Im Dunkeln der Tod
zahllosen Versuche, sein Kunstinteresse zu vergrößern.
»Der Dieb oder die Diebe haben es aus dem Rahmen geschnitten.«
»Fehlt sonst noch etwas?«
»Sieht nicht so aus.«
»Ist das nicht seltsam? Hätten die Diebe nicht noch mehr stehlen können? Hier gibt es doch sicher noch andere wertvolle Gegenstände.«
»Offenbar ging es ihnen nur um dieses eine Gemälde.«
»Glauben Sie, dass es eine Auftragsarbeit war?«
»Darauf weist zweifellos alles hin.«
Jetzt schien der junge Polizist sich nicht mehr wohl in seiner Haut zu fühlen. Er schien zu spüren, dass er zu viel gesagt hatte. Gleich darauf kam ein älterer uniformierter Kollege dazu und zog ihn von der Kamera fort.
»Was ist denn hier los? In diesem Stadium gibt die Polizei keine Interviews. Ihr müsst bis zur Pressekonferenz heute Nachmittag warten.«
Johan erkannte in ihm den frisch ernannten Pressesprecher der Bezirkspolizei.
Der junge Polizist sah ängstlich aus und verschwand mit seinem älteren Kollegen.
Johan schaute zu Emil hinüber, der die ganze Zeit gedreht hatte.
»Hast du alles drauf?«
AM MONTAGMORGEN rief Knutas alter Freund und Kollege Kurt Fogestam an. Sie hatten einander als frischgebackene Polizisten auf einer Tagung kennengelernt und Freundschaft geschlossen. Sie versuchten immer, sich zu treffen, wenn Knutas in Stockholm zu tun hatte. Da sie beide große AIK-Fans waren, gingen sie in der Saison zum Fußball und tranken danach zusammen Maltwhisky, ihrer beider Lieblingsgetränk. Einige Male war Kurt auch auf Gotland gewesen.
»Hallo«, sagte Knutas erfreut. »Lange nichts mehr voneinander gehört. Wie geht’s denn so?«
»Danke, alles bestens«, sagte Kurt Fogestam, »aber ich rufe eigentlich an, weil ich Neuigkeiten habe, die offenbar mit deiner Ermittlung zu tun haben.«
»Ach was?« Knutas war ganz Ohr. Neue Hinweise waren wirklich genau das, was er jetzt brauchte.
»Heute Nacht ist in Valdemarsudde eingebrochen worden. Ein überaus wertvolles Gemälde wurde gestohlen. Und zwar der ›Sterbende Dandy‹ von Nils Dardel. Kennst du das?«
»›Der sterbende Dandy‹«, wiederholte Knutas und sah vor sich vage Bilder eines jungen, liegenden Mannes mit geschlossenen Augen.
»Na ja, so halbwegs«, gab er dann zu. »Aber was hat dieser Diebstahl mit meiner Mordermittlung zu tun?«
»Der Dieb hat das Bild aus dem Rahmen geschnitten und den Rahmen hängen lassen. Es ist ein verdammt großes Bild.«
Knutas begriff nicht, worauf sein Stockholmer Kollege hinauswollte.
»Und er hat noch etwas hinterlassen. Eine kleine Skulptur, die er vor den leeren Rahmen gestellt hatte. Wir haben diese Skulptur heute Morgen identifiziert. Es ist die, die aus der Galerie des ermordeten Egon Wallin in Visby gestohlen worden ist.«
AM MONTAGMORGEN erwachte Hugo Malmberg früh. Er stand auf, ging zur Toilette, wusch sich kurz Gesicht und Oberkörper, dann kehrte er ins Bett zurück. Seine beiden amerikanischen Cockerspaniel, Elvis und Marilyn, schliefen in ihrem Korb und schienen nicht bemerkt zu haben, dass er wach war. Er betrachtete zerstreut den prachtvollen Stuck unter der Decke. Er hatte es nicht eilig, musste erst gegen zehn in der Galerie sein. Er nahm die Hunde mit zur Arbeit, sie waren also daran gewöhnt, ihren Morgenspaziergang auf dem Weg dorthin zu machen. Sein Blick glitt über den Brokat des Himmelbettes, über die dunkelrot und golden gemusterten Tapeten, den schwülstigen Spiegel an der gegenüberliegenden Wand. Zerstreut streckte er die Hand nach der Fernbedienung aus. In der Nacht war in Valdemarsudde ein frecher Diebstahl geschehen. Das berühmte Gemälde »Der sterbende Dandy« war entwendet worden. Ein Reporter berichtete aus dem Museum. Im Hintergrund waren Polizei und Absperrbänder zu sehen.
Hugo Malmberg kochte sich pochierte Eier und starken Kaffee und verfolgte die Nachrichten in Radio und Fernsehen. Unglaublich frecher Diebstahl. Die Polizei vermutete, dass der Dieb auf Schlittschuhen entkommen war.
Er brach sehr spät auf. Die Luft war befreiend klar und frisch, als er die Haustür öffnete. Die John Ericssonsgata verband die Handverkargata mit der Prachtstraße Norr Mälarstrand, die sich parallel zum Wasser vom Rålambshovspark bis zum Stadthaus dahinzog. Seine Wohnung lag an der Ecke und bot Aussicht auf das Wasser und die schöne Straße mit den vielen Bäumen, den breiten Bürgersteigen und den Rasenflächen vor den Häusern.
Das Eis war dick, aber er lief am Kai entlang, wo sogar jetzt im Winter die
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