Im Land der Feuerblume: Roman
heute zu finden: von der typisch deutschen Bauweise der Häuser, nämlich mit Giebeldach, den vielen Vereinen, die die deutsche Sprache am Leben zu erhalten versuchen, bis hin zur Schwarzwälderkirschtorte, die in vielen Restaurants angeboten wird.
Dass sich die deutsche Kultur hier sehr lange erhalten hat, liegt nicht zuletzt an einer Besonderheit des Einwanderungslandes Chiles: Während anderswo – z.B. in Nordamerika – ein ungleich schnellerer Assimilierungsprozess einsetzte, lebten die deutschen Siedler inmitten des Urwalds fernab der übrigen Zivilisation in einer eigenen Kolonie, also in einer Art »Klein-Deutschland vor exotischer Kulisse«, das sich chilenischen Einflüssen erst nach und nach öffnete.
Die Lebensleistung dieser Generationen, die erst nach langen von Tod und Not geprägten Jahren ihr Brot verdienten, ist oft ideologisch überhöht worden – nicht nur von manchem Nachfahren, sondern vor allem in der Zeit des Nationalsozialismus, wo die Siedlungen zum Werk des deutschen Übermenschen, der selbst im Nichts eine Zivilisation schafft, hochstilisiert wurden. Solche einseitige Verherrlichung ist ebenso undifferenziert wie realitätsfern und ignoriert überdies die traurige Tatsache, dass die Besiedlung mancher Gebiete auf Kosten der Ureinwohner Chiles vonstattenging.
Ungeachtet dessen ist es dennoch legitim, diesen deutschen Einwanderern Respekt zu zollen: für die Energie und Schaffenskraft, die sie in den Anfangsjahren an den Tag legten, ebenso wie für den oft sehr positiven Einfluss, den einige ihrer Abkömmlinge später auf die chilenische Gesellschaft, Wirtschaft und Politik nahmen.
Während einer mehrwöchigen Chile-Reise, die mich auch zum Llanquihue-See geführt hat, habe ich vor einigen Jahren zum ersten Mal von diesen deutschen Siedlungen gehört. Auch wenn einstiger Urwald an vielen Stellen längst bezähmt ist – vor der Kulisse dieses schönen, wilden, urwüchsigen Landes kann man sich gut vorstellen, welche Prüfungen die Einwanderer zu bestehen hatten und wie ungemein stolz sie gewesen sein mussten, diese bewältigt zu haben. Die Faszination für dieses Thema hat mich seitdem nicht losgelassen und ist nach ausführlicher Recherche schließlich im vorliegenden Roman gemündet.
Meine Protagonisten sind allesamt fiktiv; einzelne Personen, die am Rande erwähnt werden – so z.B. Carlos Anwandter, Vicente Pérez Rosales, Franz Geisse u.v.a.m. –, sind jedoch historisch verbürgt. Überdies war es mir sehr wichtig, mich bei der Schilderung ihres Alltags und dessen Tücken sehr stark an Zeugnissen der ersten Einwanderer zu orientieren und somit ein möglichst authentisches Bild zu entwerfen. Teilweise fast wörtlich habe ich Zitate aus Briefen, Tagebüchern und Lebensberichten übernommen, die von den vielen Beschwernissen Kunde geben, aber auch berechtigten Stolz ausdrücken, diese überwinden zu können.
Ein Zitat ist mir bei der Sichtung von diversem Recherchematerial besonders gut in Erinnerung geblieben. Es beschreibt die Situation der Einwanderer sehr trefflich, weil das rauhe Leben nicht – wie anderswo im Rückblick – verherrlicht wird, sondern ein hohes Maß an Realismus, Pragmatismus, aber auch starker Wille durchklingt.
Am Ende des Buchs will ich darum diesen Aquinas Ried sprechen lassen:
»Hier ist das Land von Milch und Honig nicht. Im Schweiße des Angesichts muss man sich sein Brot erweben. Man hat jedoch den Trost, dass man es erwerben kann. Aus Tropfen entsteht der Bach, aus Bächen wächst der Strom. Hand ans Werk – der Segen wird nicht fehlen.«
Nun, der Segen ist am Ende auch für Elisa und Cornelius nicht ausgeblieben. Wie es hingegen mit Emilia und Manuel, den Nachfahren der anderen Siedler und des Mapuche Quidel, weitergeht – das will ich Ihnen gerne in meinem nächsten Buch erzählen.
Über Carla Federico
Carla Federico ist eine junge österreichische Autorin, die Geschichte und Philosophie studiert hat. Sie lebt heute als Fernsehjournalistin in Deutschland. Ihre große Leidenschaft fürs Reisen hat sie in zahlreiche Länder geführt, bevor sie sich für einen längeren Aufenthalt in Chile niederließ, dem Land, das sie zu diesem Roman inspirierte.
Mehr zu Carla Federico erfahren Sie auf www.carla-federico.de
Über dieses Buch
Hamburg 1852. Im Hafen begegnen sie sich das erste Mal: die junge abenteuerlustige Elisa, der nachdenkliche Cornelius und ihre Familien, die das Wagnis eines neuen Lebens in Chile eingehen wollen. Doch
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