Im Dunkeln der Tod
zufrieden. Die Kollegen starrten ihn verständnislos an.
»Dardel fing unmittelbar nach der Jahrhundertwende mit Malen an und hatte seine große Zeit in den Zwanzigerjahren. ›Der sterbende Dandy‹ hat sich im Besitz von verschiedenen Privatpersonen befunden, zu Anfang der Neunzigerjahre hat das Museum für Moderne Kunst es dem Finanzier Tomas Fischer abgekauft. Es wurde auch einmal bei Bukowskis verkauft, für einen sensationellen Preis. Daran könnt ihr euch vielleicht erinnern, die Zeitungen haben damals ausgiebig darüber berichtet.«
Bukowskis, dachte Knutas. Seltsam, dass dieses Auktionshaus schon wieder auftauchte. Für einen Moment sah er Erik Mattson vor sich. Er hatte noch immer keine Erklärung dafür erhalten, warum Mattson ihm nichts von seinem Besuch auf Egon Wallins Vernissage erzählt hatte. Etwas stimmte hier nicht. Er musste Mattson noch einmal befragen. Er machte sich eine entsprechende Notiz.
»Welche Personen in Schweden haben ein ausgeprägtes Interesse an Nils Dardel gezeigt? Sollten wir vielleicht an diesem Ende mit Suchen anfangen?«, schlug Karin vor.
»Aber was hatte Egon Wallin mit Nils Dardel zu tun? Da gibt es doch wohl keine Verbindung«, meinte Wittberg.
»Keine uns bisher bekannte jedenfalls, aber das ist eine der Spuren, die wir verfolgen müssen«, sagte Knutas. »Ich schlage jedenfalls vor, dass jetzt sofort jemand nach Stockholm fährt und mit den Kollegen redet, Valdemarsudde besucht und versucht, mehr über diese Kunstgeschäfte herauszufinden. Es kann sich auch lohnen, mit diesem Sixten Dahl und mit Hugo Malmberg in deren Spielfeldhälfte zu sprechen.«
»Ich kann fahren«, bot Kihlgård an.
»Es wäre mir lieb, wenn auch jemand von uns mitkommen könnte«, sagte Knutas.
»Das mache ich«, sagte Karin eifrig. »Ich fahr gern hin.«
»Gut, dann ist das abgemacht«, sagte Knutas und schaute sie missbilligend an. Warum gerade sie?
Und er?
IN DEM LÄNGLICHEN SAAL im Auktionshaus Bukowskis lag auf dem Eichenparkett ein dicker, gemusterter Teppich. Schwarze Stühle aus Stahl und Plastik in Reihen aufgestellt, bis hin zur Eingangshalle, wo sich Rezeption und Garderobe befanden. Ganz vorn über dem Podium hing eine große weiße Leinwand mit einem Bildnis von Henryk Bukowski, einem ernsten Mann mit hohem Haaransatz, Brille und Vollbart. Sein Blick richtete sich schräg nach oben, wie in eine ungewisse Zukunft. Der landflüchtige polnische Adlige hatte 1870 das Auktionshaus Bukowskis gegründet, das im Laufe der Jahre zum größten seriösen Auktionsunternehmen Skandinaviens herangewachsen war.
Er musterte das aus leuchtendem weißem Holz gezimmerte Podium mit dem vergoldeten »B« in der Mitte. Er hatte seine Maskierung angelegt. Niemand würde ihn erkennen. Er hielt Ausschau nach dem Mann, konnte ihn aber nirgendwo entdecken.
Im Saal hing der Geruch von teurem Parfüm und exklusivem Rasierwasser. Mäntel und Nerze wurden an der Garderobe abgelegt. Programme wurden verkauft und Auktionskellen ausgeteilt. In der Luft hing eine gespannte Erwartung. Eine Sehnsucht und ein Verlangen danach, Geld auszugeben.
Davon wurde ihm schlecht.
Er setzte sich ganz links in den Saal, wo er den Eingang im Blick hatte.
Gleich darauf ließ sich eine Mittvierzigerin neben ihm nieder, im braunen Nerz, Brille mit dünner Goldfassung, eine leichte Sonnenbräune im Gesicht. Vielleicht aus den Weihnachtsferien, die sie an einem paradiesischen Strand auf der anderen Seite des Erdballs verbracht hatte, dachte er neidisch. Sie stank vor Geld. Sie trug ihr braunes Haar zu einem klassischen Knoten hochgesteckt, dazu Halstuch, Lederstiefel, schwarze Hosen. Ein schwerer Diamantring funkelte an ihrem Finger.
Das Durchschnittsalter im Saal war über fünfzig, das Publikum bestand aus ebenso vielen Frauen wie Männern, gut angezogen, wohlhabend. Alle strahlten die gleiche Ruhe und Zuversicht aus. Eine angeborene Sicherheit und ein Selbstvertrauen, das vor allem auf Geld beruhte.
Er schaute auf die Uhr. Noch acht Minuten bis Auktionsbeginn. Wieder hielt er Ausschau nach dem Mann, der der Anlass für sein Kommen war. Der Saal war schon ziemlich voll, ein leises Gemurmel war zu hören, hier und dort wurde etwas auf Englisch gesagt. Ganz hinten standen Menschen in Gruppen zusammen und redeten leise miteinander. Alles war ein wenig wie eine Cocktailparty. Hier kannten die meisten einander, immer wieder war »Hallo, hallo« oder »Guten Tag« oder »Nett, dich zu sehen« zu hören.
Jetzt kam auch der
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