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Im Dunkeln der Tod

Titel: Im Dunkeln der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mari Jungstedt
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gestaltet, die Augen geschlossen, der Mund ebenfalls, die Miene ein wenig melancholisch, sehnsüchtig. Es war schwer zu sagen, ob die Statue einen Mann oder eine Frau darstellte. Die androgyne Prägung passte gut zu dem gestohlenen Gemälde.
    »Was um alles in der Welt soll das?«
    Per-Erik Sommer war völlig verwirrt. Dass Diebe Gegenstände stahlen, war eine Sache, aber von einem Dieb, der am Tatort ein Kunstwerk hinterlassen hatte, hatte er noch nie gehört.

ALS JOHAN DIE Redaktionsräume betrat, erwartete ihn ein total aufgelöster Max Grenfors. Er saß mit wild zerzausten Haaren, zerknittertem Hemd und starrem Blick am Tisch, ein Telefon an jedem Ohr, den Kugelschreiber im Mundwinkel und vier halb ausgetrunkene Kaffeebecher vor sich. Dass die halbe Reportertruppe krank war, während es zugleich eine solche Neuigkeit gab, war ein Albtraum für jeden Redaktionschef. Der freche Diebstahl auf Valdemarsudde würde die ganze Sendung dominieren, und Grenfors Nerven lagen blank. Sein verhärmtes Gesicht leuchtete aber auf, als er Johan erblickte.
    »Gut, dass du kommst«, rief er, obwohl er bereits zwei Telefongespräche parallel führte.
    »Du musst sofort fahren. Emil wartet.«
    Emil Janssen war ein junger, tüchtiger Kameramann, der schon in Krisengebieten wie dem Gazastreifen und dem Irak gearbeitet hatte. Er begrüßte Johan freundlich, und sie liefen zum Wagen in die Garage des Senders. Sie brauchten fünf Minuten bis Valdemarsudde. Der Sender lag nur einen Katzensprung von der Djurgårdsbro entfernt.
     
    Die Polizei hatte den gesamten Park um das Schloss abgesperrt, die Galerie, das alte Haus und das umliegende Gelände wurden durchsucht. Johan fand einen Polizisten, der bereit war, sich interviewen zu lassen. Ein Anruf bei der Polizei, den Johan unterwegs getätigt hatte, hatte nicht mehr ergeben, als er schon gewusst hatte.
    Das Interview würde sich gut machen, mit dem abgesperrten Schloss und den Hundestreifen im Hintergrund.
    »Was ist denn passiert?«, begann Johan.
    Die einfachsten Fragen brachten oft die besten Ergebnisse.
    »Um 02.10 Uhr heute Nacht wurde der Alarm ausgelöst, weil hier im Museum ein Bild gestohlen wurde«, erklärte der Polizist. »Es war ein Bild, das nur vorübergehend an das Museum ausgeliehen worden war, der ›Sterbende Dandy‹ von Nils Dardel.«
    »Wie sind die Diebe vorgegangen?«
    »Oder der Dieb, das wissen wir ja nicht«, korrigierte der Polizist. »Aber natürlich, es ist schwer, so etwas allein zu schaffen. Sie müssten mindestens zu zweit gewesen sein.«
    Er drehte sich halbwegs um und schaute zum Museumsgebäude hinüber. Emil folgte mit der Kamera. Für einen Moment schien es dem Polizisten gar nicht bewusst zu sein, dass er hier gefilmt wurde. Er verhielt sich ungewöhnlich natürlich und wirkte ehrlich betroffen von dem Vorfall. Außerdem hatte Johan den Eindruck, dass er sich wirklich für Kunst interessierte.
    »Wie sind sie ins Haus gelangt?«
    »Durch einen Luftschacht auf der Rückseite des Hauptgebäudes, nehmen wir an.« Er nickte nach hinten.
    »Hat es denn keinen Alarm gegeben?«
    »Doch, aber sie haben den Alarm schrillen lassen, ihr Vorhaben rasch ausgeführt und sind verschwunden.«
    »Hört sich eiskalt kalkuliert an.«
    »Sicher, aber da das Museum hier draußen liegt, dauert es eben eine Weile, bis die Polizei hier ist.«
    »Wie lange hat es gedauert?«
    »Etwa zehn Minuten. Und das ist ja wirklich ziemlich lange, das kann man schon sagen. In dieser Zeit kann der Dieb zuschlagen und wieder verschwinden. Genau, wie es hier passiert ist.«
    Johans Wangen wurden heiß. Es kam äußerst selten vor, dass ein Polizist die eigenen Leute kritisierte.
    »Welcher Zeitraum wäre angemessen gewesen, was meinen Sie?«
    »Ich finde, man hätte in fünf Minuten hier sein müssen. Wenn der Alarm losgeht, eilt es eben.«
    Johan war überrascht von der Offenheit des Polizisten. Der ist bestimmt noch ganz neu, dachte er und musterte den jungen Beamten. Er war sicher nicht älter als fünfundzwanzig und sprach mit starkem värmländischem Akzent. Der wird ganz schönen Ärger kriegen, dachte Johan, aber egal. Umso besser für uns, dass er keine Ahnung hat. Bei den meisten Menschen war er bei Interviews vorsichtig, jedoch nicht bei Polizisten.
    »Wie sind sie vorgegangen? Wenn ich das richtig in Erinnerung habe, ist dieses Bild sehr groß.«
    Johan kannte Dardels Gemälde sehr gut. Er hatte es mehrmals gesehen, wenn seine Mutter ihn ins Museum geschleift hatte, einer ihrer

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