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Im eigenen Schatten

Im eigenen Schatten

Titel: Im eigenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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vergnügen könnten, wo er mit geschlossenen Augen hinfände. Doch Mimmo ließ nicht locker. Nachdem sie fast alle Straßen dieser Kleinstadt durchfahren und keine Schlosserei gefunden hatten, beschlossen die beiden Männer, in einem Café Central etwas zu trinken und dort zu fragen. An einem Tischchen saßen zwei junge Türkinnen mit seidenen Kopftüchern, gelb das eine, das andere violett, sie unterhielten sich auf Deutsch und tranken Cappuccino mit Schlagsahne. Beim Bier wählte Mimmo erneut Marias Nummer.
    »Verarschst du uns etwa?«, fragte er ärgerlich. »Deine Angaben stimmen nicht.« Er legte die Hand auf das freie Ohr und hob automatisch die Stimme, worauf sich die Türkinnen nach ihm umwandten. »Warum bloß kannst du nicht besser Italienisch, Süße? Ich verzehre mich nach dir. Also beschreib es noch einmal, und zwar ganz langsam. Hier ist leider niemand, der übersetzen könnte.« Er schaute sich suchend um.
    Die Türkin mit dem gelben Kopftuch gab ihm ein Zeichen, worauf er das Mobiltelefon vom Ohr weghielt. Marias Stimme, welche die Geschäfte aufzählte, drang klar und deutlich aus dem Lautsprecher.
    Die junge Frau mit dem violetten Kopftuch fragte den Erzengel in gutem Italienisch, ob sie behilflich sein könne.
    Der Erzengel reichte der Türkin leicht beschämt das Gerät.
    Die Unterhaltung dauerte eine Minute. Die junge Frau konnte ihr Lachen kaum unterdrücken, sagte glucksend ein paar Sätze zu ihrer Freundin, die nun ebenfalls zu kichern begann. Dann erklärte sie den beiden Männern, wo ihr Irrtum lag.
    »Ihr seid schlicht und ergreifend in der falschen Stadt. Hier seid ihr in Voiperting.«
    Tom schlug mit der Hand auf den Tisch, und der Erzengel errötete, während er sich verlegen durchs schulterlange Haar strich, das die Stirnglatze leuchten ließ. Er räusperte sich mehrfach.
    »Und wo müssen wir hin?«
    »Nach Wolperting. Das ist ganz einfach zu finden. Fünfzig Kilometer weiter westlich, nehmt die Autobahn Richtung Klagenfurt. Nach der Ausfahrt kommen die Geschäfte, deren Namen ihr bereits kennt, und nach der Sparkasse biegt ihr links in die kleine Straße. Soll ich es aufschreiben?«
    »Wir finden das schon«, winkte Mimmo ab.
    »Das nächste Mal lernt ihr am besten deutsch, bevor ihr in Österreich in den Puff wollt.«
    »Brauchen wir nicht«, sagten Mimmo und Tom wie aus einem Mund.

Sonntagsausflug
     
    Johann Pixner war bester Laune, doch etwas benebelt, als er um 8 Uhr 02 den Zug nach Innsbruck bestieg. Sein Aufenthalt hatte ihn ein kleines Vermögen gekostet, von dem er keinen Euro bereute. Der Nachtclub war eine sichere Adresse gewesen, zudem hatte er ausreichend zu Abend gegessen und sich nach Strich und Faden bedienen lassen. Er hatte gut daran getan, einen frühen Zug zu wählen. Die Titelseiten der Sonntagszeitungen im Bahnhof berichteten von dem Goldraub, auch sein Konterfei war eingeklinkt. Doch am Tag des Herrn hatten zu dieser Stunde noch nicht allzu viele Menschen die Zeitung gelesen.
    Zwei Stunden hatte Jo am Nachmittag von der Bar aus die Mädchen in dem verglasten Swimmingpool begutachtet, der in der Decke eingelassen war. So wie der liebe Gott sie geschaffen hatte, planschten sie im lauen Wasser; die dicken Glaswände des Planschbeckens wirkten wie ein Vergrößerungsglas. Den Kopf auf ein weiches Kissen gebettet, fläzte sich Jo auf einem roten Plüschsofa und ließ sich von Zeit zu Zeit einen frischen Drink servieren. An diesem heißen Frühsommernachmittag waren außer ihm kaum Gäste in dem Club. Der Barkeeper, der sich mit dem Namen Chris vorgestellte hatte, meinte, das Geschäft beginne erst, wenn die Männer mit ihren Familien zu Abend gegessen und eine Ausrede gefunden hätten, weshalb sie noch einmal aus dem Haus müssten. Wenn Jo eine der nackten Schönheiten im Pool besonders gefiel, fragte er nach ihrem Namen. Mirage, Adina, Yang, Ivana und Claudia hatte er sich eingeprägt und schließlich den Preis der Kaiser-Lounge ausgehandelt, von der man durch das breite Fenster Bar und Gäste beobachten konnte, ohne selbst gesehen zu werden. Sicherer ging es nicht.
    Zuerst hatte er Mirage bestellt. Die üppige schwarze Schönheit ließ das Wasser in den Whirlpool ein, während Jo die Speisekarte studierte und sein Abendessen orderte, das er in zwei Stunden allein einzunehmen gedachte, bevor er die nächste Dame kommen lassen wollte. Die Wand zierte eine Darstellung Alexandrias zur Zeit des römischen Imperiums, aber Johann Pixners Aufmerksamkeit galt allein

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