Im Kühlfach nebenan
herunter.
»Sie benötigen sicher einen schriftlichen Auftrag«, sagte die Oberin.
»Ich bereite den Vertrag vor. Mein Mitarbeiter, der in einer Stunde kommt und die Türen sichert, bringt alles mit, dann müssen
Sie nur noch unterschreiben.« Die Oberin und der Nothelfer verließen Baumeisters Büro. Auf ihn hatte ich gar nicht mehr geachtet,
aber Marlene machte mich darauf aufmerksam, dass Baumeister dem Gespräch sehr aufmerksam gefolgt war. Nun trat er vor die
Zeichnung und fuhr mit den Fingern einzelne Abschnitte entlang. Ein fieses Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Baumeister
war noch nicht aus dem Rennen.
|274| Wieder trennten wir uns. Baumeister verlangte eine lückenlose Überwachung, während wir auch alle anderen Aktivitäten im Kloster
zumindest einigermaßen im Blick haben wollten. Marlene übernahm die erste Baumeisterschicht, ich flog eine Runde über das
Gelände. Die Bauarbeiter waren mit ihren Bauarbeiten beschäftigt. Sie kratzten Fugen aus, erneuerten poröse Sandsteine und
dichteten Fundamente gegen Staunässe ab. In der Küche wurde gekocht. Das alte Radio stand wieder an seinem Platz und übertrug
eine Sabbelsendung auf WDR 5. Die Oberin telefonierte in ihrem Büro, die Maulwürfe buddelten in ihrem Frühlingsbeet und die Novizinnen, die keine waren,
hockten zusammen und formulierten einen Dankesbrief an den unbekannten Retter. Wenigstens jemand tat hier etwas Vernünftiges!
Ich traf Marlene, die Baumeister auf einem Rundgang begleitete.
»Was macht er?«, fragte ich. »Er hat sein Handy umprogrammiert, einer Werkstatt den Reparaturauftrag für sein Auto gegeben
und scheint sich wieder ziemlich wohlzufühlen.« Das waren keine guten Neuigkeiten. Sie versprach, ihn keine Sekunde aus den
Augen zu lassen. Inzwischen war der Mitarbeiter von Gernot Eastwood eingetroffen. Er ließ die Oberin den Vertrag unterzeichnen,
dann machte er sich mit seinem Zeug an den Türen zu schaffen. Mir wird schlecht, wenn ich Elektrikern bei der Arbeit zusehe.
Sie häkeln irgendwelche bunte Strippen zusammen, stecken Drähte in winzige Klemmverbindungen, die an Legosteine erinnern,
fummeln mit kleinen Stromprüfdildos in Steckdosen oder sonstigen Anschlüssen herum und scheinen, das macht mich besonders
kirre, sie scheinen echt zu wissen, was sie tun. Ich starrte dem Kerl nur ab und zu über die Schulter und behielt ansonsten |275| den Überblick. Der Strippenzieher verkabelte nacheinander alle Türen, wobei die Durchfahrt, durch die die Kidnapper gekommen
waren, nur notdürftig gesichert wurde. Langfristig musste hier vor allem ein stabiles Tor angebracht werden, das sich zu sichern
auch lohnte. Baumeister tauchte kurz bei dem Typ auf, sagte ein paar belanglose Worte und verzog sich wieder. Marlene war
genervt, weil sie spürte, dass er etwas plante, aber keine Ahnung hatte, worauf sie achten sollte. Sie wollte tauschen, also
verbrachte ich den Rest des Tages mit Baumeister und sie folgte dem Strippenzieher.
Baumeister blieb mir ein Rätsel. Er war von unseren gestrigen Aktionen gezeichnet, erholte sich aber langsam wieder. Er hatte
etwas vor, das merkte man ihm an. Was, konnte ich ums Verrecken nicht feststellen. Das war nicht gut. Ich musste ihn weiter
terrorisieren, hatte aber wenig Gelegenheit. Er fuhr nicht Auto, telefonierte kaum und wenn, dann entweder vom Festnetztelefon
oder mit seinem Handy – aber ohne den Kopfhörer. Langsam wurde ich nervös.
Um fünf machten die Bauarbeiter Feierabend, um halb sechs packte auch der schweigsame Elektrobastler seinen Kram zusammen,
wie Marlene mir mitteilte. Nur Baumeister saß noch in seinem Büro und zeichnete an irgendwelchen Plänen herum. Die Oberin
besuchte ihn.
»Herr Baumeister, machen Sie denn heute gar nicht Feierabend?«, fragte sie freundlich. »Ich überarbeite die Pläne, die ja
nach Ihrer Entscheidung nicht mehr ganz aktuell sind«, erklärte er mit einem angestrengten Lächeln. »Kommen Sie doch bitte
mit mir, dann kann uns der Elektriker die Türsicherungen gemeinsam erklären.« Baumeister sprang auf und folgte ihr. Der Elektriker
erklärte Baumeister und der Oberin die |276| Funktionsweise der Türsicherungen und zeigte ihnen, wie sie die Anlagen der einzelnen Türen an dem jeweils neben der Tür hängenden
Sicherungskästchen scharf schalteten. Dann gingen die drei zur Eingangspforte, die neben der Sicherung mit einem Türdrücker
und einer Gegensprechanlage ausgerüstet
Weitere Kostenlose Bücher