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Im Land der Katharerburgen : Leseproben & mehr (German Edition)

Im Land der Katharerburgen : Leseproben & mehr (German Edition)

Titel: Im Land der Katharerburgen : Leseproben & mehr (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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in denen sich ein tolldreister warmer Wind ständig verfing. „Kommt herein, kommt herein! Seid willkommen in meinem Haus! Und lasst Euch einmal ansehen. Ihr seht weniger Eurer Mutter ähnlich als der schönen Schwester Eures Vaters, Béatrice.“
    An die lebenslustige Béatrice konnte sich Rixende noch gut erinnern. Im Sommer vor ihrer Flucht aus Montaillou hatte man ihre Hochzeit mit Bérenger de Roquefort, einem Verwalter des Grafen von Foix, gefeiert, und Rixende hatte an diesem Tag ihre noch blutjunge Tante über alle Maßen bewundert. Sie wusste nicht, was aus ihr geworden war.
    Castel Fabri geleitete das Mädchen nicht ohne Mühe wegen seines hohen Alters die fünf Stufen zum Haus hinauf, während Aton und Mengarde das Ausladen des Ochsenkarrens bewachten, das Fabris dienstbeflissene Diener besorgten. „Der Wind ist charakteristisch für unsere Gegend, meine Liebe“, erklärte der alte Mann Rixende, als sie oben angelangt waren. „An ihn müsst Ihr Euch gewöhnen. Vom Mittelmeer her bläst der Südostwind, Marin genannt. Es gibt den Marin gras, feucht und klebrig, den Marin gris, der mildes, trübes und bedrückendes Wetter bringt, oder gar den Marin noir, mit schwarzen Wolken und starkem Regen, mitunter sogar Wolkenbrüchen. Ja, ja – die sind gar nicht so selten hier bei uns! Der Nordwind Cers ist frisch, manchmal sogar schneidend. Und dann gibt es natürlich die warmen Böen aus dem Westen, Fouis genannt, wie heute, die meist feinen Dauerregen mit sich führen. Wartet es nur ab, junge Frau“, meinte er mit skeptischem Blick auf seine Knie, „spätestens morgen wird das Wetter umschlagen, ich fühle es überdeutlich. Aber, was rede ich da, das alles mag Euch gar nicht interessieren. Verzeiht, ich bin eben ein schwatzhafter alter Mann. Ich hätte Euch lieber sagen sollen, wie sehr ich mich freue, dass die Verbindung, die Euer Vater und ich vor langer Zeit ins Auge gefasst haben, nun – dank Eurem Bruder – endlich zustande kommt, und wie sehr ich bedaure, dass Eure Eltern nicht mehr unter uns weilen.“
    Rixende neigte höflich den Kopf. In der weitläufigen Eingangshalle des Hauses war es angenehm kühl. Dunkle Balken trugen die Decke. Weder hier noch in der angrenzenden Wohnstube, in die er sie nun führte, lag ein Strohhälmchen herum, wie Rixende zu ihrem Erstaunen bemerkte – im Hause des Bayle wurde täglich frisches Stroh aufgeschüttet -, stattdessen bedeckten bunte Steinfliesen den Boden. Vier hohe, offenstehende, aber an eisernen Haken festgebundene Lanzettfenster erlaubten einen freien Blick auf die Stadt und ihre Türme. In der Mitte des Raumes stand ein großer Tisch, um den sich eine dreiteilige dunkle Bank mit geschnitzter Lehne zog. Dicke Polster mit bestem Tuch bezogen, luden zum Verweilen ein. Mächtige, jedoch mit feinen Einlegearbeiten verzierte dunkle Kästen bargen wohl die Besitztümer des Hausherrn. Die weißgekalkten Wände bedeckten edle Teppiche, kleinere Truhen in den Fensternischen waren mit goldenen Beschlägen versehen. Ein städtisches Haus, ein vornehmes Heim, dachte Rixende beeindruckt, alles war ganz anders als sie es gewohnt war. „Ich freue mich auch, hier zu sein“, stieß sie endlich hervor und lächelte den alten Mann an. Noch immer klopfte ihr Herz, ja sie meinte gar, dass es bald zerspringen müsste, denn jeden Augenblick konnte doch ihr Bräutigam vor ihr stehen. Weshalb hatte er sie nicht sofort begrüßt? Begutachtete er sie erst einmal aus dem Verborgenen heraus?
    Castel Fabri, dessen Bart ebenso mit Silberfäden durchzogen war wie sein schulterlanges Haar, beobachtete jede Regung der jungen Frau. Er erklärte voller Eifer: „Seht, meine Liebe, der große Kamin dort in der Ecke kann von zwei Seiten benutzt werden, einmal von hier aus, wo sich die Familie zum Mahl trifft, und dann von der Küche. Die warme Luft zieht durch senkrechte Schächte überdies in das obere Stockwerk, so dass im Winter das ganze Haus gut geheizt ist. Im Sommer wird natürlich nur der küchenseitige Kamin geschürt, während diese Seite kalt bleibt.“
    „Wie zweckmäßig“, meinte Rixende, aber sie fragte sich insgeheim, weshalb Castel Fabri redete und redete und nicht daran dachte, ihr seinen Sohn vorzustellen. Doch der Tuchhändler ließ sich von ihren fragenden Augen nicht aufhalten. Zielstrebig führte er seine zukünftige Schwiegertochter in die weiträumige Küche. Dort roch es nach Gebratenem. Eine junge Magd stand vor dem gemauerten Herd, auf dessen weit

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