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Im Dutzend phantastischer

Im Dutzend phantastischer

Titel: Im Dutzend phantastischer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Rensmann
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aufwachte.
    19 Jahre war er alt, als sein Herz zu schlagen aufhörte und sich in diesen Zustand versetzte, der – wie du gut erkannt hast – keiner hätte sein dürfen. Sein Tod wurde eine Reise in die Zukunft, die er nicht geplant hatte. Er hätte sich geweigert sie anzutreten, wenn er vor die Wahl gestellt worden wäre. Willst du wissen, wie du in die Zukunft reisen kannst?
    >Keine Ahnung.<
    Regisseure und Autoren neigen dazu, in ihren Werken die Zeitreise als rasante und kurzweilige Fahrt zu beschreiben.
    >Ich lese nicht gerne und Kino hat mich immer gelangweilt.<
    Nun, das dachte ich mir.
    Den Protagonisten erscheint es, als rasten sie durch das Universum, Milliarden von Sternen sausten an ihnen vorbei, bis sie schließlich, meist gut gelaunt und wohl erhalten, die von ihnen gewählte Zukunft erreichen. Manche erzählen von den Möglichkeiten, den Körper einzufrieren und zu einer bestimmten, in der Zukunft liegenden Epoche wieder aufzutauen.
    All das ist Schwachsinn. Mit einem Raumschiff durchs All zu fliegen und mit Hypergeschwindigkeit die Zeit zu besiegen ist nur Gelabere. Vergiss die waghalsigen Erfindungen von Zeitmaschinen.
    Wilhelm redete sich in Rage und ich hoffte, dass sich seine Stimme nicht überschlug, denn Geschichten erzählen konnte er, der Wilhelm. Ich wusste gar nicht, dass ich solche Fähigkeiten besaß. Als Alleinunterhalter machte ich wertvolle Fortschritte.
    Und glaub den Werbesprüchen nicht, in denen dir viel Geld für Zukunftsreisen abgeknüpft wird – das ist nichts weiter als ein mieser Betrug, der auf deine Kosten geht, und zwar in zweifacher Hinsicht, mit denen ich nun wirklich nichts zu schaffen habe.
    Werbesprüche? Zukunftsreisen? Wovon redete Wilhelm da?
    Vergiss das Streben der Menschheit nach Zukunftsvisionen, das Erfinden neuartiger Technologien, die sie schneller von Ort zu Ort befördern sollen. Es ist Unsinn, nichts davon bringt sie ans Ziel und der Wahrheit näher.
    Dieser Junge, von dem ich dir eingangs erzählte, trat seine Zeitreise nicht leichtfertig an, er stieg in kein Hypermobil und saß keinem Betrug auf, er bezahlte keinen Cent – sondern mit seinem Leben. Genauso wie du. Er und du – nein, wir – sitzen im gleichen Boot, nur kamen wir aus unterschiedlichen Richtungen hierher.
    Als Wilhelm mit seinem Vortrag endete, spürte ich eine Bewegung.
    Wilhelm war verstummt, was mich davon überzeugte, dass mir zwar etwas zugestoßen sein musste, ich aber auf keinen Fall tot war. Ich dachte an Christine und überlegte mir, sie anzurufen. Das hatte ich noch nie gemacht, doch nach diesem Albtraum durfte ich gegen meine Prinzipien verstoßen.
    Spitze Nadeln bohrten sich in mein Gehirn. Meine Schreie füllten meinen Schädel aus. Wie sehr wünschte ich, meinem Mund aufreißen und meinen Schmerz in die Welt hinausbrüllen zu können, doch mein Mund öffnete sich nicht.
    Dann wurde mein Bewusstsein fortgeschwemmt.
     
    Als ich wieder erwachte, hörte ich eine männliche Stimme: »Das kriegen wir hin.«
    Wilhelm?
    »Wir haben uns selbst übertroffen«, sagte ein anderer Mann.
    Wo war Wilhelm? So sehr mich die Stimme in meinem Kopf genervt hatte, jetzt vermisste ich sie.
    »Die Augen öffnen sich.«
    Meine? Ich konnte sehen! Unscharf zunächst, aber aus den verschwommenen Konturen entwickelten sich Männer, die lächelnd auf mich herabblickten. Es waren sechs. Zwei trugen weiße Kittel – Ärzte. Die anderen vier hatten eine Art militärische Uniform an, deren Zugehörigkeit mir unbekannt war.
    Aber: Ich konnte wieder sehen! Dann war ich nicht tot? Hatten Sie mich gerettet, wiederbelebt? Ruckartig setzte ich mich auf und rang nach Atem. Pfefferminzluft strömte in meine Lungen.
    »Willkommen im Leben«, sagte einer der Männer.
    Ich blinzelte den letzten Schleier von meinen Pupillen. So ein Hospital hatte ich noch nie gesehen. Allerdings war ich vorher auch noch nie tot gewesen. Mein Herz pochte gegen meine Rippen. Ich lächelte. Es fühlte sich gut an. Leben. Atmen. Die Männer nickten mir zu und gingen einen Schritt zur Seite, damit ich aufstehen konnte.
    Und? Bist du nun zufrieden?
    Wilhelm, er war noch bei mir.
    Ich fasste mir mit beiden Händen an die Brust, sah an mir hinunter und erschrak. Ich hatte Brüste, gewaltige Titten. Ruckartig packte ich mir in den Schritt. Nichts. Sie hatten mich meiner Männlichkeit beraubt, ich war nackt und umgeben von sechs Männern, die mich mit Schweinsäuglein begafften, ja nahezu bewunderten.
    Quatsch nicht. Sie haben dich nur in

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