Im Namen der Engel: Die überirdischen Fälle der Bree Winston 1 (German Edition)
und bombardierte ihn mit Fragen. »Ihre Aussage gegenüber der Polizei … dass Sie Skinner mittags noch lebend an Bord der Sea Mew gesehen hätten … war das eine Lüge?«
Fairchild holte sein Taschentuch heraus und tupfte sich den Schweiß von der Stirn. »Ich verweigere die Aussage, Hunter. Wenn Sie mit mir reden wollen, müssen Sie zuerst mit John Stubblefield reden.« Er strich sich nervös mit der Hand über die Krawatte. »Wollen Sie mich jetzt verhaften?«
Trampelnde Schritte näherten sich der Garage und kündigten die Ankunft der Leute von der Spurensicherung an. Hunter drehte sich um, um seinen Kollegen entgegenzugehen. Über die Schulter sagte er: »Noch nicht, Mr. Fairchild. Aber halten Sie sich bitte zu unserer Verfügung.«
Nachdem er Bree einen finsteren Blick zugeworfen hatte, eilte Fairchild die Rampe hoch. Kurz darauf hörte sie, wie der Motor seines Mercedes ansprang.
Sie klopfte sich gegen die Manteltasche, um sich zu vergewissern, dass die Röhre noch da war. Dann lehnte sie sich gegen die Wand, um auf Hunters Rückkehr zu warten.
Denn du bist deiner Mutter Spiegel,
Und in dir find’t sie den Zauber ihrer Jugend wieder.
Shakespeare, Sonett 3
»Ich habe ein paar Farbproben mitgebracht. Nur für den Fall, dass du doch noch vorhast, alles neu zu streichen«, sagte Brees Mutter. Francesca Winston-Beaufort war eine lebhafte rundliche Frau und unterschied sich von ihrer ältesten Tochter wie eine Rose von einer Lilie. Brees Vater hatte schon unzählige Male erzählt, wie sie sich damals in der Mensa der Duke University kennengelernt hatten; zunächst hatte er nur ihr kupferfarbenes Haar wahrgenommen und sich in dieses Haar verliebt, noch bevor er sie von Angesicht zu Angesicht sah. Sie hatte sanfte graue Augen, einen rosigen Teint und einen Charme, der wie ein Springbrunnen sprudelte. »Ist das nicht clever? Das hat deine Tante Cissy für uns gemacht. Es ist eine Skizze des Wohnzimmers, auf die man dann die Farbfolien legen kann.« Sie breitete ein mit dunkelgrünen Flächen versehenes Zellophanblatt über die am Computer erstellte Zeichnung des Wohnzimmers. Auf der Folie waren freie Stellen für die Möbel und den Kamin ausgespart, sodass die Farbflächen genau die Wände abdeckten. Sie legte eine Folie mit roten Farbflächen darüber, worauf die Wände sich purpurn färbten.
»Von deinem Büro kann sie auch eine Skizze machen, Liebling. Ich würde das alles zu gern ein bisschen für dich herrichten.«
Bree legte die Folie auf die Zeichnung und entfernte sie wieder. Das Zimmer präsentierte sich mal so, mal so, je nachdem, welche Folie man wählte. Sie stellte sich eine Karte der Altstadt von Savannah vor, auf der die vierundzwanzig von Oglethorpe angelegten Plätze eingezeichnet waren. Dann wurden die Extrafolien, die Gabriel Strikers Büro, die Kanzlei von Beaufort & Com pagnie sowie Georgias einzigen Mörderfriedhof anzeigten, darauf gelegt … aber von wem?
»Macht dieser schlimme Fall dir sehr zu schaffen, Bree?« Ihr Vater ließ sich im Ledersessel neben dem Sofa nieder und kraulte Sascha die Ohren. »Nicht ganz einfach, mit so was anzufangen, wenn man in der Kanzlei solo ist.«
Bree zog die Beine an und schlug die Füße unter. Ihre Eltern waren zu früh am Nachmittag eingetroffen, sodass sie das Büro hatte verlassen müssen, um sie zu begrüßen. Ronald war gerade eifrig damit beschäftigt gewesen, die Einstandsfeier vorzubereiten. Petru stellte Recherchen über die Finanzierung von Island Dream an. Lavinia war unten kurz mit einem Bandmaß aufgetaucht und hatte wissen wollen, wie groß Bree sei.
»Jetzt kannst du den Fall ja wohl abschließen, oder?«, fuhr ihr Vater fort. »Dein Auftrag bestand doch allein darin nachzuweisen, dass Skinner ermordet wurde, nicht wahr?«
Bree nickte. »Sam Hunter hat mich heute Vormittag angerufen. Schon bei den ersten Untersuchungen hat man an der Röhre und am Schlauch menschliches Gewebe, Blut und Speichel festgestellt.« Sie trank einen Schluck Eistee. »Ich bin mir sicher, dass das alles von Skinner stammt. Lieutenant Hunter ist ebenfalls davon überzeugt.«
»Hast du deiner Klientin schon Bescheid gesagt?«
Bree lächelte. »Aber ja.« Sie hatte gehofft, Liz Overshaw damit zu beeindrucken. Liz hatte ihr zugehört und ein zustimmendes Brummen von sich gegeben, als Bree ihr anbot, ihr eine Aufstellung ihrer zeitlichen und sonstigen Aufwendungen zu schicken. Dann hatte Liz gesagt: »Ich habe es schon gestern Abend gewusst, wissen
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