Im fernen Tal der Hoffnung
Maschendraht zu schieben, während der Rest am Zaun entlanglief und einen Ausweg suchte. Bullet winselte. Sie erreichte den Zaun gerade, als der letzte Strauà im Gebüsch verschwand und aufgescheuchte Merinoschafe zurücklieÃ.
» Tut mir leid«, entschuldigte sich Sarah, als der Hund vom Fahrzeug sprang und sie vorwurfsvoll anschaute. So schnell würde er Sarah nicht verzeihen, dass er fast heruntergefallen wäre. Beleidigt verzog er sich unter den nächsten Baum und legte sich hin.
Die unteren beiden Drähte am Zaun waren zerrissen, und die Wollbüschel und Emu-Federn am dritten Draht lieÃen darauf schlieÃen, dass es nicht erst heute passiert war. Sarah ging am Zaun entlang, trat über heruntergestürzte Ãste, Blechteile und ein riesiges Ameisennest, das bestimmt einen Meter hoch war. SchlieÃlich stieà sie auf die beiden Drahtstücke, die sich zurückgerollt hatten, als sie kaputt gegangen waren. Sie zog an dem unteren Draht, fädelte ihn durch das Loch in dem eisernen Zaunpfosten und führte ihn wieder an seine ursprüngliche Stelle zurück. Mit dem zweiten Draht verfuhr sie genauso. Hinten auf ihrem Quad war eine alte Plastikmilchkanne festgebunden. Darin befanden sich eine Schere sowie Zaunspanner. Sarah nahm die Werkzeuge, schnitt ein paar Meter vom unteren Draht ab und verband ihn wieder neu damit, bis das Ganze wie eine grob gedrehte Acht aussah. Mit aller Kraft zog sie daran, um eine stabile Verbindung herzustellen, dann befestigte sie den Zaunspanner daran und bewegte den Hebel vor und zurück, sodass der Zaun gespannt wurde. Mit der Schere verband Sarah die Enden. Um den unteren Draht ebenfalls zu reparieren, würde sie noch mehr Draht brauchen, aber für den Moment konnten die Schafe wenigstens nicht mehr durch die Lücke entkommen.
Sarah pfiff nach Bullet. Eine Zeit lang fuhr sie mit dem Quad noch den Zaun ab und schwenkte dann quer über die Weide. Zwischen den Grasbüscheln sah man kaum Winterkräuter. Der lang ersehnte Regen in März und April war nicht gekommen, und auch der Mai hatte sich als trockener Monat erwiesen. Das war enttäuschend, wenn man bedachte, wie heftig es Anfang Februar noch geregnet hatte. Bei den Wassermengen war das Gras auf den Weiden hervorragend gewachsen, und sie wären damit den ganzen Winter über ausgekommen, aber die Hitzewelle, die darauf folgte, hatte den Boden ausgetrocknet, und das Gras war welk geworden. Das Muster der nächsten Monate lag vor ihr wie eine staubige StraÃe. In einem Monat würden sie bei den Rindern zufüttern müssen; in zwei Monaten würden sie Mais an die Schafe verfüttern müssen. Mitte Juli würde die Suche nach geeigneten Weiden beginnen, und sie würden ein oder zwei Herden vielleicht auf die Viehroute schicken müssen.
Mäuse, Eidechsen, Buschwachteln und Insekten, die sie mit ihrem Quad aufscheuchte, huschten durch die Grasbüschel davon. Vor ihr lag offenes Land, gelegentlich unterbrochen von Weiden und Buchsbäumen, die hier die Landschaft dominierten. Das Ufer eines Bachs war gerade so sichtbar; verschwommen in der Ferne und in der Hitze flirrend wie eine Insel. Bald würde die dunkle Erde sandigerem Boden weichen, es würde mehr Bäume und damit auch mehr Vögel geben.
Die Sonnenstrahlen drangen durch das Unterholz und rahmten hier und da Schösslinge ein. Sie waren wie Kinder, manche dünn und ungelenk, andere rundlich und vor Jugend strotzend. Langsam und vorsichtig suchte Sarah sich ihren Weg mit dem Quad, fuhr an Wildblumen und weià blühenden Kakteen vorbei. Mit der Zeit standen die Bäume dichter, die Luft wurde kühler, Vögel flatterten und schrien; der scharfe Geruch eines Fuchses hing in der Luft. Der Weg wurde sandig, und man konnte die Reifenspuren kaum noch erkennen, weil sie so tief einsanken. Das dichte Laubdach lieà keinen Flecken blauen Himmel mehr erkennen.
Auf der kleinen Lichtung hielt Sarah an. In dem von Pinien umschlossenen Rund roch es feucht, und sie atmete die stille Luft tief ein. Durch die Bäume rechts von ihr sah sie die Ruine des alten Sägewerks. Der hellgrüne Anstrich einer Dampfmaschine aus den 1920er-Jahren war gerade noch so zu erkennen. Hier hatte ihr GroÃvater Angus die Pinienstämme geschlagen, aus denen er die Unterkünfte für die Hilfskräfte an Wangallons westlicher Grenze gebaut hatte. Das Sägewerk, das seitdem verlassen dalag,
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