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Im Bann des blauen Feuers

Im Bann des blauen Feuers

Titel: Im Bann des blauen Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Kilborne
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sich auch nicht, als der inzwischen fünfzehnjährige Lucien zur Welt kam – ganz im Gegenteil! Wenn überhaupt möglich, erfuhr Céleste seit diesem Tag noch weniger Zuwendung als zuvor. In den ersten Jahren hatte sie sehr unter der Gefühlskälte ihrer Pflegeeltern gelitten, doch irgendwann fand sie sich einfach damit ab. Ebenso wie mit der Tatsache, dass Tante Marie ihr gegenüber eine unverhältnismäßige Strenge an den Tag legte, während sie Lucien mit der übertriebenen Fürsorge einer Glucke bedachte.
    Sie atmete tief durch und legte sich ihre Worte sorgsam zurecht. „Wenn es dir wirklich so wichtig ist, werde ich selbstverständlich heute Abend zu Hause bleiben und mit Lucien lernen. Allerdings bitte ich dich zu bedenken, dass ich meinen Job in der Bar verlieren könnte, wenn ich ohne gravierenden Grund einfach nicht erscheine. Und ohne Job werde ich nicht in der Lage sein, weiterhin wie vereinbart meinen Beitrag zur Haushaltskasse beizusteuern.“
    Natürlich wusste sie, dass es Tante Marie nicht wirklich um die Mathe-Nachhilfe für ihren Sohn ging. Lucien verabscheute ihre gemeinsamen Lernnachmittage mindestens genauso wie Céleste. Und weil er das seiner Mutter gegenüber regelmäßig kundtat und diese ihren kleinen Liebling grundsätzlich nie zu irgendetwas zwang, blieben ihnen beiden die verhassten Übungsstunden meist erspart.
    Dass Tante Marie jetzt wieder damit anfing, lag einzig und allein daran, dass sie Céleste provozieren wollte. Warum sie es ständig darauf anlegte, hatte diese bis zum heutigen Tag nicht herausfinden können. Sie nahm an, dass es irgendetwas mit ihrer Mutter – Antoinette – zu tun hatte. Aber da Marie nie über ihre Schwester sprach, war das lediglich eine Vermutung.
    „Also schön“, sagte ihre Tante nun, wobei sie ein Gesicht zog, als hätte sie in einen sauren Apfel gebissen. Irgendwie schaffte sie es aber trotzdem, ihrer Stimme einen gönnerhaften Tonfall zu verleihen. „Du darfst gehen – ausnahmsweise. Aber das nächste Mal lasse ich dich nicht so einfach davonkommen, haben wir uns verstanden, mein Fräulein?“
    Falls sie gehofft hatte, ihrer Nichte mit dieser kleinen Ansprache ein Widerwort entlocken zu können, so wurde sie bitter enttäuscht. „ Bien sûr – aber natürlich!“, entgegnete Céleste mit einem Lächeln, bei dem sie sich beinahe die Kieferknochen verrenkte. „Einen schönen Abend noch!“
    Sie schaffte es noch, das falsche Lächeln zu halten, bis sie zur Tür hinaus war, den Vorgarten durchquert und das Gartentor hinter sich geschlossen hatte. An der nächsten Straßenecke dann, als sie sicher sein konnte, dass Tante Marie sie nicht mehr beobachtete, entkrampfte sich ihr Gesicht, und sie fuhr sich seufzend mit der Hand durch ihr langes, rabenschwarzes Haar.
    Das war verflixt knapp gewesen. Félix – ihr Chef – hatte sie nämlich schon zwei Mal wegen Zuspätkommens ermahnt. Ein drittes Mal, und sie war tatsächlich ihren Job los. Und das durfte auf keinen Fall passieren. Immerhin wollte sie so schnell wie möglich genügend Geld zusammenhaben, um endlich auf eigenen Beinen stehen zu können.
    Sie warf einen Blick auf ihre Armbanduhr und erschrak. So spät schon? Merde! Die Diskussion mit ihrer Tante hatte sich wieder einmal länger hingezogen als geahnt. Jetzt musste sie sich beeilen, um den Bus in die Pariser Innenstadt noch zu erreichen, wo sie in unmittelbarer Nähe ihrer Uni, der weltberühmten Sorbonne, in einer Bar namens Le Lapin Jaune  – Das Gelbe Kaninchen – hinter der Theke arbeitete.
    Sie lief los.
    Der Job machte ihr Spaß, auch wenn er ziemlich anstrengend war. Sie hatte schon in einem kleinen Supermarkt Abendschichten geschoben, sich als Führerin für Stadtrundfahrten versucht und in einem Restaurant als Spülhilfe gejobbt. Als Barfrau fuhr sie – vor allem dank der Trinkgelder, weniger weil Félix sie so gut bezahlte – das meiste Geld ein. Außerdem machte sie die Arbeit gern, und die Schichten ließen sich gut mit der Uni vereinbaren.
    Doch es wäre nicht der erste Job, den sie verlor, weil Tante Marie wieder einmal ihren Frust an ihr ablassen musste.
    Seufzend schüttelte sie den Kopf. Dieses Verhalten nervte sie zwar immer noch, aber inzwischen konnte sie zumindest recht gut damit umgehen, während sie sich früher manchmal wie eine tickende Zeitbombe gefühlt hatte – und zwar wortwörtlich.
    Céleste konnte dieses Gefühl nicht genau beschreiben. Jeder, der schon einmal wirklich in Wut geraten ist,

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