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Im Land der tausend Sonnen

Titel: Im Land der tausend Sonnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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gnädiger Herr. Wie geht es Ihnen? Ah, Gott segne Sie, mein Herr. Wirklich eine schöne Nacht. Und ein günstiger Wind, meinen Sie nicht auch?«
            Er probte seinen Text, bis er ihn zu seiner Zufriedenheit beherrschte, dann stülpte er den schwarzen Hut auf den Kopf, zog ihn tief in die Stirn, um ernster und frommer zu wirken, und wagte sich hinaus, ein schüchterner, demütiger Vikar, der dringend des Rates erfahrener Reisender bedurfte.
             
            Als er in seine Kabine zurückkam, war er bestürzt. »Wir legen erst wieder an, wenn wir die Kanarischen Inseln erreicht haben. Und weißt du, wo die liegen? Vor der Küste Afrikas! Afrika! Was für eine verrückte Expedition ist das überhaupt? Wir segeln auf dem Weg dorthin an einem Dutzend Häfen vorbei. An französischen Häfen, spanischen Häfen, wo ich mich von Bord schleichen und in der Dunkelheit untertauchen könnte. Aber es heißt, wir legen nicht an. Nicht einmal, um Proviant aufzunehmen. Auf diesem Schiff sind unglaublich viele Menschen, und ich kann nur hoffen, dass für alle genug zu essen da ist.
            Ich bin rechtzeitig zum Mittagessen rausgekommen, das in einer Art lang gestrecktem Refektorium serviert wird. Jeder nimmt, was er kriegen kann, Kinder wuseln überall herum, und ihre Väter drängen und stoßen und greifen mit gierigen Händen nach jeder Platte, die aus der Küche gereicht wird, und die Frauen huschen geschäftig umher und versuchen, das System zu verstehen. Es war eine regelrechte Schlacht. Aber warte. Rate mal, wer am besten abgeschnitten hat? Ich! Höchstpersönlich. Siehst du … Gott schützt also doch die Schwachen. Denn ich habe mich tatsächlich auf die geforderte fromme Art zurückgehalten. Allerdings glaube ich eher, dass es mein Lutherrock war, der mir zum Vorteil gereichte.
            Sie machten Platz für den Vikar. Und wie sich alle um mich bemühten! So viel Spaß hatte ich nicht mehr seit dem Tag, als mein alter Herr vom Pferd fiel, eine Böschung herunterrutschte und ertrank. Eine Zeit lang war es schön, Waise zu sein. Das dauerte jedoch nicht lange; bald hatten mich alle vergessen, und mit zehn Jahren lag ich auf der Straße und musste mich allein durchschlagen. Aber hör zu, Friedrich, ich bin ganz sicher, dass die guten Zeiten dieses Mal von Dauer sind. Viele Passagiere fürchten sich maßlos vor dieser langen Reise, und sie werden sich hüten, einen Geistlichen zu beleidigen, jemanden, der auf direktem Wege bei Gott ein gutes Wort für sie einlegen kann.«
            Er lachte. »Ich habe die Situation ein bisschen forciert, als sie mich baten, das Tischgebet zu sprechen. Da habe ich sie an widrige Winde und aufgewühlte See, an Schiffbruch und Ertrinken erinnert … eine Dame fiel in Ohnmacht …, an alles, was sie erwarten mochte, sofern sie nicht auf den Herrn vertrauten. Es war komisch anzusehen. Ich habe dem Tumult ein Ende gemacht; nach meinem Gebet benahmen sich alle brav wie kleine Mäuse. Die Kellner, hier nennen sie sich Stewarts, konnten endlich ihrer Arbeit nachgehen. Sie waren sehr dankbar für mein Eingreifen. Und dann … ich verzehrte ein wenig Suppe, Schinken und Zunge, Sauerteigbrot und Bier. Abendbrot gibt es um neun, Kaffee und für jeden ein paar Brote. Ich werde da sein, es kostet schließlich nichts. Das Leben hier ist wohl doch gar nicht so übel. Ich glaube, bis dahin mache ich ein kleines Nickerchen.«
             
            Am nächsten Morgen machte er sich gründlich mit dem Schiff vertraut. Das übervölkerte Zwischendeck erinnerte ihn an die vielen schmutzigen Elendsviertel, die er im Lauf der Jahre erduldet hatte, und er kehrte ihm sehr schnell den Rücken. Zu seinem Erstaunen entdeckte er Hühnerställe, Schafe und Kühe in engen Pferchen, Vorratskammern mit Gemüse und Dörrfleisch und Fässer voll mit Grundnahrungsmitteln.
            »Wie auf der verdammten Arche«, brummte er säuerlich.
            Dann begann er den Aufstieg, missachtete die Schilder, die den Durchgang verboten, gelangte in die erste Klasse, wanderte, das Gebetbuch in der Hand, über die windigen Decks und bewunderte unter gesenkten Lidern hervor all die schönen Menschen, die ihm begegneten, die Eleganz der Deckstühle und Tische unter einem Segeltuchdach. Die Bewunderung wandelte sich zu Neid, als er ein paar Stufen unter Deck ging, um den unglaublichen Luxus der Lounges und Salons zu bestaunen, den diese Menschen genossen. Indem er

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