Im falschen Film 1
sein? Die Kellnerin zerbrach den zauberhaften Moment mit einem müden „Was bestellen?“.
Ich hatte bereits zwei Milchkaffee hinter mir, aber bestellte mit ihm zusammen den dritten, obwohl mein Herzrasen eigentlich schon mehr als bedenklich war. Aus vielerlei Gründen.
„Der Film hat mir gefallen“, sagte er schließlich.
„Was?
Ich war gedanklich noch in einem ganz anderen Film.
„Den du mir empfohlen hattest. ,50 erste Dates‘.“
„Ah. Cool. Ja. Das freut mich.“
„Ich muss ihn nachher noch abgeben.“
„Kannst ihn mir mitgeben. Ich hab’ ab halb zwei Dienst.“
„Nicht nötig. Ich gehe gerne in die Videothek. … Neuerdings.“
Er grinste. Doch. Er flirtete ziemlich offensiv mit mir. Ich verstand es nicht. Ich verstand es überhaupt nicht, aber gleichzeitig fühlte es sich so gut an, dass ich darüber keine Sekunde lang ernsthaft nachdachte.
„Aber das ist nicht dein …“
Er stockte, lachte über sich selbst.
„Was?“
„Ich hab’s schon wieder fast vergessen. Ich wollte dich fragen, ob das mit der Videothek immer dein Traumjob war und was du eigentlich machen willst und … Aber …“
Er zuckte mit den Schultern.
„Doch, frag mich. Das ist definitiv nicht mein Traum. Und ich will garantiert was anderes machen. Ich hab’ nur noch nicht raus, warum was anderes nicht geklappt hat. Man sagt, ich könnte gut fotografieren. Hätte das sogar gelernt. Aber … ich … Ich werde das mal ausprobieren.“
„Du bist also Fotografin?“
Ich nickte.
„Aber ich hatte offensichtlich nie irgendwelche ernsthaften Jobs. Mein Mann hat versucht, mich beim Film unterzubringen, als Standfotografin. Aber … Ich weiß nicht, was da los war. Ich weiß es einfach nicht.“
Ich merkte, dass mich die Erzählung aufwühlte. Flirten war gar nicht so einfach, wenn man so viele Päckchen mit Ungewissheit zu tragen hatte. Ich seufzte. Tom nahm beruhigend meine Hand. Für einen Moment. Ich schaute ihn überrascht an. Es kam ihm plötzlich auch komisch vor, also tätschelte er meine Hand und ließ sie wieder los.
„Vielleicht kannst du es nochmal versuchen. Als Fotografin.“
„Das werde ich!“
Ich bestärkte mich selbst mit einem Nicken und fügte an:
„Erzähl du etwas! Was … Bist du aus Berlin?“
Er nickte. Und erzählte von sich. Darüber, wie er in Charlottenburg als Spross einer durchaus wohlhabenden Familie groß geworden war mit einer liebenden Mutter und einem die meiste Zeit abwesenden Vater, dessen Affären von der ganzen Familie ertragen werden mussten, um den Schein der heilen Welt zu wahren. Tom war erstaunlich offen. Ich stellte viele Fragen und tauchte ganz in sein Leben ab. Stellte mir vor, dass ich dazugehören würde.
Wir schafften es, uns zwei Stunden intensiv zu unterhalten, ohne ein einziges Mal seine Frau zu erwähnen. Und auch ohne uns mit der Frage zu beschäftigen, warum wir uns eigentlich trafen. Es war irreal. Es war wunderschön. Ich wollte, dass es nie aufhörte. Irgendwann schaute er jedoch auf die Uhr und verzog sein Gesicht.
„Ich muss leider gleich die Kleine aus der Kita holen.“
„Oh. Okay. So früh?“
Es war gerade mal zwölf Uhr. Ich war enttäuscht. Aber ich konnte ihn natürlich unmöglich dazu bringen, seine Tochter zu vernachlässigen.
„Ja, sie fängt gerade erst in der Kita an, hier direkt um die Ecke. Das sind ihre ersten Tage ohne Eltern. Ich bin sozusagen auf Abruf, falls sie es nicht schafft. Aber … es läuft gut.“
Hatte er mich nur getroffen, um die Wartezeit wegen seiner Tochter zu überbrücken?
„Aber bitte jetzt nicht falsch verstehen“, fügte er schnell hinzu. „Ich hab dich hier nicht nur getroffen, um die Wartezeit wegen Ava zu überbrücken!“
Er konnte also auch noch Gedanken lesen. Ich traute mich trotzdem nicht „Warum denn dann?“ zu fragen.
„Ich … Ich fand’s sehr schön. Das … Vielleicht können wir uns wieder treffen?“
Das unsichere Fragen kam nicht von mir, sondern von ihm. Ich nickte sofort wie wild.
„Natürlich.“
„Gibst du mir deine Handynummer?“
„Oh, äh, das ist leider kaputt. Und … aber Festnetz? Mein Mann ist tagsüber meistens eh nicht da.“
Ich wusste nicht, warum ich das gesagt hatte. Beziehungsweise ich wusste es eigentlich genau, aber so etwas kann man doch nicht aussprechen! Tom ging mit keinem Wort drauf ein, zückte nur mit einem „Okay“ sein Handy, um sich die Nummer zu notieren. Das Dumme war nur:
„Äh, ich weiß sie nicht. … Warte!“
Mir
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