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Im Bus ganz hinten

Im Bus ganz hinten

Titel: Im Bus ganz hinten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fler
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durch die Siedlung lief. Einmal kamen drei Sinti auf uns zu und spuckten ihn einfach an. Sie wollten uns provozieren,
    was ihnen – zumindest bei mir – auch gelang. »Ey, was soll der Scheiß?«, giftete ich und blickte sie mit zornigen A ugen an. A ber Sebastian
    blieb zu meinem Erstaunen ruhig. Er war 1,90 Meter groß und ziemlich sportlich. Er hätte es mit den drei Sinti auf jeden Fall aufnehmen
    können. A ber er machte nichts. Gar nichts. Er sah einfach über die Köpfe der drei Typen hinweg und ging weiter. Ich verstand die Welt nicht
    mehr! A ls Sebastian bemerkte, dass ich die Fäuste längst zum A ngriff geballt hatte und kurz davor war zuzuschlagen, schaute er mir tief in die
    A ugen und schüttelte den Kopf. »Lass stecken«, sagte er ruhig und zog mich weiter. Das fand ich bewundernswert. Ich wäre an seiner Stelle
    total ausgerastet. A ber er war Christ – Rache kam in seiner Welt nicht vor. Später erzählte er mir von einem Bibelzitat aus dem
    Matthäusevangelium 5, 39: »Wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halt ihm auch die andere hin.« Ich persönlich konnte mit
    diesem Spruch ja nicht so viel anfangen. A ber es war irgendwie faszinierend, dass Sebastian es konnte.
    The American Dream

    Kurz nach der Wende war immer noch ein Haufen US-Soldaten in unserem Bezirk stationiert. Sie waren vom Zweiten Weltkrieg übrig
    geblieben und lebten auf einem großen Gelände, das von Stacheldraht umzäunt war. In ihre Kaserne durfte keiner rein. Es hieß immer: Wer
    da einbricht, wird sofort erschossen! Täglich rollten die A mis mit ihren riesigen Panzern durch die Straßen und wurden von den Berlinern
    dabei wie Helden verehrt. A uch für mich waren diese Jungs Idole. Weil ich oft vor der amerikanischen Kaserne stand – einfach nur, um zu
    gucken –, bekam ich mit, dass die A rmy-Typen Hip-Hop liebten. In ihren Uniformen wirkten sie, als hätte man sie aus einem coolen Film
    direkt in unser schäbiges Viertel gebeamt. Von Freunden hörte ich, dass sie Cola und Döner liebten, aber weder das eine noch das andere
    bekommen konnten: Sie wurden für ihre Manöver immer nur mit sogenannten Packages ausgestattet. Das waren kleine Kunststoffpakete mit
    Proviant, in denen sich Süßigkeiten, Trockenfleisch und Tarnfarbe befanden. Und auf die war ich total scharf! Eines Tages lief ich deshalb mit
    Döner und Cola bewaffnet zur Kaserne und sprach einen der A mis an, die gerade an der Einfahrt standen. »Have you got any packages for
    me?« Ich hielt ihm erwartungsvoll mein Bestechungsmitbringsel unter die Nase. Er nahm seine coole Sonnenbrille ab und zwinkerte mir zu.
    Dann tauschte er sein Paket tatsächlich gegen meine Ware. Überkrass! Warum genau ich so happy war, kann ich heute gar nicht mehr sagen.
    A ber wahrscheinlich war es einfach ein Stück vom A merican Dream, das ich da in der Hand hielt. Dieses Package ließ mich von der großen
    weiten Welt träumen – auch wenn eigentlich nur Ekelfutter und Tarnfarbe darin waren.
    Eines Nachmittags nach der Schule hatte ich wieder einmal so gar keinen Bock, nach Hause zu gehen. Wir hatten Besuch: Tante Simone war
    mit ihren Söhnen Jan und A lexander da. Und die waren so dermaßen uncool, dass es kaum zum A ushalten war. Sie kamen aus dem Osten
    und hatten keine A hnung von Hip-Hop. Ich konnte mit den beiden beim besten Willen nichts anfangen. Deshalb kam es mir ganz gelegen,
    dass ich, auf dem Heimweg meinen Kumpel Flo traf. »Kommst du mit zur US-Kaserne?«, fragte er mich. »Ich hab da gestern ein kleines Loch
    im Zaun entdeckt.« Wow, das fand ich aufregend. »Klar, bin dabei«, antwortete ich, ohne zu zögern. Gemeinsam liefen wir los. Wir warteten
    einen guten Moment ab, in dem wir uns unbeobachtet fühlten, und kletterten dann vorsichtig durch die Lücke in der A bsperrung auf das
    Gelände. Das war jetzt echt mal gefährlich. »Meinst du, wir werden gleich abgeknallt?«, fragte ich. Flo zuckte nur mit den Schultern. Das
    Kasernengelände war riesig – die Wohnhäuser der Soldaten und der Stacheldrahtzaun, an dem wir entlangschlichen, waren durch ein großes
    Feld mit einem breiten Pfad getrennt. A uf dem bretterten die Uniformierten immer mit ihren Jeeps entlang. A ls plötzlich wie aus dem Nichts
    so ein Wagen auf uns zudonnerte, sah ich mich schon tot in der Ecke liegen. Erschossen und vergessen. Uns packte die A ngst, und wir
    flüchteten, so schnell wir konnten. »Zurück durch das Loch!«, rief ich. Uns trennten noch gut hundert Meter

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