0283 - Im Banne der grauen Schatten
Die Höllenmaschine wurde am Montagmorgen bei Ballister abgegeben. Die Sprengladung befand sich in einem Blumenkarton, dessen Deckel aus steifem Zellophan bestand. Man konnte die dunkelroten Blüten der Rosen sehen, nicht aber den todbringenden Sprengstoff, der sich unter den Blumen verbarg.
»Nanu?«, sagte Ballister erstaunt, als er den Karton sah. »Soll das für mich sein?«
Der Bote zuckte die Achseln.
»Für Mister Ballister«, erwiderte er. »Fernsehreportfer Ballister.«
»Der bin ich.« Er drückte dem Boten zwei Münzen in die Hand, zog die Wohnungstür zu und trug den Karton in sein Arbeitszimmer.
Ballister bekam sehr häufig Zuschriften von seinem Fernsehpublikum. Aber es war noch nicht vorgekommen, dass man ihm Blumen schickte. Er lächelte bei dem Gedanken, dass er vielleicht eine heimliche Verehrerin hatte. Seine Neugierde war geweckt. Er wollte nachsehen, ob zwischen den Blumen ein Briefchen steckte.
Den Karton umschlang ein breites Band, das zu einer hübschen Schleife gebunden war. Ballister zog sie auf, streifte dann das Band ab und hob den Deckel.
***
Um 14.30 Uhr erhielt ich ein Schreiben, das den Vermerk »Eilt« trug und von einem Kurier gebracht wurde.
Rechts oben auf dem Bogen stand in großen Buchstaben Police Department, darunter: Büro der Mordkommission Manhattan West - 230, West 20th Street, Tel Watkins 9-8241 - 4. Mordkommission, Detective-Lieutenant Hendrik van Geeren.
Ich las den Text des Schreibens und gab es anschließend meinem Freund Phil Decker. Während er sich in die Mitteilung vertiefte, blickte ich zum Fenster hinaus in den Sonnenschein des warmen Augusttages.
»Wenn van Geeren ohne uns nicht fertig werden kann, Jerry, wollen wir ihm die erbetene FBI-Unterstüzung nicht vertagen. Ich denke, wir fahren mal rüber.«
Wir hingen das Pappschild mit der Aufschrift: Im Außendienst an die Officetür, fuhren mit dem Lift hinab und kletterten in meinen roten Jaguar.
»Man hat also Ballister umgebracht«, murmelte ich. »Überrascht dich das?«
Phil schüttelte den Kopf.
»Nein. Ich wundere mich nur, dass es nicht eher versucht wurde.«
Ballister hatte seit sechs Monaten eine Serie im Fernsehen laufen, die er Hinter den Kulissen getauft hatte. Bisher war jeden Monat eine Folge über den Bildschirm geflimmert, und jede einzelne hatte viel Staub aufgewirbelt. Ballister hatte nämlich die illegalen Geschäfte einiger New Yorker so intensiv beleuchtet, dass man sich ausrechnen konnte, wann die Betroffenen es ihm übel nehmen würden.
Van Geeren empfing uns in seinem Arbeitszimmer im Gebäude der Mordkommissionen, die für den westlichen Teil von Manhattan zuständig waren. Der Lieutenant war an die fünfzig Jahre alt und korpulent, hatte mausgraues, kurz geschnittenes Haar und den misstrauischen Blick des erfahrenen Kriminalbeamten.
»Sieh an«, grunzte er, ohne die Stummelpfeife aus dem Mund zu nehmen. »Das hohe FBI beehrt mich mit seinem Besuch. Darf ich sitzen bleiben?«
»Wenn Sie stehen, sehen Sie auch nicht schlanker aus, also bleiben Sie ruhig sitzen«, scherzte Phil, während wir uns zwei Stühle in die Nähe seines Schreibtisches rückten.
»Kommen Sie mal in mein Alter«, brummte van Geeren. »Ich hatte nicht damit gerechnet, dass jemand vom FBI noch heute aufkreuzen würde. Aber umso besser. Die Stadtpolizei kann Ballisters Ermordung nicht allein aufklären.«
»Und warum nicht?«, fragte ich.
»Cotton, Sie wissen doch sicher, was für Fernsehsendungen dieser Ballister gemacht hat. Geschäftspraktiken führender Leute aus der Unterwelt. Die Betroffenen haben ihre Beziehungen überall, nicht nur im Stadtgebiet. Wir aber sind Stadtpolizei und können nur innerhalb der Stadtgrenzen arbeiten. Da muss jemand mitmachen, der auch außerhalb der Stadt einen vollgültigen Polizeiausweis vorzeigen kann. Das können nur Leute von eurem Verein.«
»Das leuchtet mir ein«, gab ich zu. »Fangen wir gleich an! Wo sollen wir herumschnüffeln?«
»Ballister arbeitete mit einem Kameramann zusammen, der drüben in Jersey City wohnt. Wenn irgendjemand etwas über Ballisters nächste Sendung weiß, müsste es dieser Kameramann sein. Er heißt Duff Hillery. Hier ist seine Adresse.«
Er reichte uns einen Zettel mit Hillerys Anschrift und Telefonnummer. Ich griff unwillkürlich zum Telefon. Van Geeren winkte ab.
»Das können Sie sich sparen. Seit Ballisters Tod versuchen wir pausenlos, Hillery am Telefon zu erwischen. Er meldet sich nicht. Im Studio ist er auch nicht. Hier
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