Im Himmel ist die Hölle los
an, doch plötzlich erstarrten seine Lippen.
Gänger folgte seiner Blickrichtung und zog erneut eine Braue hoch. »Das ist ein Fotokopiergerät«, erklärte er. »Sie wissen schon, am einen Ende schiebt man Papier rein und am anderen …«
»Entschuldigen Sie, aber ich bin nur etwas verwirrt«, murmelte der Personalchef verlegen. »Nun, wie Sie sich denken können, stecke ich in einer etwas verzwickten Lage. Deshalb habe ich mir gedacht, Ihre Meinung zu diesem Problem einzuholen, um vielleicht eine neue Sicht …«
Gänger nickte. »Ich weiß«, entgegnete er. »Es geht darum, ob man die Stelle ausschreiben oder sich lieber an eine Vermittlung wenden soll. Gute Frage.«
»Hören Sie, woher …?« Der Personalchef versuchte, sich aufrecht hinzusetzen, doch ließ der Sessel das nicht zu. Er wand sich hin und her. Zwar gehörte Selbstachtung nicht gerade zu seinen hervorstechendsten Eigenschaften, dennoch fiel es ihm nicht im Traum ein, seine Laufbahn vorzeitig dadurch zu beenden, daß er ständig an der Rückenlehne eines Sessels hinunterrutschte.
»Woher ich das alles weiß?« half ihm Gänger auf die Sprünge. »Ganz einfach, das ist nun mal meine Aufgabe.« Er machte eine Pause und lächelte dann liebenswürdig. »Versuchen Sie, den Rücken geradezumachen. Dadurch drücken Sie sich nach vorne aus dem Polster heraus.«
Der Personalchef befolgte den Rat und machte ein böses Gesicht. »Sie können wohl Gedanken …«
»Nein, das kann ich eigentlich nicht«, unterbrach ihn Gänger. »Natürlich ist es möglich, die Gedanken von Sterblichen zu lesen, aber nicht unsere. Zu viele Störsender. Nein, um Ihre Gedanken lesen zu können, braucht man lediglich ein wenig Intuition und psychologisches Wissen.«
»So?«
»Und natürlich spielen auch Mikrofone eine gewisse Rolle.«
»Ach …«
Die Tür öffnete sich, und eine Frau brachte ein Tablett mit zwei Tassen Kaffee herein. Samt Untertassen. Untertassen, die paßten. Allmählich könnte man ernsthaft glauben, ich sei gestorben und in den Himmel gekommen, dachte der Personalchef …
»Nur ist das unter diesen Umständen nicht möglich«, beantwortete Gänger den morbiden Gedankengang des Personalchefs und lachte freundlich. »Aber vielen Dank, ich fühle mich geschmeichelt. Alles, was man wirklich für eine solche Ausstattung braucht, sind guter Geschmack und ein umsichtiges Management.«
»Und gesonderte Finanzierung.«
»Sicher, das ist natürlich hilfreich.« Gänger blickte ihn über die Tasse hinweg an. »Mein Geld wird von einem Unternehmensberater verwaltet.«
»Wirklich?«
Gänger nickte. »Na klar«, sagte er. »Spart Zeit und auf lange Sicht auch Geld. Wovon Ihnen, wenn ich mich nicht irre, weder das eine noch das andere in besonderem Maße zur Verfügung steht.«
Erfolglos versuchte der Personalchef, die Untertasse auf den Knien zu balancieren, doch der Sessel schien zu leben. »Gut, aber was erzähle ich nun den anderen Ausschußmitgliedern?«
Gänger blickte überrascht drein – für ihn wahrscheinlich eine ganz neue Erfahrung, dachte der Personalchef.
»Überhaupt nicht«, widersprach Gänger. »Mich überrascht ständig etwas. Wen schert es schon, was der Ausschuß denkt? Falls Ihnen das allerdings Kopfzerbrechen bereitet, verraten Sie es lieber niemandem«, fügte er hinzu.
»Aber irgendwas muß ich denen doch sagen …«
»Wieso denn?«
Der Personalchef war empört; das war ja wie die Aufforderung, sich fürs Atmen zu rechtfertigen. Doch dann fiel bei ihm der Groschen. Hier galten einfach andere Regeln …
»Also gut, dann erzählen Sie mir, wie Sie sich das vorstellen«, bat er Gänger.
Ein von Natur aus unzufriedener Mensch war Jane nicht; zumindest redete sie sich das ständig selbst ein. Es war bloß so, daß es bestimmte Dinge gab, mit denen sie sich nur schwer abfinden konnte. Diese Dinge wechselten, abhängig von den Umständen, gern die Gestalt, so wie Wolken manchmal riesige flauschige Drachen sein können und dann wieder Fetzen aus Baumwolle minderer Qualität; gelegentlich handelte es sich um das Elend der Opfer einer Hungersnot, zuweilen um die haarsträubend unfähige Verwaltung des Bestands an Büromaterial auf der Arbeit, und manchmal – sogar ziemlich oft und tatsächlich gerade in diesem Moment – war es die Unpünktlichkeit der Buslinie 42A, über die sie sich wirklich aufregen konnte. Wenn es für alle diese Dinge einen gemeinsamen Nenner gab, dann lautete der wahrscheinlich Nachlässigkeit.
Selbst das
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