Im Land der weissen Rose
»Worauf Sie sich verlassen
können. Prächtige Tiere! Ich kann die Nachzucht mit meinen
Cheviots kaum erwarten!Aber wir sollten auch über die Hunde
sprechen! Nicht, dass wir in Neuseeland keine Sheepdogs hätten.Aber
ein Tier wie diese Hündin und dazu ein passender Rüde wären
mir einiges Geld wert.«
Gwyneira, die ihre Hündin anerkennend gestreichelt hatte,
hörte diese Bemerkung. Sogleich warf sie sich zornig herum und
funkelte den Neuseeländer an. »Wenn Sie meinen Hund kaufen
wollen, verhandeln Sie besser mit mir, Mr. Warden!Aber ich sag es
Ihnen gleich: Nicht für all Ihr Geld können Sie Cleo
bekommen. Die gehört zu mir! Ohne mich geht sie nirgendwohin.
Sie könnten sie auch gar nicht führen, denn sie hört
nicht auf jeden.«
Lord Silkham schüttelte missbilligend den Kopf. »Gwyneira,
wie benimmst du dich?«, fragte er streng. »Selbstverständlich
können wir Mr. Warden ein paar Hunde verkaufen. Es muss ja nicht
dein Liebling sein.« Er blickte Warden an. »Ich würde
Ihnen ohnehin zu ein paar Jungtieren aus dem letzten Wurf raten, Mr.
Warden. Cleo ist nicht der einzige Hund, mit dem wir Trials
gewinnen.«
Aber der beste, dachte Gerald. Und für Kiward Station war das
Beste gerade gut genug. In den Ställen und im Haus. Wenn
blaublütige Mädchen doch genauso einfach zu erwerben wären
wie Herdbuchschafe!Als die drei zurück zum Haus ritten,
schmiedete Warden bereits Pläne.
Gwyneira zog sich zum Abendessen sorgfältig um. Nach der
Sache mit Madame wollte sie nicht noch einmal auffallen. Ihre Mutter
hatte ihr eben schon die Hölle heiß gemacht. Dabei kannte
sie die Vorträge der Lady längst auswendig: Wenn sie sich
weiterhin so wild gebärdete und mehr Zeit in den Ställen
und auf dem Pferderücken verbrachte als in den Schulstunden,
fände sie nie einen Mann. Nun war es nicht zu leugnen, dass
Gwyneiras Französischkenntnisse zu wünschen übrig
ließen. Und das galt auch für ihre hausfraulichen
Fähigkeiten. Gwyneiras Handarbeiten sahen nie so aus, als könnte
man sein Heim damit schmücken – tatsächlich ließ
der Pfarrer sie vor den Kirchenbasaren sogar unauffällig
verschwinden, statt sie zum Verkauf anzubieten. Für die Planung
großer Festessen und ausführliche Besprechungen mit der
Köchin zu Fragen wie »Lachs oder Zander?« hatte das
Mädchen ebenfalls wenig Sinn. Gwyneira aß, was auf den
Tisch kam; welche Gabeln und Löffel sie zu welchem Gericht
benutzen sollte, wusste sie zwar, hielt das Ganze aber im Grunde für
Unsinn. Wozu die Tafel stundenlang schmücken, wenn dann in
wenigen Minuten alles aufgegessen war? Und dann die Sache mit den
Blumenarrangements! Seit einigen Monaten gehörte der
Blumenschmuck im Salon und im Esszimmer zu Gwyneiras
Obliegenheiten.Aber leider genügte ihr Geschmack meist nicht den
Ansprüchen – etwa, wenn sie Feldblumen pflückte und
auf die Vasen verteilte, wie es ihr gefiel. Sie fand das hübsch,
doch ihre Mutter wäre bei dem Anblick fast in Ohnmacht gefallen.
Erst recht, als sie auf den Gräsern auch noch eine versehentlich
mit eingeschleppte Spinne entdeckte. Seitdem schnitt Gwyneira die
Blumen unter Aufsicht des Gärtners im Rosengarten von Silkham
Manor und arrangierte sie mit Hilfe von Madame. Um diese lästige
Pflicht war das Mädchen heute allerdings herumgekommen. Die
Silkhams hatten nicht nur Gerald Warden zu Gast, sondern auch
Gwyneiras älteste Schwester Diana und deren Ehemann. Diana
liebte Blumen und beschäftigte sich seit ihrer Heirat fast
ausschließlich mit dem Anlegen des ausgefallensten und
gepflegtesten Rosengartens in ganz England. Heute hatte sie eine
Auswahl der schönsten Blüten für ihre Mutter
mitgebracht und auch gleich geschickt in Vasen und auf Körbe
verteilt. Gwyneira seufzte. So gut würde ihr das nie gelingen.
Falls Männer sich bei der Auswahl ihrer Gattin wirklich davon
leiten ließen, müsste sie wohl als alte Jungfer sterben.
Gwyneira hatte allerdings das Gefühl, als wäre der
Blumenschmuck sowohl ihrem Vater als auch Dianas Ehemann Jeffrey
herzlich egal.Auch Gwyneiras Stickereien hatte bislang noch kein
männliches Wesen – außer dem wenig begeisterten
Pfarrer – einen Blick gegönnt. Warum also konnte sie die
jungen Herren nicht lieber mit ihren wahren Begabungen beeindrucken?
Auf der Jagd zum
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