Im Land der Katharerburgen : Leseproben & mehr (German Edition)
mit wertvollen Truhen und edlen Wandbehängen ausgestattet waren. Rixende stellte ihm bei dieser Gelegenheit die Muhme Mengarde vor, die bis zur Hochzeit in Carcassonne bleiben würde und bereits dabei war, die Kleider und persönlichen Gegenstände ihres Schützlings auszupacken. Rixendes Puppe – das zarte Gesichtchen aus Karneol geschnitzt – lag schon auf ihrem Bett. Es war das einzige Andenken, das sie an Montaillou hatte.
Als sie am späten Abend im Kerzenlicht das Siegel des Pergamentes erbrach, fiel ihr ein schmaler goldener Ring mit einem wunderschön geschliffenen glutroten Rubin entgegen. „ Liebe Rixende! Es tut mir aufrichtig leid, Euch nicht selbst in unserem Hause begrüßen zu können. Doch meine Reise nach Marseille war unaufschiebbar. Sicherlich hat mein Vater sein Bestes getan, damit Ihr Euch wohlfühlt am ersten Tag in der Fremde. Ich hoffe von ganzem Herzen, dass es für uns beide recht bald so kommen wird, wie ich kürzlich einen Troubadour habe singen hören:
Die Liebe, dacht ich, sei ein holder Scherz,
da sie zu lernen ich zuerst begann.
Nun wogt wie eine Feuersbrunst mein Herz,
die alle Flut des Meers nicht löschen kann.
Für immer der Eure
Aimeric Fabri“
Fakt oder Fiktion?
Ich nahm mir die schriftstellerische Freiheit, Castel Fabri mit Tuchen handeln zu lassen, obwohl dies nicht gesichert ist. Aber ich hatte gute Gründe dafür: Tuche spielten in Carcassonne vom Mittelalter bis noch ins 18. Jahrhundert eine herausragende Rolle . Vielleicht hat es ja so ausgesehen - im Kaufmannsgewölbe des Castel Fabri , als sich Rixende dort nach einem geeigneten Stoff für ihr Hochzeitskleid umsah:
Die DOMUS FABRI … Die Fabris waren tatsächlich um das Jahr 1300 eine angesehene, wohlhabende Familie in Carcassonne. Aimeric Fabri – Rixendes Bräutigam – hatte es zum Konsul gebracht. Belegt sind die Romreise, die er in Begleitung einiger Franziskaner unternahm (Anklage wegen Ketzerei) und ein Nachweis, dass die königliche Schatzkammer in den Jahren 1322/1323 noch immer ein Einkommen aus dem konfiszierten Vermögen der Fabris bezog.
Weitere Belege: 1338 war das konfiszierte Haus Gegenstand einer Reklamation durch einen gewissen Manse, der behauptete, König Philipp der Schöne habe das Anwesen seiner Gemahlin Johanna geschenkt und durch die Königin sei es auf ihn, Manse, gekommen. Die königlichen Beamten behaupteten dagegen, die Schenkung hätte nur für ihre Lebzeiten gegolten, und beschlagnahmten es aufs neue.
Dass der letzte bedeutende Kapetinger auf Frankreichs Thron, Philipp der Schöne , in ständiger Geldnot war, beweist u.a. die üble Zerschlagung des Templerordens - aber das ist eine andere Geschichte.
2. LESEPROBE, Kapitel 3
Zur gleichen Zeit, im runden Turm der Justiz, in dessen Gewölbe sich – an paarweise angebrachten Haken – die Säcke aus Tierhäuten befanden, in denen die Prozessunterlagen gegen die Häretiker aufbewahrt wurden: Der Inquisitor von Carcassonne und Albi, Nikolaus von Abbéville, ein großer, stämmiger Mann mittleren Alters, stürmte mit dem ersten Sonnenstrahl in die Zelle seines Schreibers. Nachdem er dort einige Zeit unruhig auf und ab geschritten war, fasste er einen – wie es sich bald herausstellen sollte – folgenschweren Entschluss. „Fébus, setzt einen Brief auf, an den Prior unseres Klosters zu Albi, Fulco von Saint-Georges:
Lieber Bruder im Herrn“, diktierte er, und in seiner Stimme lag Entschlossenheit. „Wie ich von Bischof Bernhard höre, nimmt die hartnäckige Missionstätigkeit der Katharer in Albi erneut geradezu beängstigende Ausmaße an. Neben einfachem Volk sollen inzwischen auch zahlreiche Konsuln und Händler infiziert sein. Der Erzketzer Authié ist noch immer nicht gefasst. Ich sende Euch aber in der Anlage eine Aufstellung derjenigen Männer namhaften Geschlechts oder Standes, deren Missetat als ´peccatum criminale` zu bezeichnen ist, die also offenbar mit ihm oder anderen Ketzern in Kontakt stehen, selbst heimlich häretisiert sind oder die Teuflischen, aus welchen Gründen auch immer, decken. Meine Gewährsmänner bürgen für die Richtigkeit der Anschuldigungen. Die Beschuldigten sollen auf der Stelle allesamt verhaftet und ohne Verzug in den Kerker von Carcassonne verbracht werden. Ihr, Fulco von Saint-Georges, seid mir für die Durchführung dieses Exempels verantwortlich. Damit die Jurisdiktion gewahrt bleibt, hat der Provinzial unseres Ordens Euch mit dem heutigen Tag zu meinem Verweser ernannt. Euer
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