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Im Dunkel der Waelder

Im Dunkel der Waelder

Titel: Im Dunkel der Waelder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Aubert
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ihr, ihre Einkäufe hier zu erledigen. Ich an ihrer Stelle würde ja in einen anderen Supermarkt gehen. Nun gut, ich lasse Sie hier. Der Wächter ist nicht weit weg, ich werde ihn bitten, ein Auge auf Sie zu haben. Bis gleich.«
    Ich höre, wie sie davongeht und vor sich hinmurmelnd nach der Münze für den Einkaufswagen kramt.
    Ich warte gespannt. Bei jedem Schritt, der sich in meine Richtung bewegt, spüre ich, wie sich meine Muskeln anspannen. Wird sie kommen? Und mit einemmal ist sie da.
    »Guten Tag, Madame. Geht es dir gut?«
    Zeigefinger.
    »Willst du, daß ich dir meine Geschichte weitererzähle?«
    Zweimal Zeigefinger.
    »Die Polizei hat Michael gefunden. Im Wald. Er war mausetot. Ich wußte, daß sie ihn gesucht haben, aber ich konnte ihnen doch nicht sagen, wo er war, sonst hätten sie mich gefragt, woher ich das weiß, verstehst du?«
    Und wie ich das verstehe!
    »Ich wußte es, weil wir zusammen Angeln gespielt haben. Da angeln wir nicht wirklich, wir binden ein Band an einen Stock und tun nur so. Seine Mama will nicht, daß er am Fluß spielt, aber wir lügen, wir sagen, daß wir Fahrrad fahren. Und dann hatte ich keine Lust mehr zu angeln, weil er gesagt hat, daß er alle Fische gefangen hat und ich keinen einzigen, und dann habe ich gesagt, daß ich nach Hause gehe. Ich bin weg, aber ich habe einen schönen Pilz gefunden, und als ich wieder aufblickte, habe ich gesehen, daß er der Bestie begegnet ist.«
    Ich habe gute Lust, sie kräftig durchzuschütteln. Wem ist er begegnet, verdammt noch mal?
    »Und da wußte ich, daß er bald tot sein würde, so wie die anderen, weil die Geschichte immer gleich abläuft. Ich wollte weg, aber ich bin geblieben und habe mich hinter einem Baum versteckt. Ich wollte zusehen.« Ihr helles Stimmchen. Fast gleichgültig spult sie ihre Litanei des Grauens ab.
    »Michael hat der Bestie guten Tag gesagt und dann hat sich sein Gesichtsausdruck auf einmal verändert, er ging einen Schritt zurück, dann noch einen, und dann ist er hingefallen. Damit war er verloren, weißt du, er hat noch versucht, wieder aufzustehen, aber es war schon zu spät. Die Hände haben sich um seinen Hals gelegt und einfach zugedrückt, er ist ganz rot geworden, dann ganz violett, und dann kam seine Zunge aus dem Mund, und er ist auf den Boden zurückgefallen, mit weit aufgerissenen Augen. Ich hab mich nicht vom Fleck gerührt, mir war heiß, weißt du, ich habe geschwitzt, aber ich wußte, ich darf mich nicht von der Stelle rühren, und dann haben die Hände losgelassen und …«
    »Bist du schon wieder da, du kleines Plappermaul? Kannst du die Dame nicht in Ruhe lassen?«
    Ihr Vater muß in unmittelbarer Nähe stehen. Ich rieche sein Rasierwasser. Frisch und würzig. Ich spüre die Sonne nicht mehr, er muß direkt vor mir stehen, seine Stimme, die plötzlich ganz nah ist, klingt sehr sanft:
    »Hören Sie, es ist nicht so, daß ich nicht will, daß die Kleine mit Ihnen spricht, aber ich weiß nicht, ob es Sie nicht stört … Oh, guten Tag, Madame … Virginie ist mir einfach davongelaufen und hierhergekommen …«
    »Das macht doch nichts. Mademoiselle Elise hat Kinder immer gern gehabt. Ich glaube nicht, daß sich das geändert hat. Sie hat sich immer gefreut, wenn sie kamen, um sich die Zeichentrickfilme anzusehen. Wissen Sie, im Kino, dem Trianon …«
    »Ja, das kenne ich. Früher haben wir in Saint-Quentin gewohnt, aber jetzt sind wir nach Boissy gezogen, in den Stadtteil Merisiers.«
    Saint-Quentin! Der kleine Renaud, von dem in den Nachrichten die Rede war, wurde in Saint-Quentin getötet!
    »Aber da wohnen Sie ja quasi gleich nebenan! Wir sind Nachbarn! Was für ein Zufall! Nun, Mademoiselle Elise war die Besitzerin des Trianon.«
    Wie kommt sie dazu, ihm aus meinem Leben zu erzählen? Jetzt hält er mich sicher für eine verklemmte alte Jungfer, die Kinder mit Eis vollstopfte und ihnen den Kopf tätschelte.
    Auf meinem Schoß werden Tüten abgestellt. Der Rollstuhl setzt sich in Bewegung. Die Unterhaltung zwischen Yvette und Virginies Vater geht weiter. Sehr gut!
    »Sie haben wirklich eine entzückende kleine Tochter!«
    »Tja, sie sieht aus wie ein Engel, aber sie hat es faustdick hinter den Ohren, nicht wahr, Virginie?«
    »Haben Sie noch mehr Kinder?«
    »Ich … Nun, ich … ich hatte einen Sohn, aber, oh, da steht mein Auto. Ich muß jetzt los. Hören Sie, ich würde Sie ja gerne mitnehmen, aber mit dem Rollstuhl …«
    »Das ist trotzdem sehr nett von Ihnen. Ach, es tut ganz gut, ein

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