Im Namen der Engel
Sie.«
»Könnten Sie nicht mal meine Mutter anrufen und ihr das sagen?«, murmelte Ronald. »Und inwiefern bin ich so normal?«
»Das werde ich Ihnen gleich erklären. Aber erst möchte ich Sie noch etwas fragen.« Bree beugte sich lächelnd vor. »Haben Sie dieses Bild über dem Kamin schon bemerkt?«
»Aber sicher!«, erwiderte Ronald. »Ich wollte bloß nichts dazu sagen. Um ehrlich zu sein, Bree, das ist einfach grässlich. Wie konnten Sie nur!«
»Ha!«, sagte Bree. »Dachte ich’s mir doch! Bitte, bitte, bitte arbeiten Sie für mich! Das Erste , was wir tun werden, ist, dieses entsetzliche Ding loszuwerden. Das scheine ich ganz allein nämlich nicht zu schaffen.«
Ronald senkte seine Kaffeetasse und sah Bree bestürzt an. »Nun, meine Liebe, natürlich schaffen Sie das nicht. Das ist eine der Kopien vom Aufstieg des Kormorans .«
Aus den Ecken des Zimmers wehte ein leichter Wind heran und zerzauste ihm die Haare. Bree hätte am liebsten geschrien oder sich vor lauter Verzweiflung selber eine Ohrfeige gegeben.
Stattdessen bot sie Ronald Parchese ein erbärmlich niedriges Gehalt an, das sie zu erhöhen versprach, sobald sie dazu in der Lage war.
Fang am Anfang an … mach weiter, bis du zum Ende kommst;
dann hör auf.
Lewis Carroll, Alice im Wunderland
»Wurde Benjamin Skinner ermordet?«, fragte Bree ihre neuen Angestellten. Sie saß am Kopfende des dreieinhalb Meter langen Tisches im Sitzungszimmer. Links von ihr hatte Ronald Parchese Platz genommen, rechts von ihr Petru. Sascha saß in der Ecke. Mrs. Mather hockte auf einem Stuhl am anderen Ende des Tisches, in der einen Hand ein Staubtuch, in der anderen eine Flasche Möbelpolitur. (Saubermachen war in der Miete eingeschlossen, hatte sie der skeptischen Bree mitgeteilt. Bree hingegen glaubte, dass Lavinia einfach nur neugierig war.) »Diese Frage steht im Mittelpunkt des Falls. Unsere Klientin Liz Overshaw ist davon überzeugt, dass er ermordet wurde. Unsere Aufgabe besteht darin, die Wahrheit herauszufinden.«
»Wie aufregend«, murmelte Ronald. »Ich seh mir zwar im Fernsehen Krimis an, aber das ist auch schon so in etwa alles, was ich über solche Nachforschungen weiß.«
»Ich dachte, dieserr Skinner sei von einem Boot gefallen und ertrrunken«, sagte Petru. Bree rieb sich die Stirn. »Ja. Ich weiß. Vielleicht wurde er ja gestoßen? Keine Ahnung.«
»Wenn er gestoßen wurde, muss es der Sohn gewesen sein«, warf Lavinia ein. »Denn der war auf dem Boot, von dem er gefallen ist. Eine Schande, so was. Dass ein Kind seinen eigenen Pa tötet.«
»Liz glaubt aber nicht, dass es der Sohn war. Beziehungsweise sie nimmt an, dass der Mörder unter vier bestimmten Personen zu suchen ist«, erklärte Bree.
»War denn sonst noch jemand auf dem Boot?«, fragte Ron.
»Nicht dass ich wüsste. Wir müssen folgende vier Personen überprüfen.« Bree warf einen Blick auf ihre Notizen. »Douglas Fairchild, Carlton Montifiore, John Stubblefield und Chastity McFarland.«
»Eijeijei«, meinte Lavinia. »Da sind aber ein paar bedeutende Namen drunter.«
Bree nickte bedrückt. Sie griff auf die ausführlichen Aufzeichnungen zurück, die sie sich bei einer ersten Internetrecherche über Skinner gemacht hatte. »Ja. Douglas Fairchild ist hier in Savannah ein prominenter Investor und war an vielen von Skinners lokalen Projekten beteiligt. Zum Beispiel an diesem Wohnblock namens Island Dream. John Stubblefield ist der Seniorpartner von einer der prominentesten Rechtsanwaltskanzleien in Georgia. Sie vertreten Skinner und seine Familie.« Sie machte eine Pause. »Man hat mir bereits zu verstehen gegeben, dass ich die Finger von diesem Typ lassen soll, sodass ich mich frage, ob an Liz’ Verdacht nicht was dran ist. Wie dem auch sei … Carlton Montifiore ist ein hiesiger Bauunternehmer. Er hat hier in Georgia zahlreiche Gebäude für Skinner errichtet, darunter auch Island Dream. Und Chastity McFarland ist … oder eher war Ben Skinners Geliebte.«
»Meistens war es die Ehefrau«, stellte Lavinia fest. »Hatte dieser Ben eine Ehefrau? Olivia hat damals Josiah auch übel mitgespielt. Deswegen hat Josiah was gegen Frauen. Vor dem müssen Sie sich in Acht nehmen, Bree.«
Es dauerte eine Weile, bis Bree klar wurde, dass Lavinia von den Leichen sprach, die draußen auf dem Friedhof begraben waren.
»Er war Witwer«, sagte Bree. »Skinner, meine ich.«
»War von diesen Verdächtigen jemand auf dem Boot?«, fragte Lavinia.
»Nein«, erwiderte Bree.
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