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Im Land der weissen Rose

Im Land der weissen Rose

Titel: Im Land der weissen Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah Lark
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Beispiel würde sie Bewunderung erregen:
Gwyneira verfolgte den Fuchs meist schneller und erfolgreicher als
die restliche Jagdgesellschaft. Das aber schien die Männer
ebenso wenig für sie einzunehmen wie ihr geschickter Umgang mit
den Hütehunden. Zwar äußerten die Herren sich
anerkennend, doch ihr Blick war oft ein wenig missbilligend, und beim
abendlichen Ball tanzten sie mit anderen Mädchen.Aber das konnte
ebenso gut mit Gwyneiras dürftiger Mitgift zusammenhängen.
Das Mädchen machte sich da keine Illusionen – als letzte
von drei Töchtern hatte sie nicht viel zu erwarten. Zumal auch
ihr Bruder dem Vater auf der Tasche lag. John Henry »studierte«
in London. Gwyneira fragte sich nur, welches Fach. Solange er noch
auf Silkham Manor lebte,hatte er den Wissenschaften nicht mehr
abgewinnen können als seine jüngere Schwester, und die
Rechnungen, die er aus London schickte, waren viel zu hoch, als dass
es sich allein um die Anschaffung von Büchern handeln konnte.
Ihr Vater bezahlte stets widerspruchslos und murmelte höchstens
etwas von »Hörner abstoßen«, doch Gwyneira war
sich klar darüber, dass das viele Geld von ihrer Mitgift abging.
    Trotz dieser Widrigkeiten machte sie sich keine allzu großen
Sorgen um ihre Zukunft. Vorerst ging es ihr gut, und irgendwann würde
ihre rührige Mutter auch einen Gatten für sie auftreiben.
Schon jetzt beschränkten die Abendeinladungen ihrer Eltern sich
fast ausschließlich auf befreundete Ehepaare, die rein zufällig
Söhne im passenden Alter hatten. Manchmal brachten sie die
jungen Männer gleich mit, häufiger erschienen allerdings
die Eltern allein, und noch öfter kamen nur die Mütter zum
Tee. Das hasste Gwyneira besonders,denn dabei wurden alle Fähigkeiten
abgeprüft, die Mädchen angeblich dringend brauchten, um
einem hochherrschaftlichen Haushalt vorzustehen. Man erwartete, dass
Gwyneira kunstvoll den Tee servierte – wobei sie einmal leider
Lady Bronsworth verbrüht hatte. Sie war erschrocken, als ihre
Mutter ausgerechnet während dieser schwierigen Transaktion die
faustdicke Lüge auftischte, Gwyneira hätte die Teekuchen
selbst gebacken.
    Nach dem Tee griff man zum Stickrahmen, wobei Lady Silkham
Gwyneira sicherheitshalber ihren eigenen zusteckte, auf dem das
Petit-Point-Kunstwerk fast vollendet war, und unterhielt sich dabei
über das letzte Buch von Mr. Bulwer-Lytton. Für Gwyneira
war diese Lektüre eher ein Schlafmittel; sie hatte es noch nie
geschafft, auch nur einen dieser Schinken zu Ende zu lesen. Immerhin
kannte sie ein paar Wörter wie »erbaulich« und
»erhabene Ausdruckskraft«, die man in diesem Zusammenhang
immer wieder anbringen konnte.Außerdem sprachen die Damen
natürlich über Gwyneiras Schwestern und ihre wundervollen
Ehemänner, wobei sie angelegentlich die Hoffnung äußerten,
dass bald auch Gwyneira mit einer ähnlich guten Partie gesegnet
würde. Gwyneira selbst wusste nicht, ob sie sich das wünschte.
Sie fand ihre Schwäger langweilig,und Dianas Gatte war fast alt
genug, um ihr Vater zu sein. Man munkelte, dass die Ehe vielleicht
deshalb noch nicht mit Kindern gesegnet war, wobei Gwyneira die
Zusammenhänge hier nicht ganz klarwaren. Allerdings musterte man
ja auch ältere Zuchtschafe aus... Sie kicherte, als sie Dianas
gestrengen Gatten Jeffrey mit dem Widder Cesar verglich, den ihr
Vater gerade widerwillig aus der Zucht genommen hatte.
    Und dann Larissas Ehemann Julius! Der stammte zwar aus einer der
besten Adelsfamilien, war aber schrecklich farblos und blutleer.
Gwyneira erinnerte sich, dass ihr Vater nach dem ersten Kennenlernen
verstohlen etwas von »Inzucht« gemurmelt hatte. Immerhin
hatten Julius und Larissa bereits einen Sohn – der aber auch
schon wie ein Gespenst aussah. Nein, das alles waren nicht die
Männer, von denen Gwyneira träumte. Ob das Angebot in
Ãœbersee wohl besser war? Dieser Gerald Warden machte einen ganz
lebhaften Eindruck, obwohl er natürlich zu alt für sie war.
Aber er kannte sich immerhin mit Pferden aus, und er hatte ihr nicht
das Angebot gemacht, ihr in den Sattel zu helfen. Ritten Frauen in
Neuseeland vielleicht ungestraft im Herrensitz? Gwyneira ertappte
sich manchmal beim Träumen über den Romanheftchen der
Dienstboten. Wie es wohl sein mochte, mit einem der schneidigen
amerikanischen Cowboys um die Wette zur reiten? Ihm

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