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Im Land der Feuerblume: Roman

Im Land der Feuerblume: Roman

Titel: Im Land der Feuerblume: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Federico
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können Sie es wagen …«
    Sie brachte den Satz nicht zu Ende. Sie versuchte, nach der Kette zu greifen, und als ihr das nicht gelang, weil Lambert um vieles größer war als sie und sie einfach wegzog, schnellte ihr Kopf nach vorne, und sie biss ihn in seinen dichtbehaarten Unterarm. Sie hörte seinen Schmerzensschrei erst, als sie schon Blut schmeckte. Die Kette fiel auf den dreckigen Boden; rasch bückte sie sich danach und umschloss sie mit ihrer Faust.
    Ungläubig starrte Lambert Mielhahn auf seinen Arm, in dem ihre Zähne einen tiefen Abdruck hinterlassen hatten.
    »Glauben Sie mir jetzt, dass das gemeines Diebespack ist?«, schrie er.
    Seine Frau und seine Kinder duckten sich. Nur Leopold grinste weiterhin.
    »Mädchen, Mädchen«, stammelte der Gehilfe des Hafenmeisters hilflos.
    »Wir sind keine Diebe!«, beharrte Elisa. »Wir gehören zu den Auswanderern nach Chile.«
    »Und wo sind dann eure Eltern?«, zischte Lambert, um triumphierend hinzuzufügen: »Minderjährige dürfen ohne Erlaubnis ihrer Vormünder nicht auswandern.«
    Elisa drehte sich wieder zögernd nach ihrem Vater und Annelie um. Zwar wusste sie nicht, wie sie ihm erklären sollte, dass sie sich als Leopolds Schwester ausgegeben und einen Fremden gebissen hatte – dennoch hoffte sie inständig, er würde bemerkt haben, in welche Notlage sie geraten war, und eingreifen. Doch an dem Platz, wo sie bisher auf einer der Kisten gehockt hatten, war nichts von ihnen zu sehen.
    »Wo ist denn euer Erlaubnisschein?«, fragte währenddessen der Gehilfe des Hafenmeisters.
    Elisas Hand glitt zu dem Lederbeutel, den sie bei sich trug, doch noch ehe sie ihn durchkramte, wusste sie, dass es zwecklos war. Der Erlaubnisschein, den jeder Auswanderer vor der Einschiffung vorweisen musste, lag bei den übrigen Reisedokumenten – und diese wiederum trug Richard von Graberg bei sich, um sie stets aufs Neue zu kontrollieren.
    In diesem Augenblick machte Leopold einen Satz nach hinten. Dass beide Männer misstrauisch auf Elisa starrten, wollte er offenbar zur Flucht nutzen, doch er kam nur ganze fünf Schritte weit.
    Dann war Lambert, der eben noch vorwurfsvoll die Wunde an seinem Arm betastet hatte, schon hinter ihm her und packte ihn am Schlafittchen.
    »Lassen Sie mich los!«, brüllte Leopold empört und trat mit den Füßen um sich.
    »Ist noch ein weiteres Schuldeingeständnis nötig?«, fragte Lambert Mielhahn.
    Der Gehilfe des Hafenmeisters seufzte ergeben.
    »Also gut«, gab er nach. »Die Commerz-Deputation soll entscheiden, was mit den beiden geschieht.«
    Elisa erblasste. Die Commerz-Deputation schickte vor jeder Einschiffung Sachverständige in den Hafen, die überprüften, ob es an Bord genügend Lebensmittel und Trinkwasser für die Überfahrt gab.
    »Aber Sie wollen doch nicht …«, setzte sie an.
    Wieder blickte sie sich nach ihrem Vater um, aber ehe sie unter den vielen Menschen, die am Hafen warteten, auf ein vertrautes Gesicht stoßen konnte, wurde nun auch sie am Kragen gepackt. Ihre Proteste verklangen ungehört. Der Gehilfe zerrte sie und Poldi in eine der länglichen Lagerhallen, um sie fürs Erste einzusperren.

2. KAPITEL
    D ie Tür des kleinen Lochs, in das der Mann sie brachte, quietschte, als er sie hinter sich zuwarf. Der untere Teil war aus schwerem, dunklem Eichenholz gezimmert, in das Würmer kleine Löcher gefressen hatten; oben konnte man durch rostige Gitterstäbe in den Gang starren, in dem sich ähnliche Lagerräume aneinanderreihten.
    Wieder quietschte es, als der Mann den schweren Schlüssel im Schloss umdrehte. Kurz hoffte Elisa, er würde ihn dort belassen; so könnte sie später versuchen, durch die rostigen Stangen zu greifen und ihn irgendwie zu erhaschen. Doch der gleiche Gedanke kam – mehrere schnaufende Atemzüge später – auch dem Mann. Wortlos steckte er den Schlüssel ein und trabte von dannen.
    »Sie sprechen möglichst schnell mit jemandem von der Commerz-Deputation, ja? Wir sind unschuldig!«, rief Elisa ihm nach. Ihre Stimme war durchdringend, er konnte sie nicht überhört haben, aber er antwortete lediglich mit einem gleichgültigen Schulterzucken und schien erleichtert, dass die leidige Angelegenheit vorerst ausgestanden war.
    Elisa sackte gegen eine der Wände, die kalt, feucht und von hauchdünnen Spinnennetzen übersät waren, und kämpfte gegen die Mutlosigkeit an, die über ihre Seele schwappte wie der muffige Geruch ihres Gefängnisses.
    Leopold hatte sich gebückt und hob einen klammen und

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