Im Informationszeitalter
nicht.
Mit meiner eigenen Person habe ich mich sehr wenig beschäftigt. Es haben mich eher Antworten auf die Frage Warum? interessiert, und ich habe mit solcher Fragerei meine Onkels und meinen Vater gequält, seitdem ich mich daran erinnern kann. Und über die Schule, über die Klasse hinaus habe ich in das am weitesten entfernt Liegende geblickt. Zuerst in die Vergangenheit, aber nicht in die aus den
Geschichtshandbüchern, sonder in die Vorzeit, in der es von Dinosauriern gewimmelt hat (ich besaß Bücher über sie, denn ich war ein Bücherwurm und las alles -sogar das Brockhaus-Lexikon aus dem Jahre 1890. Ich zeichnete darüber hinaus auch solche Monster, die es nicht gab, die es aber offensichtlich meiner Ansicht nach gegeben haben sollte. Ich bin also mit meiner Phantasie in andere Zeiten und andere Welten geflüchtet, und obwohl ich verstanden habe, daß dies nur scheinbar ist, ein Spiel, hütete ich meine Geheimnisse.
Man kann diese Kindheitsschrulle sicher nicht als Anfang meiner “futurologischen Tätigkeit” bezeichnen. Dennoch war das, was ich während meines Medizinstudium zu schreiben begann, als ich nach dem Krieg mit meiner Familie in Krakau landete, nicht nur schlechte Science Fiction.
II - Die Chancen der Isolation
Für meine Ausflüge in die Zukunft kam mir eine beträchtliche Hilfe seitens der kommunistischen Obrigkeit zugute, weil ich ihr (zusammen mit ganz Polen) eine vollständige Abtrennung vom Westen und also auch von deren Literatur zu verdanken hatte. Ich hatte bis 1956 weder ein SF-Buch gelesen (außer Jules Verne und Orson Welles, die ich schon vor dem Krieg in Lemberg kennenlernte), noch hatte ich einen Zugang zu wissenschaftlichen Werken - mit einer Ausnahme.
Der Psychologe Dr. Choynowski hatte im Jahre 1946 ein Seminar für Wissenschaftslehre gegründet und ich wurde irgendwie zu seinem wissenschaftlichen Angestellten. Choynowski wandte sich an wissenschaftliche Stellen in den USA und Kanada mit der Bitte um wissenschaftliche Literatur für die durch die deutsche Besatzung ausgehungerte polnische Wissenschaft. Diese Bücher kamen in großen Mengen an, und meine Aufgabe war es, sie auszupacken und mit der Post an die Universitäten des ganzen Landes zu versenden. Ich habe das, was mich faszinierte, einfach nach Hause mitgenommen, in den Nächten gelesen und am nächsten Tag dann erst zur Post gebracht. Auf diese Weise habe ich mich mit der Kybernetik von Norbert Wiener, der Informationstheorie von Claude Shannon, den Arbeiten von John von Neumann, die auf mich einen ungeheuer großen Eindruck hinterlassen hatten, der Spieltheorie und vielem anderen vertraut gemacht, und da ich des Englischen nicht mächtig war, mußte ich mit einem Wörterbuch in der Hand lesen.
Aber die Lektüre befriedigte mich bald nicht mehr. Auf den durch sie gelegten Grundlagen habe ich begonnen, eigene Gedanken aufzubauen. Zuerst habe ich mir eine “atomare Wiederauferstehung des Menschen” ausgedacht, die mir “im Prinzip” möglich erschien. Weil ein jeder von uns aus Atomen besteht, sollte man sie nach dem Tod sammeln und so den Organismus wiederherstellen können. Vom Bischof Berkeley lieh ich mir dazu die Dialogpartner Hylas und Hylonous aus und veranlaßte sie, diese Resurrektion zu untersuchen. Herr Oswiecimski, einer der Seminarassistenten, dem ich zeigte, was ich geschrieben hatte, versuchte meine Schlußfolgerung anzufechten, daß der aus Atomen gebaute Mensch nicht derselbe sein kann wie der Verstorbene, sondern nur - wie ein Zwilling - dessen Kopie. Er kam jeden Tag mit einem neuen Gegenargument, das ich widerlegte, und auf diese Weise wurde unabsichtlich und planlos das erste Kapitel meines Buches Dialoge ausgearbeitet.
Ich habe das Buch 1953 geschrieben, als Stalin noch lebte, und von einer Veröffentlichung konnte keine Rede sein, weil ich eine Menge von zukünftigen neuen Chancen aus der Kybernetik abgeleitet habe, die offiziell als eine “bürgerliche lügnerische Wissenschaft” galt. Man sprach über Zukunftsprognosen schon aus dem einfachen Grund nicht, weil die Zukunft bereits mit größter Genauigkeit in Gestalt eines kommunistischen Paradieses vorgesehen war, in das uns die kommunistische Partei führte, wie einst Moses die Juden in das Gelobte Land. Das aber hat mich weder zufriedengestellt noch interessiert. Ich schrieb meine eigenen Sachen.
Dank dem “Tauwetter” konnte man im Jahre 1956 die Dialoge veröffentlichen. Da aber niemand beim Verlag wußte, wovon das Buch
Weitere Kostenlose Bücher