Im Bann der Sinne
Handgelenk mit der Daumenspitze. „Hast du gar nicht den Wunsch, zu deiner Familie zurückzukehren?"
Sie wusste, dass ihr Lächeln jetzt ein wenig dünn wirkte. Obwohl man ihr dort so wehgetan hatte, war es doch ihre Familie. Diese Tatsache ließ sich nicht so ohne weiteres abschütteln. „Ich bin heute Sarah begegnet."
„Und es geht ihr gut?" Tariqs Ton war gleichgültig, doch sein Blick verriet lebhaftes Interesse.
Jasmine hob die Schultern. „Du kennst ja Sarah."
Er sagte nichts, beobachtete nur ihr Gesicht mit Augen, die direkt in ihre Seele zu blicken schienen. In dieser Nacht liebte er sie mit besonderer Zärtlichkeit, und sie vergaß Sarahs Grausamkeiten, sobald er sie in die Arme nahm.
Die nächsten Tage verbrachte Jasmine mit dem Kaufen von Geschenken. Jamar folgte ihr wie ein braves, wenn auch überdimensionales Hündchen und steuerte sogar ein paar nützliche Vorschläge zu ihren Einkäufen bei.
„Da kommt Ihre Schwester", sagte er plötzlich.
Überrascht blickte Jasmine auf. Tatsächlich, Sarah steuerte direkt auf sie zu.
„Wie wär's, kleine Schwester? Lass uns zusammen Mittag essen." Zum ersten Mal schwang in Sarahs Worten weder Bitterkeit noch Sar-kasmus mit. Jasmine konnte nicht widerstehen. Dieses Versöhnungsangebot einer stets unzugänglichen älteren Schwester war zu verlockend.
Bevor sie in den Wagen stiegen, fragte Sarah, ob sie kurz an einem Reisebüro anhalten könnten. „Ich muss nur rasch Flugtickets besorgen." Sie lächelte und winkte Jamar herbei, der sich diskret ein paar Schritte zurückgezogen hatte.
Jasmine lächelte ihm zu. „Wir möchten kurz zu einem Reisebüro fahren. Können Sie das dem Fahrer sagen?"
Jamar tat, worum sie ihn bat, wenn auch stirnrunzelnd. Er setzte sich auf den Beifahrersitz, während Jasmine mit Sarah im Fond saß. Die Limousine war ihnen von der australischen Regierung zur Verfü-
gung gestellt worden und hatte keine Abtrennung zwischen den Vorder- und Rücksitzen. Deshalb sprach Jasmine sehr leise, als sie sich mit Sarah unterhielt. Als sie schließlich zugab, ihre Familie ein wenig zu vermissen, sagte Sarah plötzlich ziemlich laut: „Und wann kommst du nach Neuseeland? Ich kann dein Ticket ja gleich buchen."
Jasmine antwortete wesentlich leiser. „Ich werde sehen, ob Tariq nach dieser Konferenz noch etwas Zeit hat." Sie wusste nicht, ob sie ihren Mann dazu überreden konnte, an einen Ort zurückzukehren, an den sie beide so schmerzliche Erinnerungen hatten.
Das Mittagessen gestaltete sich überraschend vergnüglich. Jasmine wurde erst jetzt bewusst, wie sehr sie sich danach gesehnt hatte, etwas von ihrer Familie zu hören.
Begierig nahm sie alles in sich auf, was Sarah zu erzählen hatte. „Ich danke dir", sagte sie, nachdem sie die Rechnung für sie beide bezahlte hatte. „Es war schön, zu erfahren, wie es allen so geht."
Sarah lächelte. „Vielleicht sehen wir uns ja wieder. Wir sind ja jetzt beide erwachsen."
Jasmine nickte. Sie war nicht mehr das naive kleine Mädchen, und offenbar hatte Sarah das erkannt. Und vielleicht war Sarah nach ihrer Heirat mit dem blaublütigen Harrison Bentley aus Boston auch etwas reifer geworden und hatte ihren Hass auf Tariq vergessen.
Erst spät am Abend sollte Jasmine erfahren, wie sehr sie sich geirrt hatte.
Sie stand unter der Dusche, als Tariq kurz nach acht ins Hotel zurückkehrte. Als sie nur in ein Badetuch gehüllt ins Zimmer trat, stand er da und wartete auf sie. Seine Augen glühten vor Zorn.
„Tariq. Was ist los?" Jasmine erstarrte.
Er blieb auf der anderen Seite des Bettes stehen. „Hat es dir Spaß gemacht, dich über mich lustig zu machen, Jasmine?" Er sprach ganz ruhig, doch seine Stimme zitterte vor Wut.
„Wovon redest du?"
„Welche Unschuld! Und ich glaubte wirklich, du hättest dich geändert."
Sein Blick war so hasserfüllt, dass er ihr Angst machte. Gleichzeitig tat es ihr weh, dass er so großen Wert auf Distanz legte.
„Leider hat deine Schwester mir deine Pläne verraten."
Jasmines Kopf fuhr hoch. „Was für Pläne?"
„Deine Schwester hat mit mir über deinen Fluchtplan gesprochen. Sie sagte, ich müsse verstehen, dass du es nicht über dich bringen kannst, einen Mann wie mich zu heiraten."
Jasmine starrte ihn wie betäubt an. Als er etwas aus seiner Hosentasche zerrte und ihr gegen die Brust warf, rührte sie sich nicht.
„Du hast ihr nicht gesagt, dass ich dein Mann bin! Was hattest du vor? Wolltest du die Ehe annullieren lassen oder einfach die
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