Im Dunkeln der Tod
stammte, und das Billy-Bücherregal von Ikea. Seine Möbel würden ihm nicht fehlen. Die Schallplattensammlung dagegen musste er mit nach Gotland nehmen, und den CD-Player sowieso. Es war keine Überraschung gewesen, dass Emmas Exmann Olle nach der Scheidung die Anlage für sich verlangt hatte.
Johan ging in die Küche, blieb stehen und lehnte sich eine Weile an den Türpfosten. Wie spartanisch hier alles wirkte, verglichen mit Emmas großem Haus in Roma. Die Küche enthielt einen kleinen Ausklapptisch am Fenster und zwei Stühle; nichts, das er gern mitgenommen hätte, außer vielleicht den Tischgrill, den er in seinem Einmannhaushalt dauernd benutzt hatte. Doch es wäre eigentlich nett, auch den nicht mehr sehen zu müssen. Das Schlafzimmer bot auch keinen Grund zum Jubeln. Das Bett bedeckte eine hässliche alte Tagesdecke, und es gab kein richtiges Kopfende. Er hatte sich wirklich keinerlei Mühe gegeben, sein Heim einzurichten. Er hatte die Wohnung seit mehr als zehn Jahren und fühlte sich wohl darin, aber er schien sie nur als eine Art Zwischenstation betrachtet zu haben, nicht als richtiges Zuhause.
Sie kam ihm plötzlich anonym und ungastlich vor, irgendwie leer und leblos. Es war schön, ausziehen zu können. Er hörte den Anrufbeantworter ab. Seine Mutter hatte mehrere Male angerufen, sie schien vergessen zu haben, dass er auf Gotland arbeitete.
Auch zwei seiner drei Brüder hatten sich gemeldet. Sie fehlten ihm, und er hoffte, sie treffen zu können, während er jetzt in Stockholm war. Johan war der älteste und wusste, dass er eine Art Vaterrolle übernommen hatte, nachdem ihr Vater einige Jahre zuvor gestorben war. Zum Glück hatte seine Mutter jetzt einen neuen Bekannten, sie wohnten nicht zusammen und schienen sich sehr gut zu verstehen, was Johan sehr freute. Nicht nur seiner Mutter wegen, sondern auch für ihn persönlich. Sie brauchte ihn nicht mehr so wie früher. Er überlegte sich, was werden sollte, jetzt, wo sie wirklich zusammenziehen würden, er und Emma. Wo sie heiraten würden. Johan würde der erste der Brüder sein, der heiratete. Es war ein großer und ernster Entschluss. Er wollte noch nichts erzählen. Jetzt noch nicht.
DIE ANGST STELLTE SICH gegen Abend ein. Sonntagabende hatten etwas Unheimliches, das hatte Erik immer schon gefunden. Das Wochenende war fast vorbei, und der Alltag lauerte hinter der nächsten Ecke. Mit Verantwortung, Routinen, Aufgaben – er musste funktionieren. Allein das konnte ihn schon in Panik versetzen. Er lag auf seinem Wohnzimmersofa und starrte zur Decke hoch. Ein Whisky könnte die Leere füllen. Aber an diesem Abend wollte er nicht trinken. Sonntags trank er nie.
Stattdessen erhob er sich und holte einige alte Fotoalben aus seiner Kindheit hervor. Legte Maria Callas ein und fing an zu blättern. Er selbst mit sieben Jahren am Dampferanleger von Möja. Auf einem anderen Bild hisste er zusammen mit seinem Vater Segel, auf einem dritten saß er mit einem Freund in einer Jolle. Als Kind hatte er Stockholms Schärengürtel geliebt. Die Familie segelte im Sommer immer einige Wochen. Sie besuchten dann Möja, Sandhamn und Utö, gingen zum Tanz am Anleger und aßen in den gemütlichen Wirtshäusern. Der Vater war dabei, und die Mutter war dann immer fröhlicher und entspannter. Wenn ihr Mann in der Nähe war, vergaß sie ihren Ärger über Erik und ihre Unzufriedenheit. Wenn sie zu zweit zu Hause waren und der Vater auf Reisen ging, ließ sie das Erik immer deutlich spüren. Sie sonnte sich, ihr schlanker, durchtrainierter Körper wurde braun, und sie nahm ein wenig zu. Ihr verspanntes Gesicht schien sich zu glätten, und sie ähnelte wieder dem lebhaften Mädchen, das sie vielleicht einmal gewesen war und das sich unter dem strengen Äußeren noch immer versteckte. Das wollte Erik jedenfalls glauben.
Erik war als einziges Kind im luxuriösen Haus seiner Eltern im eleganten Vorort Djursholm aufgewachsen. Er hatte zunächst eine Privatschule besucht und dann am Elitegymnasium Östra Real Abitur gemacht. Seine Zukunft schien festzuliegen. Er würde in die Fußstapfen seines Vaters treten und die Handelshochschule besuchen, mit Glanz sein Examen machen und dann in die Firma der Familie einsteigen. Über andere Alternativen wurde gar nicht erst gesprochen.
Erik kam in der Schule einigermaßen gut zurecht, trotz der kalten Mutter und des ständig abwesenden Vaters. Er hatte immer leicht Freundschaften geschlossen, und diese Kontakte sorgten dafür, dass er
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