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Im Glanz Der Sonne Zaurak

Im Glanz Der Sonne Zaurak

Titel: Im Glanz Der Sonne Zaurak Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
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aufspaltend, kreuzend, in Knoten miteinander verwachsen und sich gegenseitig durchdringend, wuchern auf dieser Lebensebene, hundert Meter über dem eigentlichen Planetenboden. Die äußere Hülle dieser Pflanzen ist transparent, und Goran bemerkt ein schwaches Pulsieren in der grobkörnigen, aus merkwürdigen Organen zusammeng e setzten inneren Struktur dieser Gewächse.
    Wie ein Teller senkt sich die Ebene zum Zentrum hin zu einer flachen Mulde, die an ihren kilometerweit entfernten Rändern von niedrigen Gebirgsbuckeln gesäumt wird. Das Oberfl ä chenprofil des Planeten ist Goran noch von der Vorerkundung her bekannt. Es gibt sehr viele solcher Senken und Mulden, Überreste längst von Wind und Wetter eingeebn e ter Ri e senkrater, wie sie hier und da auch auf der Erde zu finden sind. Aber auf dem Dritten bilden sie gewaltige Becken und Täler von nie erlebter Größe. Von der zweifachen Plan e tenoberfläche hat er jedoch erst durch die Notlandung erfahren. „Das ist das Land der Söhne des Feuers“, sagt Ak stolz. „Aber dort hinter den Bergen, wo Anouf in der Nacht das Große Feuer verborgen hält, hausen die räuberischen Weißrücken. Sie sind viel größer als wir, ähneln uns aber in der Gestalt. Sie fallen in unser Reich ein, um die Söhne des Feuers zu ve r schleppen und aufzufressen. Sie sind fast so schlecht wie der Schillernde Böse, der die Schwe i genden Engel tötet! Doch Anouf hat sie verlassen, weil sie die heilige Speise verschm ä hen. Sie besitzen nicht das Sehen ohne Augen, das Hören ohne Ohren und das Sprechen ohne Worte. Sie sind sehr stark, aber ihre Kampfesweise ist dumm und einfältig. Wir fürchten sie nicht.“
    Goran registriert verwundert, daß er den Obersten Sohn des Feuers immer besser versteht. Drangen dessen Gedanken anfangs dumpf und undeutlich in sein Gehirn, so daß er sie mehr erraten mußte, so klingen sie jetzt hell und klar wie das Plätschern eines Gebirgsbaches in seinem Kopf. Ihm ist, als gehe eine unbegreifliche, unfaßbare Änderung in ihm vor.
    „Dort, in dem Land der blutgierigen Weißrücken, befindet sich die Wolke, mit der du, Sohn Anoufs, vom Himmel herabgestiegen bist. Welch Glück, daß wir dich vor den Weißrücken fanden, auch wenn wir dich nicht gleich erkannten und dir schweres Leid zufügten. Anouf wollte uns prüfen…“
    Ein weiter Weg! denkt Goran bestürzt. Aber ich muß hin! Vielleicht gelingt es mir doch, etwas Brauchbares zu finden.
    Der Boden, den das Geflecht der Baumkronen bildet, ist hart und fest. Ak flitzt wie ein Geländewagen auf seinen sechs Beinen dem Horizont entgegen. Keine Erschütterung ist auf dem Panzer des Rieseninsekts spürbar, Goran sitzt bequem und sicher.
    Weit vorn sieht er eine rötlich schimmernde Wolke sich vom Boden lösen und in den Himmel aufsteigen. Wie eine Stau b fahne weht sie auf und fällt wieder in sich zusammen. Als sie sich dem Dickicht nähern, aus dem die Wolke aufgeflogen war, erkennt er, daß es sich um Hunderte von fußballgroßen putzigen Flugwesen handelt. Ihre Körper sind kugelrund und mit einem samtartigen Flaum von rötlicher Färbung bedeckt. In einer Hautfalte auf dem Rücken verbergen sich zwei lange, mit dünnen Flughäuten versehene Gliedmaßen. Einen Kopf besitzen diese Wesen nicht, mitten aus dem Rumpf wächst ein spitzes, zahnloses Mäulchen, über dem bernsteingelbe Knop f augen glänzen. Auf vier dünnen Beinchen mit drei Zehen trippeln sie aufgeregt herbei, als Ak und Goran sich ihnen nähern. Ihre hohen Stimmchen schweben wie das Zirpen von Grillen durch die Luft. Die Samtbällchen purzeln übereinander, drängeln – und bald sieht sich Goran von einem aufgeregt zirpenden Schwarm umringt.
    „Sie haben gleich erkannt, daß du nicht der Schillernde Böse bist. Die Schweigenden Engel sind klüger als die Söhne des Feuers“, bemerkte Ak reumütig.
    Das sind sie also, ihre heiligen Kühe! denkt Goran respek t los. Niedlich, diese kleinen Biester! Aber warum werden sie von den Feuersöhnen Schweigende Engel genannt? Goran hat längst begriffen, daß die Worte, in denen er die Feuersöhne sprechen hört, nicht deren Vokabular entstammen. Sein Gehirn do l metscht automatisch die Begriffe, Eindrücke und Vorgänge, die sie ihm auf unerklärbare Weise senden. Das Staunen über diesen phantastischen Mechanismus hat er sich schon abg e wöhnt.
    Irgend etwas ist mit ihm geschehen, seit er sich auf dem Planeten befindet, aber er kann nicht herausfinden, was diese Veränderung ausgelöst hat.

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