
Skandinavien stimmte, das bewies ihr Nachname. Und Louise Appleby war mit einem
schwedischen Matrosen durchgebrannt — es paßte.
    Eins der wenigen Dinge, die mir
Stephanie erzählt hatte, war, daß sie aus Seattle stammte. Ich wußte nicht,
wohin Louise und ihr Matrose gezogen waren, aber ich wußte, wo er gearbeitet
hatte, bei der Northern Pacific Line. Ich schlug in der Bibliothek nach — Abteilung
Seegeschichte — und entdeckte, daß sie dort früher ihren Hauptsitz gehabt
hatte. Stephanies Familie hatte einen Bootsverleih, ein einleuchtender
Erwerbszweig für die Nachfahren eines Matrosen.«
    »Und all dies verriet Ihnen, warum sie
uns von hier vertreiben wollte.«
    »Nun, in groben Umrissen schon. Ich
hatte das Gefühl, daß alles mit der Familiengeschichte der Applebys
zusammenhing. Warum war sonst das Buch mit dem Kapitel über die Applebys und
den Einsiedler von meinem Nachttisch gestohlen worden? Das war ein weiterer
Fehler von Stephanie. Wenn sie es nicht weggenommen und in der Bibliothek
herumgesucht hätte, wäre ich vielleicht nie auf die Briefe gestoßen.«
    »Hat sie eigentlich ein volles
Geständnis abgelegt?«
    »Ja. Erst versuchte sie zu bluffen,
aber ihre Flucht im Sturm und der Kampf mit mir belasteten sie ziemlich. Als
sie begriff, daß die Polizei über ihre Verbindung zu den Applebys informiert
war, muß sie erkannt haben, daß man ihr ihre Schuld nachweisen würde.«
    »Aber warum mußte Max dran glauben? Und
Mr. Won?«
    »Als Stephanies Eltern 1984 starben,
packte sie alle Familienurkunden zusammen und besuchte Stuart Appleby hier auf
der Insel. Doch er wollte nichts mit ihr zu tun haben. Kurz darauf erschoß sich
Stuart. Stephanie verkaufte das florierende Bootsverleihgeschäft und versuchte,
die Insel zu erwerben, doch die Verwalter akzeptierten ihr Gebot nicht.«
    »Und wie kommt Max ins Spiel?«
    »Als Stephanie herkam, um hier zu
arbeiten, wunderte sich Max, weil sie so tat, als sei sie noch nie dagewesen,
dabei hatte er sie bei ihrem Besuch natürlich übergesetzt. Er tat so, als habe
ihm Stuart Appleby alles erzählt, und erpreßte sie. Stephanie behauptet, sie
hätten sich wegen de$ Erpressung gestritten, es sei zu

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