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Im eigenen Schatten

Im eigenen Schatten

Titel: Im eigenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veit Heinichen
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Augen machen, wenn sie uns sieht.«
    »Sofern sie die Reservierung nicht schon entdeckt und für dich im Keller ein Zimmer mit vergittertem Fenster vorgesehen hat«, sagte Einstein.
    »Es war Liebe«, behauptete der Direktor. »Sie hat mich nie vergessen. Ihr Vater war gegen unsere Verbindung und hatte ihr von einem Tag auf den anderen verboten, mich zu sehen. Ich gebe zu, mich hat das auch nicht kaltgelassen. Vor achtzehn Jahren immerhin. Du weißt doch, wie die Erinnerung funktioniert: Man vergisst nur das nicht, was man begehrt und nicht bekommen hat. Sie war gerade erst siebzehn.«
    »Und habt ihr euch tatsächlich nie wiedergesehen? Wie heißt sie eigentlich?«
    »Magda.« Der Direktor besann sich kurz. »Nur zufällig bei irgendwelchen Weinfesten oder Ähnlichem. Aber da war immer ein Aufpasser in ihrer Nähe. Und manchmal hat sie mir einen Brief oder eine Karte geschrieben.«
    Kurz vor neunzehn Uhr checkten sie endlich ein. Vom Balkon der beiden Suiten im vorletzten Stock des mitten in dem Badeort gelegenen Hotels hatte man freien Blick auf die Lagune. Noch während er an der Rezeption Ausweis und Kreditkarte vorlegte, bestellte Robert Unterberger zwei Flaschen Champagner mit vier Gläsern hinauf, und Einstein reservierte fürs Abendessen einen Tisch auf der Dachterrasse.
    »Ist die Chefin im Haus?«, fragte der Direktor und winkte beschwichtigend ab, als er den unsicheren Blick des Rezeptionisten sah. »Eine rein private Frage.«
    »Die Signora ist heute verhindert. Die Trauerfeier für ihren Vater. Kann ich ihr etwas ausrichten?«
    »Nein, keine Sorge. Wir sind schließlich die ganze Woche hier. Ich werde ihr sicher über den Weg laufen.«
     
    »Wusstest du etwa von dieser Beerdigung?«, fragte Einstein.
    Die beiden Männer hatten sich zum Aperitif verabredet, während Anita und Titti sich für den Abend herausputzten. Sie schlenderten durch die Fußgängerzone und ließen sich an einem Tisch vor einer Enoteca an der Viale Europa Unità nieder.
    »Natürlich«, sagte der Direktor. Seine Mundwinkel zuckten vor Vergnügen.
    »Er soll ein einflussreicher Mann gewesen sein.«
    »Allerdings. Die Trauerfeier fand heute früh in der Basilika von Aquileia statt, und du kannst davon ausgehen, dass alles dort war, was Rang und Namen hat, und eine ganze Menge Bullen.«
    »Ach ja? Und weshalb hast du davon nichts gesagt?«
    »Damit die Disziplin nicht nachließ. Du hast doch selbst bemerkt, dass erstaunlich wenig Polizei und Carabinieri unterwegs waren. Alle abkommandiert als Aufgebot für die Prominenten. Wir hatten es dadurch leichter, aber das sollte niemand zur Nachlässigkeit verführen.«
    »Manchmal muss ich über dich rätseln«, sagte Einstein. »Ich dachte, wir hätten absolute Offenheit vereinbart. Überlegenheit und Stärke durch Eintracht.«
    »Es hätte keinen einzigen Mann in der Truppe erspart. Und zu unserem Nachteil hat es uns erst recht nicht gereicht.«
    »Und weshalb wusstest du von dieser Trauerfeier? Wir haben die letzten zwei Wochen doch jede Minute zusammen verbracht.«
    »Es stand in der Zeitung, mein Lieber. Hast du sie etwa nicht gelesen? In jeder Bar lag sie aus. Die haben fast den gleichen Zirkus wie beim Papstbesuch veranstaltet.«
    »Gestern war ich durchgängig damit beschäftigt, noch einmal jedes Detail unseres Plans durchzugehen. Nachdem wir die Bungalows übergeben hatten, dachte ich an nichts anderes mehr.«
    »Und ich wollte dich auf keinen Fall irritieren. Bis jetzt ist alles besser gelaufen als geplant. Trinken wir darauf, dass der zweite Teil so weitergeht.«
     
    »Tom, so eine hast du noch nie gehabt«, rief der Erzengel gutgelaunt und versetzte dem Fahrer einen so heftigen Schlag auf den Arm, dass dieser das Lenkrad verriss. Der Kotflügel des weißen Kleinwagens aus koreanischer Produktion schrammte gegen die Wand der eng gewundenen Abfahrt des Parkhauses. Ein Strich weißen Autolacks ergänzte die verschiedenfarbigen Kratzer, die andere Fahrer schon als Andenken am Beton hinterlassen hatten.
    »Mensch, pass auf«, schimpfte Tomaž. »Der Wagen fast ist neu.«
    »Erzähl mir nicht, dass er dir gehört. Wo hast du ihn geklaut?« Zusammen mit Beppe und Val hatte Tom in der Nacht vor dem Coup auf der anderen Seite der Grenze die Kleinwagen gestohlen, mit denen alle, außer den Männern mit den Lkw, verduftet waren.
    »Tatsächlich gehört mir.«
    »Wirf ihn weg! Mit dem Geld, das du heute verdient hast, kannst du dir ein richtiges Auto kaufen.« An Toms slowenischen Akzent und

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