Im Bannkreis der Lust 1. Vorstellungsgespräch
und relaxten auf den grünen Wiesen. Die beliebtesten Plätze befanden sich zwischen Brudermühlbrücke, Tierpark und der südlichen Stadtgrenze. Da gab es Wege, die bis nach Freising reichten, dreißig Kilometer von München entfernt. Suchte man Ruhe, fand man genug abgelegene Orte.
Wie hier. In dieser Gegend war Eva niemals zuvor gewesen, aber da vorne musste das Haus des Meisters sein. Sie sah die große helle Villa zwischen den Bäumen hervorblitzen.
Eva atmete zitternd aus, nahm den Fuß vom Gaspedal und ließ den Wagen ausrollen. Noch konnte sie zurück.
Steffen stieg tropfnass aus der Dusche und wischte den Dampf vom Spiegel über dem Waschbecken. Die letzten Nächte waren lang gewesen, und er sah ziemlich fertig aus mit seinem Dreitagebart und den Schatten unter den Augen. Aber schlafen konnte er auch nicht mehr. Zu viele Dinge gingen ihm durch den Kopf. Die ganze Angelegenheit machte ihn übellaunig, denn sie zog sich bereits ewig in die Länge.
Er schnappte sich ein frisches Handtuch und rubbelte über seine schwarzen Haare, bis sie in alle Richtungen standen. In diesem noblen Haus mit dem marmornen Bad, den hohen, stilvoll eingerichteten Räumen und dem Luxusschlitten in der Einfahrt kam er sich völlig fremd vor – was ebenfalls nicht zur Besserung seiner Laune beitrug.
Eben wollte er zum Rasierer greifen, als es ein Stockwerk tiefer an der Haustür klingelte. Wer konnte das so früh sein? Er erwartete niemanden.
Schnell holte er seine Pistole aus dem Brustholster, das auf einem Stuhl neben der Dusche lag, wickelte sich ein Handtuch um die Hüften und lief die Treppen hinunter. Durch die Milchglasscheibe zeichnete sich die Silhouette einer Frau ab.
Er hielt die Glock hinter seinem Rücken versteckt und öffnete. «Ja, bitte?»
«Ähm …»
Zuerst fielen ihm ihre braunen Rehaugen auf, die sie weit aufgerissen hatte. Einen halbnackten Mann hatte sie wohl nicht erwartet.
Ihre Wangen röteten sich. «Ich …»
«Ich kaufe nichts», sagte Steffen leicht genervt und wollte die Tür eben wieder schließen, als sie hervorstieß: «Ich bin gekommen, um Euch zu dienen, Herr.»
Entgeistert starrte Steffen die Frau an. Hatte er sich verhört?
Hastig senkte sie den Blick und umklammerte ihre kleine schwarze Handtasche. Die Unbekannte, die Steffen auf Anfang dreißig schätzte, trug eine weiße Bluse und einen engen grauen Rock, dazu hauchfeine Strümpfe und unauffällige Pumps. Sie sah aus wie eine Kosmetikvertreterin oder eine Sekretärin. Ihr brünettes Haar hatte sie zu einem Knoten aufgesteckt. Dadurch wirkten die feinen Konturen ihres Gesichtes noch graziler.
Sie war einen Kopf kleiner als er und hatte lange Beine. Ihre Brüste hingegen konnten unmöglich echt sein, dazu schienen sie zu groß für ihren zierlichen Körper.
«Herr?», fragte sie leise. «Entschuldigt, wenn ich Euch mit meinem Anliegen überrumple. Ich habe von Euch gehört und … Ich würde mich freuen, wenn Ihr mich in Euren Zirkel aufnehmen würdet.»
Schlagartig wurde ihm klar, was hier gespielt wurde. Sie war gekommen, weil sie von ihm unterworfen werden wollte. Sexuell!
Unter dem Handtuch regte sich sein Schwanz.
Steffen räusperte sich. Er durfte sich von ihrem reizenden Äußeren nicht verwirren lassen, musste einen kühlen Kopf bewahren. Es könnte eine Falle sein, um ihn auffliegen zu lassen.
Unauffällig überprüfte er die Umgebung. Am Wendeplatz parkte ein dunkelblauer Renault Twingo, ansonsten war weit und breit nichts Auffälliges zu sehen. Blätter raschelten im Wind, Vögel zwitscherten. Alles wirkte ganz normal.
Steffen öffnete die Tür weiter. Er achtete darauf, dass die unbekannte Schöne seine Waffe nicht bemerkte, als sie das Haus betrat. Wahrscheinlich war es besser, die Sache drinnen zu klären. Wer wusste schon, ob sie da draußen jemand beobachtete? Der Auwald bot eine Menge Verstecke.
«Hat Forstenrieder dich geschickt?», fragte er, als die Tür ins Schloss fiel.
«Wer?» Sie wirbelte zu ihm herum, die Rehaugen weit aufgerissen.
Anscheinend wusste sie tatsächlich nicht, wer Forstenrieder war. Zumindest sagte ihr der Name nichts, was aber nicht bedeuten musste, dass sie den Mann nicht doch kannte. Der Typ besaß viele Identitäten.
Wenn die Fremde ihn aber mit Forstenrieder verwechselte? Dann durfte Steffen sie nicht wegschicken. Sie könnte nützlich sein.
Zudem erwachte sein Beschützerinstinkt. Forstenrieder war ein Schwein. Steffen wollte nicht, dass diese Frau in den Bannkreis des
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