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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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man mit Vorsicht genießen. Gar manche Auswanderer hätten von einem Schlaraffenland geschwärmt – und wären nach wenigen Monaten nach Deutschland zurückgekehrt, mit nichts anderem als dem, was sie auf dem Leibe trugen, und nur um eine äußerst missliche Erfahrung reicher.
    »Und wer außer deinem Großvater reist sonst noch mit dir?«, fragte Elisa.
    Unruhig begann Poldi, in dem engen Raum auf und ab zu gehen.
    »Fritz und Lukas, das sind meine Brüder. Die Christl, das Katherl und das Lenerl, das sind meine Schwestern.«
    Insgesamt drei Söhne!, ging es Elisa durch den Kopf. Wie würde ihr Vater diese Familie beneiden!
    Sämtliche Brüder, die ihre Mutter geboren hatte, waren nicht älter als ein Jahr geworden. Jeden Sonntag nach der Messe hatten sie ihr Grab besucht, und jedes Mal beklagte Richard von Graberg, dass er keinen gesunden Stammhalter hatte. Elisa wusste, dass er stolz auf sie war, dass er sie liebte, aber sie hatte immer den Eindruck, dies geschehe, obwohl und nicht weil sie ein Mädchen war und dass er sich insgeheim fragte, warum gerade diese einzige Tochter unter seinen Kindern groß geworden, die Knaben jedoch alle gestorben waren.
    Ob er Annelie womöglich auch deswegen so bald nach dem Tod der Mutter geheiratet hatte?
    Vor dem Aufbruch nach Chile hatte er wieder laut bedauert, keine Söhne zu haben: Die Regierung des fernen Landes, so hieß es in den Amtsblättern, versprach jedem einwandernden Familienvater Land in der Größe von acht »Cuadras«, wie es hier genannt wurde, das war ungefähr ein Hektar, und obendrein vier weitere für jeden Sohn. Auch die Rationen all dessen, was sie für die Kultivierung des Bodens brauchen würden – Sämereien, Gerätschaften und Ochsen –, fielen reicher aus, wenn Söhne vorzuweisen waren.
    Nun, wenigstens alle anderen Rechte und Pflichten waren dieselben: Sechs Jahre würden sie steuerfrei bleiben und vom ersten Tag an als chilenische Bürger behandelt werden, vorausgesetzt sie leisteten den Eid auf die chilenische Verfassung.
    Poldi hatte nicht bemerkt, wie sehr die Erwähnung seiner Brüder sie beeindruckt hatte.
    »Nach Neu-York hätten wir auch aus einem anderen Grund nicht gehen können«, berichtete er eben. »Weil man nämlich schon vorher das Geld für die Überfahrt hätte aufbringen müssen. Für Chile hingegen gibt’s ein Darlehen von der Regierung. Die wollen uns wirklich gern in ihrem Land haben, nicht wahr?«
    Elisa nickte.
    »Trotzdem schade!«, rief Poldi. »Ich hätte gerne Pasteten mit Weizenmehl probiert. Was es wohl in Chile zu essen gibt?«
    Elisa zuckte mit den Schultern. Ihre Neugierde auf das, was Poldi zu erzählen hatte, nahm merklich ab, nun, da Minute um Minute verrann und es im Gang totenstill blieb. Erneut spähte sie nach draußen.
    »Diese Abgeordneten der Commerz-Deputation werden doch kommen und uns freilassen?«
    »Natürlich werden sie das!«, erklärte Elisa hastig, und bevor er berechtigten Zweifel bekunden konnte, fügte sie hinzu: »Wovon … wovon habt ihr gelebt, bevor ihr hierher aufgebrochen seid?«
    »Mein Vater war ein Waffenschmied mit eigener Schmiede«, berichtete Poldi stolz, aber als er fortfuhr, klang er kleinlauter: »Die Schmiede war allerdings schon alt und baufällig, er hätte neue Gerätschaften benötigt, und die konnte er sich nicht leisten. Irgendwann hat er so wenig Geld verdient, dass er beschlossen hat, in den Steinbrüchen zu arbeiten und später für die Eisenbahn. Doch damit, hat meine Mutter immer gesagt, könne man keine Familie ernähren, sondern gerade mal einen erwachsenen Mann. Und ihr … warum geht ihr nach Chile?«
    Elisa trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. Ihr Vater musste sie längst vermissen, würde sicher begonnen haben, nach seiner Tochter zu suchen. Der Gedanke daran beruhigte sie jedoch keineswegs, sondern wühlte sie noch mehr auf. Gewiss würde er nie auf die Idee kommen, ausgerechnet in dieser Lagerhalle nach ihr zu suchen!
    »Vor einigen Jahren«, erzählte sie, um nicht daran zu denken, »sind erstmals neun hessische Handwerkerfamilien nach Chile ausgereist. Und eine von ihnen war mit der Base meiner Mutter bekannt. Sie hat uns einen Brief von diesen Auswanderern gezeigt.«
    Dieser Brief hatte nicht so begeistert geklungen wie mancher Bericht aus Nordamerika – jedoch viel aufrichtiger als diese. Die Reise habe sehr lange gedauert, aber schließlich seien sie sicher in Corral, dem Hafen Valdivias, eingelaufen. Die Arbeit, die sie erwartet

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