Im Herzen Des Lichts
nervös. Machte alle nervös, die keine wiederauferstandenen Pferde mochten, die am Widerrist Flecken hatten, durch die man im richtigen Licht die Hölle selbst sehen konnte.
Das Wiehern hatte Crit plötzlich klargemacht, daß er Strat momentan gar nicht sehen möchte. Nicht, ehe er das Problem Kama und Fackelhalter gelöst hatte. Nicht jetzt, da der graue Himmel und die grauen Häuser und die graue Hafengegend eins mit dem grauen Pferd zu sein schienen, das Tempus ihm dagelassen hatte, vielleicht als kleine Entschädigung, weil er ihn hier zurückgelassen hatte.
Der Graue war ein Prachtstück, eines der besten Pferde aus dem Gestüt der Stiefsöhne oben am Hexenwall. Er war mehr wert als ein ganzer Häuserblock im Labyrinth samt allem, was dazugehörte; nach Meinung mancher, mehr als die ganze Stadt.
Aber Crit hätte es Strat ohne Zaudern überlassen, wenn der das Geisterpferd aufgäbe und die Vampirfrau, die es für ihn herbeigezaubert hatte...
»Psst!« flüsterte eine Stimme hinter ihm. Crit beherrschte sich, er zuckte weder zusammen, noch ließ er sich irgendwie anmerken, daß er nahe daran gewesen war, in Deckung zu springen und das Schwert zu ziehen.
Er drehte sich langsam um und sagte: »Du kommst spät, Falkenmaske.«
»Wir sind keine Falkenmasken mehr«, entgegnete eine Stimme mit merkwürdigem Akzent aus dem Schatten einer tief ins Gesicht gezogenen Kapuze. »Und ich war nie eine. Wir sind freie Mitarbeiter. Werden pro Auftrag bezahlt. Du hast doch nichts gegen Söldner, oder? Warst ja selber einer.« Es war ein nördlicher Akzent in dieser eigenartig gedehnten Ausdrucksweise, trotzdem verriet die Stimme eine Nervosität, die gefährlich werden mochte.
Crit spähte in die Düsternis, doch das einzige, was er dadurch deutlicher sah, war die Takelung eines Fischerkahns, der weit hinter dem Fremden am Kai vertäut war.
Lag es an einem Tarnzauber oder am trügerischen Licht, daß das Gesicht im Dunkeln verborgen blieb? Der Bursche befand sich außer Reichweite, aber nur knapp. Und irgendwie vertraut schien er ihm auch, aber nicht anders erging es ihm mit halb Freistatt. Er war jemand, mit dem er vor langer Zeit zu tun gehabt hatte, sagte ihm eine innere Stimme, und Crit forschte in seinem Gedächtnis, um der bekannten Stimme ein Gesicht zu geben.
Um die Stimme noch einmal zu hören, fragte er: »Worauf bist du aus? Auf ehrliche Arbeit? Es gibt keine, nicht hier. Wärst du lieber in meinen, denn in Jubals Streitkräften? Ist es das?«
»Deine? Dann hast du welche? Hat der Schwarze mich deshalb geschickt, dir auszuhelfen?«
Aus der angespannten Stimme des Mannes war Befriedigung zu hören. Er war jemand, den die Heiligen Trupps nicht gerade mit Glacehandschuhen angefaßt hatten. Jemand, der diese Situation mehr genoß, als eigentlich der Fall sein dürfte, weil er Crit und seinesgleichen mehr fürchtete, als er zugeben würde.
»Hast du einen Namen, Freund?« fragte Crit leichthin und änderte seine Haltung soweit, daß er die Hand an seinen Gürtel und die Finger um seinen Dolchgriff legen konnte, ohne es weder zu auffällig, noch zu verstohlen zu tun.
Es entging dem Verbindungsmann nicht, und er warf den Kopf zurück. »Vis. Sagt dir der Name was, Befehlshaber?«
Befehlshaber! Daran konnte Crit sich immer noch nicht gewöhnen. Nahm Tempus ihm sein Verhältnis mit Kama immer noch so übel, daß er ihn zu Jahren der Zwangsarbeit hier verdammte, die nur in einem gewaltsamen Tod enden konnte?
Denn Crit erinnerte sich nun an diesen >Vis<, und das beruhigte ihn nicht gerade. Mradhon Vis, ein Nordmann, ein Dieb, ein Missetäter, ein ehemaliger Komplize des nisibisischen Zauberlehrlings Haught. Sie hatten mehr als einmal Information aus Vis herausgeprügelt, als die Stiefsöhne gegen die Nisibisihexe hier gekämpft hatten. Strat, der Inquisitor der Stiefsöhne, war dafür zuständig gewesen. Crit war damals der Abwehroffizier gewesen.
Sie hatten diesen Narren in ihr Geheimquartier gebracht, die eisernen Läden geschlossen und ihm die Art von Respekt eingebläut, der zu Haß wird, wenn die lenkende Hand fehlt.
Es hatte Dutzende, vielleicht Hunderte gegeben, die er und Strat wie Vis behandelt hatten. Wenn Crit überhaupt solange am Leben blieb, würde zumindest einer versuchen, ihn umzubringen.
»Vis«, wiederholte er leise. »Stimmt. Ich erinnere mich. Also, gehen wir. Wollen doch sehen, was du zu bieten hast.«
»Es ist mir ein Vergnügen, Befehlshaber«, sagte der Söldner mit unterdrücktem
Weitere Kostenlose Bücher