Im Land der Katharerburgen : Leseproben & mehr (German Edition)
neue Armutsbewegung, Dominikaner versus Franziskaner), und der Beschäftigung mit der Philosophie der Scholastiker, eröffnete sich mir die Möglichkeit, meine Geschichte noch authentischer zu machen.
Zeitgleich begann ich, sie etwas reicher und bunter auszustaffieren:
So suchte ich mir einen Übersetzer für Arabisch, befasste mich mit Einhörnern und den Reisegeschwindigkeiten im Mittelalter, informierte mich über die Thomas-Christen in Indien - und freute mich riesig, als mir die Société Civile Immobilière des Klosters Fontfroide rechtzeitig und mit freundlichen Worten und weiteren Hinweisen die erbetene Kopie der Äbteliste des Klosters (um 1300) zuschickte. Dankeschön!
Zurückgekehrt in die Heimat, “glühte” nicht länger das Gemäuer der Cité von Carcassonne (wie im Roman beschrieben), sondern meine Tastatur …
Anmerkung: * Raimundus Lullus – (1233 – 1316), auch Doctor illuminatus genannt, katalanischer Dichter, Philosoph, scholastischer Theologe, Enzyklopädist, später Franziskanertertiar. Lullus nahm an verschiedenen Generalkapiteln der Franziskaner und Dominikaner teil und besuchte weltliche Herrscher.
Vorwort
Südfrankreich am Ausgang des 13. Jahrhunderts:
Fünfzig Jahre nach dem Fall der Bergfeste Montségur flammt die Ketzerei wieder auf. Katharische Missionare bringen es fertig, dass sich ganze Pyrenäendörfer erneut bekehren, darunter das berüchtigte Montaillou. In den reichen Städten Albi und Carcassonne dulden gutsituierte Bürger (Gelehrte, Händler, Handwerker und Zunftmeister) sowie gewählte städtische Konsuln großmütig den „häretischen Glauben“, dem vor allem das Gesinde anhängt. Es kommt zu tumultartigen Szenen und Zusammenstößen mit dem „sanctum officium“, der unbarmherzigen Inquisition in Gestalt der Dominikaner. Die im bürgerlichen und kanonischen Recht äußerst bewanderten Mönche beabsichtigen mit der Verleumdung und Verhaftung der Honoratioren nicht zuletzt, an deren Vermögen zu kommen. Die mit den Dominikanern rivalisierenden Franziskaner stellen sich in diesem Kampf hinter die Bürger, die alles daransetzen, ihre schwer erkämpften kommunalen Rechte und Freiheiten zu bewahren. Noch immer ist Rom aber auch hinter dem Schatz der Katharer her, mit dem sich vier parfaits in einer der Nächte vor der Eroberung des Montségur von einer hohen Steilwand abgeseilt hatten. Die Gerüchte um den Schatz und sein Versteck wollen kein Ende nehmen. Besteht er aus Gold und Silber? Handelt es sich um den Gral, um seltsame Schriften, oder muss der Schatz als uraltes Geheimnis spirituell verstanden werden? Die Inquisition von Carcassonne schöpft einen Verdacht. Aber der Hüter der „Geheimen Worte“ scheint unauffindbar. In diesen Strudel von Fegefeuer, Hölle und Paradies – wie Dantes Pilgerfahrt durch die drei jenseitigen Reiche – gerät die junge Rixende Ripoll.
Jedem Kapitel ist eine Strophe aus der “Divina Commedia”, der Göttlichen Komödie von Dante Alighieri vorangestellt - nicht ohne Grund: Dante hat die Feierlichkeiten anlässlich des Jubeljahres 1300 in Rom miterlebt (Die Hölle, 18. Gesang, 28-33). Er war, wie die Katharer, ein erbitterter Feind von Papst Bonifatius VIII.
Abbildung: Bonifatius VIII . (Benedetto Caetani, 1294-1303). einer der schillerndsten und umstrittensten Päpste des Mittelalters. Wie bereits Innozenz III., strebte auch er die Überordnung der geistlichen über die weltliche Herrschaft an und geriet damit in Streit mit König Philipp IV. von Frankreich (Bulle „Unam sanctam“, Zwei-Schwerter-Lehre). Im Jahr 1300 rief Bonifatius ein sog. Heiliges Jahr aus (Jubeljahr) und versprach allen Pilgern, die in diesem Jahr Rom aufsuchten, einen Ablass.
1. LESEPROBE, Kapitel 2
Das Rote Haus der Fabris war beeindruckend. Die Fassade des Erdgeschosses bestand aus Sandstein. Zwischen den vier Fenstern befand sich ein dunkles Tor, bewacht von jenem steinernen Pferdekopf. Über einer Galerie wundersam geschnitzter Sparren – Rixende erkannte Fabeltiere und lustige Köpfe – erhob sich über zwei Stockwerke ein ungewöhnlich kunstvolles Fachwerk. Die Bauleute hatten dabei die schmalen roten Ziegelstreifen Fischgräten gleich abwechselnd gegenläufig angebracht, so dass sich die unterschiedlichsten Muster ergaben.
„Ihr seid also die Tochter meiner Großnichte Alexandrine“, sagte Fabri mit einem nicht unzufriedenen Lächeln, als er das hübsche Mädchen näher betrachtete, das große Mühe hatte, seine Röcke zu bändigen,
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