Im Dunkeln der Tod
Prozent informierten über Events in der Stadt, vom Schlagerstar Markoolio, der das neue Tumba-Zentrus einweihen sollte, bis zum Klöppelkurs im Freilichtmuseum und dem Meerschweinchenrennen in Sollentuna.
Etwas, was er verabscheute, waren die speziellen »Tage«, die in den letzten Jahren erfunden worden waren. Zuerst hatte es den Tag des Kindes und den Tag des Buches und den Frauentag gegeben, und das war sicher in Ordnung – aber jetzt wimmelte es nur so von Tagen, die gefeiert werden sollten, Zimtbrötchen, Tretauto, Vorort, und dieser Sonntag war offenbar der Tag des Fausthandschuhs. Wozu das Ganze – sollte alle Welt mit selbst gestrickten Fäustlingen durch die Gegend laufen, mit den Händen fuchteln und sich freuen? Würden Gebäck in Form von Handschuhen verkauft und Strickanleitungen getauscht werden?
Er hatte fast Lust, darüber zu berichten, einfach, weil alles so blöd war.
Die übrigen Pressemitteilungen handelten entweder von Leuten, die mit dem öffentlichen Nahverkehr unzufrieden waren, oder von obskuren kleinen Aktionsgruppen, die gegen alles Mögliche protestierten, einen gefährlichen Schulweg in Gimo, einen von der Schließung bedrohten Kindergarten in Vaxholm oder zu lange Wartezeiten am Telefon der Versicherungskasse in Salem.
Johan schüttelte den Kopf, während er eine Pressemitteilung nach der anderen in den Papierkorb warf.
Der diensthabende Kameramann ließ sich mit einer Tasse Kaffee nieder, und sie jammerten eine Zeit lang um die Wette, weil es nichts Sinnvolles zu tun gab. Hier und da spürte Johan den auffordernden Blick der Redakteurin, aber er beschloss, sie zu ignorieren. Wenigstens für eine kleine Weile.
Er versuchte mehrmals, Emma anzurufen, aber bei ihr war immer besetzt. Wieso kann sie so lange telefonieren, sie muss sich doch um Elin kümmern, dachte er gereizt. Zugleich machte sich die vertraute Sehnsucht bemerkbar. Seine Tochter war acht Monate alt, und noch immer sah er sie nur selten.
Er legte auf und schaute zum Redaktionspult hinüber, wo die Redakteurin alle Polizeiwachen im Bezirk anrief, um zu fragen, ob irgendwo etwas Berichtenswertes passiert sei.
Sein schlechtes Gewissen nahm überhand, und er sah ein, dass er sich zusammenreißen musste. Es war nicht ihr Fehler, dass er übernächtigt war. Oder dass Sonntage hoffnungslose Nachrichtentage waren.
Vielleicht konnte er mithilfe seiner guten Beziehungen bei der Polizei etwas herausbekommen, das sich mit etwas gutem Willen zu einer Nachricht umformen lassen würde. Jedenfalls zu einer Sonntagsnachricht.
Er wollte schon das Telefon auf seinem überladenen Schreibtisch packen, als sein Mobiltelefon klingelte.
Sofort erkannte er die eifrige Stimme der Fotografin Pia Lilja. Mit ihr arbeitete er jetzt auf Gotland meistens zusammen.
»Hast du es schon gehört?«, keuchte sie aufgeregt.
»Nein, was denn?«
»Heute Morgen ist ein Toter entdeckt worden, der in einem Tor in der Stadtmauer aufgehängt war.«
»Du machst Witze?«
»Nein, verdammt, das ist wahr.«
»War es Selbstmord?«
»Keine Ahnung, aber das werde ich herauskriegen. Ich muss auflegen, Irgendwas läuft hier gerade.«
»Okay, Ruf an, sowie du mehr weißt.«
»Sicher. Ciao.«
Johan wählte die Nummer von Kriminalkommissar Anders Knutas, der ebenfalls außer Atem zu sein schien.
»Hallo, hier ist Johan Berg.«
»Lange nicht mehr gesehen. Arbeitest du jetzt wieder?«
»Hallo, wie oft siehst du dir die Regionalnachrichten an? Ich bin schon seit Wochen wieder da.«
»Schön zu hören, dass du auf den Beinen bist, meine ich. Nicht, dass du wieder arbeitest.«
Johan grinste.
Er war mehrere Monate lang krankgeschrieben gewesen, nachdem er bei der Mörderjagd des vergangenen Sommers eine Stichwunde abbekommen hatte. Die Lage war wirklich ernst gewesen. Knutas hatte ihn einige Male im Krankenhaus besucht, aber jetzt hatten sie schon lange nicht mehr miteinander gesprochen.
»Was ist passiert?«
»Wir haben heute Morgen einen Toten gefunden, der in der Dalmansport hing.«
»War das Mord?«
»Keine Ahnung. Das muss der Gerichtsmediziner feststellen.«
»Es gibt also keine Anzeichen für Mord?«
»Das habe ich nicht gesagt.«
»Nein, aber komm schon, Knutas. Du kennst meine Situation, ich sitze doch in Stockholm. Ich muss wissen, ob es sich lohnt, rüberzufliegen oder nicht. In welche Richtung ermittelt ihr? Mord oder Selbstmord?«
»Leider kann ich diese Frage noch nicht beantworten.«
Knutas’ Stimme klang ein wenig sanfter.
»Wisst
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