Im Land Der Weissen Wolke
zu können. Um Gerald, Lucas und Paul.
»Nein!« Die Stimme war leise, aber durchdringend. Eine singende Stimme, die Stimme der geborenen Erzählerin und Sängerin.
Hinter Tonga teilte sich die Gruppe seiner Krieger, um Marama Platz zu machen. Das Mädchen schritt gelassen zwischen ihnen hindurch.
Marama war nicht tätowiert, hatte sich heute aber die Zeichen ihres Stammes auf die Haut gemalt: Sie zierten ihr Kinn und die Haut zwischen Mund und Nase und ließen ihr schmales Gesicht wie eine der Göttermasken wirken, die Gwyn aus Matahoruas Haus kannte. Marama hatte ihr Haar hochgebunden, wie erwachsene Frauen es tun, wenn sie sich zu Festen schmücken. Ihr Oberkörper war nackt, doch sie trug ein Tuch um die Schultern und einen weißen, weiten Rock, den Gwyneira ihr einst geschenkt hatte.
»Wage es nicht, mich deine Frau zu nennen, Tonga! Ich habe dir niemals beigelegen und werde es auch niemals tun. Ich war und bin Paul Wardens Frau. Und dies hier war und ist Paul Wardens Land!« Marama hatte bislang Englisch gesprochen; jetzt wechselte sie in ihre eigene Sprache. Keiner in Tongas Gefolge sollte sie missverstehen. Doch sie sprach zugleich langsam genug, dass Gwyneira und James möglichst kein Wort entging. Jeder auf Kiward Station sollte wissen, was Marama Warden zu sagen hatte.
»Dies ist Land der Wardens, aber auch der Kai Tahu. Und nun wird es ein Kind geben, mit einer Mutter vom Stamme derer, die mit dem Kanu uruao nach Aotearoa kamen. Und mit einem Vater vom Stamme der Wardens. Paul hat mir nie gesagt, welches Kanu die Ahnen seines Vaters fuhren, doch von den Ahnen der Kai Tahu wurde unsere Verbindung gesegnet. Die Mütter und Väter von der uruao werden das Kind willkommen heißen. Und dies wird sein Land sein.«
Die junge Frau legte die Hände auf ihren Leib und hob die Arme dann zu einer alles umfassenden Geste, als wollte sie das Land und die Berge umarmen.
In den Reihen der Krieger hinter Tonga erhoben sich Stimmen. Beifällige Stimmen. Niemand würde Maramas Kind die Farm streitig machen – erst recht nicht, wenn das ganze Land von O’Keefe Station zurück an die Maori-Stämme fiel.
Gwyneira lächelte und sammelte sich zu einer Entgegnung. Ihr war ein wenig schwindelig, vor allem aber fühlte sie sich erleichtert; nun hoffte sie, dass sie die richtigen Worte wählte und sie auch richtig aussprach. Es war ihre erste Rede in Maori, die weit über alltägliche Dinge hinausging, und sie wollte, dass jeder sie verstand:
»Dein Kind ist vom Stamme derer, die mit der Dublin nach Aotearoa kamen. Auch der Familie seines Vaters wird dieses Kind willkommen sein. Als Erbe dieser Farm, die man Kiward Station nennt, im Lande der Kai Tahu.«
Gwyneira versuchte, Maramas Geste von eben nachzuahmen, doch in ihrem Fall waren es Marama und ihr ungeborener Enkel, die sie in die Arme schloss.
Danksagungen
Vielen Dank an meine Lektorin Melanie Blank-Schröder, die gleich an diesen Roman glaubte, und vor allem an meinen genialen Agenten Bastian Schlück.
Danke an Heike, die mir den Kontakt zu Pawhiri vermittelte, und an Pawhiri und Sigrid, die mir unendlich viele Fragen zur Maori-Kultur beantworteten. Wenn sich in meinen Schilderungen trotzdem Fehler eingeschlichen haben, gehen sie allein auf mein Konto.
Vielen Dank an Klara für viele Fachinformationen über Wollqualität und Schafrassen, Hilfe bei den Internetrecherchen rund um Neuseeland-Auswanderer im 19. Jahrhundert und qualifiziertes »Testlesen«.
Dann danke ich natürlich noch den Cobs, die mir immer wieder »den Kopf freigaloppierten« – und Cleo für tausend anbetende Collie-Lächeln.
Sarah Lark
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