Im Bann des Prinzen
waren es auch ihre düsteren Gedanken, die ihre Wahrnehmung trübten. Kolby drückte sich fasziniert die Nase an der Scheibe platt und schien von all dem nichts mitzubekommen.
Kein Wunder, die Landschaft, die Tiere und schlieÃlich die königliche Villa waren beeindruckend. WeiÃer Stuck, Bögen und Erker â es war nicht unbedingt ein Märchenschloss, aber durchaus imposant und fast so groà wie ein Hotel. Nur, dass in keinem Hotel, in dem sie gewesen war, Sicherheitskräfte mit geschulterten Maschinengewehren vor der Tür standen.
Was ihr ein Gefühl der Sicherheit hätte vermitteln sollen, erinnerte sie stattdessen nur daran, dass Geld und Macht nicht ohne Bürden zu haben waren. Wenn man sich überlegte, dass Tony aufgewachsen war, ohne je mit der realen Welt in Berührung gekommen zu sein ⦠Ein Wunder, dass er normal geblieben war.
Wenn man einen millionenschweren Prinzen mit einer Vorliebe fürs Surfen als ânormalâ bezeichnen konnte.
Die Limousine fuhr langsam an einem marmornen Brunnen vorbei und kam schlieÃlich zum Stehen. Sofort tauchten weitere uniformierte Männer auf und öffneten die Türen. Ein Butler stand oben auf der Treppe. Auch wenn Tony darauf beharrt hatte, dass er nichts mehr mit seinem Erbe zu tun haben wollte, schien er sich doch in dieser Welt völlig heimisch zu fühlen. Im Grunde begriff sie es erst jetzt wirklich: Der atemberaubend gut aussehende â schweigsame â Mann, der neben ihr ging, war ein blaublütiger Prinz.
âTony?â Sie berührte seinen Ellbogen.
âNach dirâ, sagte er nur und deutete zu der Flügeltür, die von einem Butler aufgehalten wurde.
Shannon setzte sich ihren Sohn auf die Hüfte und schritt tapfer voran ⦠Kolby blickte entgeistert um sich.
Von der eindrucksvollen runden Halle führten golden schimmernde Torbögen in offene Säle. Zwei geschwungene Treppen trafen im ersten Stock zusammen. Und, Himmel, war das etwa ein Picasso an der Wand?
Ihre Turnschuhe quietschten auf dem Marmorboden, während sie durch weitere Torbögen tiefer in das Anwesen hineingeführt wurde. Und auch wenn Shannon sich immer wieder versicherte, dass Geld nicht wichtig war, wünschte sie jetzt, sie hätte andere Schuhe eingepackt.
Vor ihnen tauchte eine groÃe, gläserne Verandatür auf, die den Blick auf das Meer freigab. Tony bog jedoch vorher ab und ging mir ihr in ein Zimmer, das wohl die Bibliothek war. Bücherregale bedeckten drei der vier Wände, nur unterbrochen von groÃen Fenstern.
Ein älterer Mann döste in einem Sessel beim Kamin. Zwei groÃe Hunde lagen rechts und links von ihm.
Tonys Vater. Ein echter König.
Entweder eine Krankheit oder das Alter hatten ihren Tribut gefordert â die Ãhnlichkeit zu Tony war kaum noch zu erkennen. Das silbergraue Haar war zurückgekämmt, und die Zerbrechlichkeit und Blässe in seinem Gesicht riefen in Shannon den Wunsch hervor, ihn zu trösten.
Dann schlug er die Augen auf. Das Funkeln in den dunklen Augen lieà sie innehalten.
Wow, der König mochte alt sein, aber er hatte nichts von seinem Charisma eingebüÃt.
âWillkommen zu Hause, hijo pródigo .â Der verlorene Sohn.
Enrique Medina sprach Englisch, mit unmissverständlich spanischem Akzent. Und offenbar lieà ihn dieses Wiedersehen nicht ganz unberührt. Oder war es nur Wunschdenken ihrerseits, weil sie es sich für Tony wünschte?
âHallo, Vater.â Tony legte ihr eine Hand auf den Rücken. âDies sind Shannon und ihr Sohn Kolby.â
Der alternde Monarch nickte in ihre Richtung. âWir heiÃen Sie und Ihren Sohn willkommen.â
âVielen Dank für Ihre Gastfreundschaft und Ihre Hilfe, Sir.â Aus Angst, sich mit Eure Hoheit oder Eure Majestät zu verfransen, entschied sie sich für diese einfache Anrede.
âWenn meine Familie nicht wäre, bräuchten Sie meine Unterstützung nicht.â
Tonys Finger zuckten auf ihrem Rücken. âWollen wir hoffen, dass wir dir nicht allzu lange zur Last fallen müssen. Shannon und ihr Sohn brauchen nur einen Ort, wo sie Unterschlupf finden können, bis Gras über die Sache gewachsen ist.â
âDas wird nicht so schnell geschehenâ, stellte Enrique fest.
Shannon zuckte zusammen.
âIch freue mich, dass Sie hier sind, meine Liebe. Sie haben Tony nach Hause gebracht, also haben Sie schon
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