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Im fernen Tal der Hoffnung

Im fernen Tal der Hoffnung

Titel: Im fernen Tal der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole Alexander
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setzte. Es war Bullet, einer der Welpen von Angus’ Hund Shrapnel. Sie drückte den Kleinen an sich. » Großvater wollte ihn haben.«
    Anthony wendete den Wagen und fuhr in die Richtung des Farmhauses. » Jetzt gehört er dir.«
    Sarah legte die Hand auf Anthonys Oberschenkel.
    Â» Es wird alles gut, Sarah.« Seine Finger schlossen sich fest um ihre Hand.
    Die Worte klangen so vertraut. Anthony hatte sie nach Camerons Tod gesagt, nach der Flut 1986, nachdem ihre Eltern sich an der Küste zur Ruhe gesetzt hatten und als ihre Mutter in ein Pflegeheim kam.
    Â» Wirklich, alles wird gut«, wiederholte Anthony.
    Einmal ist ein Trost, dachte Sarah und drückte den warmen, zappelnden Welpen an ihre Wange. Zweimal schon nicht mehr.
    Als sie weggefahren waren, streifte ein einsamer Fuchs zwischen den verwitterten Grabsteinen umher. Ab und zu blieb er stehen, hob den Kopf und schnüffelte. Schließlich gelangte er an den frischen Erdhügel auf Angus Gordons Grab. Zufrieden rollte er sich auf der aufgeworfenen Erde zusammen.
    Sarah lag in ihrem Bett und versuchte erfolglos, einzuschlafen. Neben ihr atmete Antony ruhig. Ihr Herz jedoch schien ein Eigenleben zu führen und flatterte. Manchmal fuhr sie in der Nacht erschreckt hoch und griff sich an den Hals, weil sie keine Luft mehr bekam. Sie wusste zwar, dass die Symptome von Kummer und Unsicherheit herrührten, aber sie kam auch mit dem gesunden Menschenverstand nicht dagegen an.
    Der Mondschein fiel durch die Fliegengitter der offenen Türen zur Veranda und malte tanzende Schatten. Sarah beobachtete, wie sich Äste und Blätter von der cremefarbenen Schlafzimmerwand abhoben, und Gespräche fielen ihr ein, die sie mit ihrem Großvater geführt hatte. Sie fühlte sich ähnlich wie damals, als ihr Bruder gestorben war, denn auch der Tod ihres geliebten Großvaters bedeutete für sie ungewollte Veränderung und ungewisse Zukunft. Wer würde sie jetzt anleiten, da der kluge, geschäftstüchtige Angus Gordon nicht mehr da war?
    Der Morgen graute schon, als Sarah endlich schläfrig wurde. Sie drehte sich auf die Seite und spürte kaum noch, wie Anthony aufstand, um sein Tagwerk zu beginnen. Als die ersten Strahlen der Morgensonne ins Zimmer drangen, zog sie sich die Bettdecke über den Kopf und schloss die Augen vor allen Gedanken über ihr verändertes Leben. Im Haus war es still, zu still. Draußen raschelten Blätter am Eisendach, und die Vögel begannen mit ihrem morgendlichen Gezwitscher. Sarah kuschelte sich tiefer in die Bettdecke. Tränen traten ihr in die Augen. Sie spürte eine Bewegung auf der Veranda und versuchte, sich mit den Worten ihres Großvaters zu beruhigen: Das ist doch nur das alte Haus, das sich streckt, Mädchen, pflegte er immer zu sagen. Aber Sarah bezweifelte seine Worte mehr denn je. Sie war jetzt die Hüterin von Wangallon, und die Geister aus der Vergangenheit wussten sehr wohl, dass ein neuer Abschnitt begonnen hatte.

Teil I

Herbst 1989
    Wangallon Station
    Vierzig Emus rannten auf ihren langen Beinen über die Straße, die kleinen Köpfe hochgereckt und die Augen starr auf die Linie des Zauns gerichtet, der etwa fünfhundert Meter entfernt war. Sarah konnte der Versuchung nicht widerstehen, mit ihrem Quad ein bisschen schneller zu fahren. Sie drückte den rechten Daumen auf den Gashebel und beugte sich in den Fahrtwind. Bullet, ihr Hund, drückte sich fest an ihren Rücken und schob seine Schnauze unter ihre Armbeuge. Sie bog von der Staubpiste ab und verfolgte die Emus, wobei sich das Quad gefährlich zur Seite neigte. Adrenalin schoss durch ihre Adern, als die Reifen auf dem rauen Gelände aufkamen. Kurz hob die Maschine ab.
    Bullet verlor das Gleichgewicht, als sie wieder landeten. Er jaulte erschreckt auf, aber Sarah bekam ihn an seinem Halsband zu fassen und zog ihn wieder auf ihren Schoß. Obwohl sie am liebsten noch schneller gefahren wäre, wurde sie langsamer und ließ die wogende Masse aus braunen Federn entkommen. Sarah liebte Emus, aber nicht den Schaden, den sie anrichteten, wenn sie Zäune und Getreide niedertrampelten. Sie hielt es jedoch für die bessere Alternative, sie davonzujagen– und wenn es nur zum Nachbarn war–, als ihre Eier schon im Nest zu zerstören, nur um ihre Zahl gering zu halten. Langsam fuhr sie mit dem Quad weiter zum Zaun. Einigen Emus war es gelungen, ihre runden Körper durch den

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