Im Herzen der Zorn (German Edition)
Energydrink, um überhaupt eine Unterhaltung führen zu können. »Ich dachte, du wolltest etwas reduzieren«, antwortete Em freundschaftlich.
»Mit Reduzieren fang ich morgen an. Sieht aus, als könntest du auch was brauchen«, stellte Drea trocken fest.
Diese verdammten Augenringe . Em schüttelte den Kopf. »Ich hab schon genug Probleme mit dem Schlafen. Ich brauche garantiert nicht noch ein Aufputschmittel.«
»Es wird wohl nicht besser, hm?« Drea sah zu ihr hinüber. Jedes Mal, wenn ein entgegenkommendes Fahrzeug vorbeifuhr, wurden ihre Gesichter hell erleuchtet, was ihrer Unterhaltung einen sprunghaften Rhythmus verlieh.
»Nicht wirklich«, erwiderte Em niedergeschlagen. Es war unnötig, Drea zu erzählen, dass die Sache mit ihrem Schlafmangel sogar noch schlimmer geworden war. Sie blickte aus dem Fenster. Bisher hatten sie einen strengen Winter gehabt, doch Gabbys Mom, die Wetteransagerin Marty Dove, prophezeite ein milderes Ende der Jahreszeit. Em würde es als Wohltat empfinden, wenn die frostigen Temperaturen und das harte Knacksen der vereisten Zweige vor ihrem Fenster endlich nachließen.
»Also, du solltest es mal so sehen«, sagte Drea und pulte sich an den Fingernägeln, wie sie es immer tat, wenn sie scharf nachdachte. »Sämtliche Geistesgrößen wurden von irgendwas gequält. Ich wette, Hemingway hat, na ja, bestimmt nie die Erfahrung von REM-Schlaf gemacht.«
Em sah hinunter auf das Tagebuch in ihrer Tasche, dessen Inhalt mit Sicherheit nichts vom Niveau einer Geistesgröße besaß. Ebenso wenig wie ihre Schulnoten, jedenfalls nicht mehr, seit die Furien in ihr Leben getreten waren. »Kann sein, dass ich nicht viel schlafe, aber eine Geistesgröße bin ich bestimmt nicht.«
Sie bogen gerade auf den Parkplatz vor dem Powerflower ein, als Em JDs Auto entdeckte. Ihr Magen machte einen Salto. Und da war er. Sie sah ihn durch die Tür des Cafés kommen und mit großen Schritten auf sein Auto zulaufen. Er besaß diesen ganz besonderen Gang – als hätte er kleine Sprungfedern unter den Füßen.
Sie hatte wochenlang geschwiegen, aber heute Abend schreckte sie vor nichts zurück – was sie wahrscheinlich ihrem Wortwechsel mit Crow zu verdanken hatte. Kaum hatte Drea den Wagen geparkt, sprang Em schon hinaus.
»Wo willst du …«, hörte sie Drea noch rufen, während sie sich beeilte, JD rechtzeitig aufzuhalten, bevor er seine Fahrertür erreichte.
»JD!«, schallte ihre Stimme durch die Abendluft. Er sah auf und zuckte zusammen. »Warte einen Moment, ja?« Sie hielt es für besser, ihn direkt an Ort und Stelle abzufangen, wo es wenig Ablenkung gab.
Zum ersten Mal seit einer gefühlten Ewigkeit stand sie ihm wieder direkt gegenüber. Sie befand sich zwischen ihm und dem Volvo; er würde sie zur Seite schieben müssen, um wegzufahren. In gewöhnlichen Jeans und schwarzer Jacke wirkte er irgendwie farblos – nur seine verstrubbelten Haare und die Brille mit der dicken Fassung verrieten noch seinen typischen exzentrischen Stil.
Während sie sich anblickten und überlegten, wer wohl zuerst etwas sagen würde, ging Drea mit gesenktem Kopf vorbei.
»Hey, Fount«, grüßte sie JD. »Wir sehen uns dann drin, Em.«
»Hey, Drea«, antwortete JD, ohne den Blick von Em abzuwenden.
Dann brach er das Schweigen und fragte kalt: »Was willst du, Em?«
»Hübsche Brille«, erwiderte sie. Nichts. Bleierne Stille. Sie seufzte und fuhr fort. »Bitte«, sagte sie und zog an den Enden ihres Schals, damit er fester saß. »Ich muss wissen, warum du mir aus dem Weg gehst. Schon seit Wochen.« Sie glaubte, sich auf sicherem Boden zu bewegen – schließlich hatten die Furien ihr nicht verboten, Fragen zu stellen, als sie den Pakt mit ihr schlossen, oder?
»Meine Strategie hat ja offenbar nicht besonders gut funktioniert«, stellte JD eintönig fest. »Ich hab angefangen, hierherzukommen, weil ich dachte, du würdest das Kackuccino bevorzugen.«
»Es ist wegen Drea«, erklärte Em matt. »Ihr gefällt es hier.« Sie schluckte die Enge in ihrer Kehle herunter. »JD, bitte . Bitte rede mit mir.«
JD blickte sie kühl an. »Ich kann nicht«, sagte er. »Könntest du mir verzeihen, wenn ich getan hätte, was du getan hast?«
Em starrte ihn an. Was meinte er?
»Und willst du wissen, was das Schlimmste ist?«, sprach er hastig weiter. »Dass du es offensichtlich nicht mal für eine große Sache hältst. Was in der Nacht damals passiert ist … Ich dachte, das zwischen uns würde irgendwohin führen. Aber das
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