Im Namen der Engel
Abgesehen von meinen kleinen Trips.«
»Was für kleine Trips?«
»Ich sehe zu, jedes Jahr nach Italien zu fahren. Meine Familie kam ursprünglich von dort, wissen Sie, aber das ist viele, viele Jahre her.«
»Verstehe.«
»Suchen Sie denn aus irgendeinem Grund nach einem Ausländer? Da würden meine Trips nach Italien, glaube ich, schon ins Gewicht fallen.«
»O nein, nein.« Bree merkte, wie sie ins Stottern geriet. »Vergessen Sie einfach, dass ich was vom Ausland gesagt habe. Hören Sie, ich würde gern erst Ihren Lebenslauf lesen. Möchten Sie währenddessen eine Tasse Kaffee?«
»Um den Kaffee kann ich mich selbst kümmern«, sagte er und stand eilig auf. »Was für eine Kaffeemaschine haben Sie?«
»Nur eine Mr. Coffee. Aber der Kaffee ist von Starbucks.«
»Ts, ts. Die taugt nichts. Da sollten wir uns überlegen, eine bessere zu besorgen. Mal sehen, was ich jetzt tun kann.«
Ronald ging in Richtung Küche, gefolgt von Sascha, der sofort an ihm Gefallen gefunden hatte. Bree überflog seinen Lebenslauf. Seine Textverarbeitungskenntnisse waren sensationell. Am Chatham County Community College hatte er einen juristischen Grundkurs absolviert – und an einer örtlichen Fachschule eine zweijährige Ausbildung zur Bürofachkraft. Und sie mochte ihn. »Ihre Zöpfe«, hatte er gesagt, nachdem sie sich die Hand geschüttelt und Platz genommen hatten, »sind ein Geniestreich. Auf wessen Konto gehen sie?«
Auf dem Papier war Ronald Parchese ein netter, durch und durch amerikanischer Junge. Sie hatte Petru angestellt. Sie hatte eigentlich keine andere Wahl gehabt. Auf geheimnisvolle Weise fand auf einer schwer zugänglichen Ebene ihres Bewusstseins ein Klassifizierungsprozess statt, und Petru war unumgänglich, genau so wie Mrs. Mather und die sechzigbändige Ausgabe des Corpus Juris Ultimum , die sich in ihrer Küche stapelte, unumgänglich waren.
Sie wollte aber jemanden, der NICHT unumgänglich war. Jemanden wie Ronald, der keinen Schimmer hatte von all den Dingen, die sich wie ein seidenes Netz um sie zusammenzogen. Zum Beispiel hatte er das Gemälde nicht einmal eines Blickes gewürdigt. Zumindest hatte er kein Wort darüber verloren.
Also warum nicht zwei Assistenten? Einen für die Skinner-Sache – worum auch immer es dabei gehen mochte – und einen für die Brianna Winston-Beaufort, die eine normale Kanzlei betreiben würde, nachdem der bizarre Fall Skinner vorüber war.
Der Vorschuss von Liz Overshaw würde es ihr ermöglichen, alle Unkosten zu decken; und sie hatte, bevor sie nach Savannah gezogen war, genug gespart, um sich sechs Monate lang einen Assistenten leisten zu können. Allerdings waren in ihrem Budget nicht zwei Assistenten vorgesehen gewesen. Sie würde nicht einmal genug Arbeit für zwei haben, bevor ihre Auftragslage besser wurde. Falls das je eintrat.
Ronald kam mit einem Tablett zurück, das er auf der Truhe abstellte. Er warf einen gleichgültigen Blick auf die Schlagzeile über Huey’s, reichte Bree eine Tasse Kaffee und machte es sich mit seiner Tasse auf dem Ledersofa gemütlich. »Was meinen Sie? Sind meine Qualifikationen okay?«
»Ich würde Sie gern einstellen«, gab Bree unverzüglich zurück. »Aber ich bin mir nicht sicher, ob Sie sich hier wohlfühlen würden.«
Er errötete vor Zorn. »Wenn es daran liegt, dass ich mit einem Mann zusammenlebe …«
»Natürlich nicht«, erwiderte Bree entrüstet. »Sehe ich vielleicht wie eine Spießerin aus?«
»Es würde Sie überraschen, wie verschieden Spießer aussehen«, entgegnete er in scharfem Ton.
»Schon möglich. Aber sie sehen nicht aus wie ich. Oder wie meine Schwester«, fügte sie hinzu.
Ronalds Gesichtsfarbe normalisierte sich wieder, und das Beben verschwand aus seiner Stimme. »Arbeitet Ihre Schwester auch hier?«
»Gott, nein! Aber sie wohnt bei mir und springt dauernd in der Gegend rum. Sie ist wie ein Tennisball, der durchs Zimmer hüpft. Ständig stolpert man über sie. Es kann gar nicht ausbleiben, dass sie mehrmals in der Woche hier reinplatzt.«
Ronalds Augen funkelten vergnügt. »Ich weiß genau, was Sie meinen! Sie lieben sie, aber sie geht einem ziemlich auf die Nerven.«
»So ist es.« Bree stellte ihre Tasse ab und seufzte. »Der Grund, warum ich mir nicht sicher bin, ob es Ihnen hier gefallen würde, ist der, dass Sie zu normal sind. Ich kann Ihnen gar nicht sagen«, fügte sie eindringlich hinzu, »wie sehr ich mir wünsche, hier jeden Tag jemanden vorzufinden, der so normal ist wie
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