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Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Titel: Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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verdrehte die Augen und rutschte auf seinem Stuhl hin und her. Dann schraubte er die Weinflasche auf. »Wein mit Schraubverschluss, Santal. Sag nur nicht, die moderne Welt hätte nicht auch ihr Gutes.«
    Doch sie sagte überhaupt nichts. Siobhan wusste nicht, warum sie eine spontane Abneigung gegen diese Fremde verspürte, außer dass Santal genau das war: eine Fremde. Siobhan hatte sich ein bisschen Zeit mit ihrer Mum und ihrem Dad gewünscht. Nur sie drei allein.
    »Santal hat den Platz gleich neben uns«, erklärte Eve. »Wir brauchten etwas Hilfe mit dem Zelt …«
    Ihr Mann lachte plötzlich laut auf, während er sich selbst nachschenkte. »Ist ja schon eine Weile her, seit wir das letzte Mal zelten waren«, ergänzte er.
    »Das Zelt sieht neu aus«, bemerkte Siobhan.
    »Von Nachbarn ausgeliehen«, erklärte ihre Mutter. Santal stand auf. »Ich gehe jetzt mal …«
    »Unseretwegen nicht«, protestierte Teddy Clarke.
    »Einige von uns wollen noch in einen Pub gehen …«
    »Ihre Kamera gefällt mir«, sagte Siobhan.
    Santal schaute an sich hinunter. »Wenn einer von den Bullen mich fotografiert, will ich auch sein Foto haben. Ist doch nur recht und billig, oder?« Ihr stechender Blick verlangte förmlich Zustimmung.
    Siobhan drehte sich zu ihrem Vater um. »Ihr habt ihr erzählt, was ich mache«, konstatierte sie ruhig.
    »Schämen Sie sich nicht?« Santal spuckte diese Worte förmlich aus.
    »Ganz im Gegenteil, um ehrlich zu sein.« Siobhans Blick wanderte vom Vater zur Mutter. Ihre Eltern schienen sich plötzlich beide auf den Wein vor ihnen zu konzentrieren. Als sie sich wieder Santal zuwandte, hielt die Frau die Kamera auf sie gerichtet.
    »Eins fürs Familienalbum«, sagte Santal. »Ich schicke Ihnen ein Jpeg.«
    »Danke«, erwiderte Siobhan betont kühl. »Merkwürdiger Name, Santal, oder?«
    »Bedeutet Sandelholz«, erklärte Eve Clarke.
    »Wenigstens können die Leute ihn aussprechen«, fügte Santal hinzu.
    Teddy Clarke lachte. »Ich habe Santal eben erzählt, dass wir dir einen Namen aufgehalst haben, den unten im Süden niemand aussprechen konnte.«
    »Sonst noch irgendwas über unsere Familie ausgeplaudert?«, fauchte Siobhan. »Irgendwelche peinlichen Geschichten, von denen ich wissen sollte?«
    »Ganz schön empfindlich, wie?«, raunte Santal Siobhans Mutter zu.
    »Weißt du«, räumte Eve Clarke ein, »wir wollten eigentlich nie, dass sie -«
    »Mum, Herrgott noch mal!«, unterbrach Siobhan ihre Mutter. Aber ihre weitere Beschwerde wurde durch Geräusche aus Richtung Zaun unterbrochen. Sie sah Wachen auf diese Stelle zulaufen. Draußen standen Jugendliche, die die Hände zum Hitlergruß hoben. Sie trugen die üblichen dunklen Kapuzenpullover und verlangten von den Wachen, »diesen ganzen Hippie-Abschaum« rauszuschicken.
    »Die Revolution fängt hier an!«, schrie einer von ihnen. »An die Wand mit euch, ihr Wichser!«
    »Erbärmlich«, zischte Siobhans Mutter.
    Doch dann flogen die ersten Gegenstände durch den sich verdunkelnden Himmel.
    »Runter!«, rief Siobhan warnend, während sie ihre Mutter ins Zelt schob, ohne genau zu wissen, welchen Schutz es gegen anfliegende Steine und Flaschen bieten würde. Ihr Vater hatte ein paar Schritte auf die Unruhestifter zu getan, wurde aber von ihr zurückgeholt. Santal wich nicht von der Stelle, die Kamera auf die Jugendlichen gerichtet.
    »Ihr seid doch nur ein Haufen Touristen!«, brüllte einer der Einheimischen. »Verschwindet auf den Rikschas, die euch hergebracht haben!«
    Lautes Gelächter; Buhrufe und eindeutige Gesten. Wenn die Hippies nicht rauskämen, wollten sie die Wachmänner. Aber die waren nicht so dumm. Stattdessen forderte Siobhans Freund über Funk Verstärkung an. Eine solche Spannung konnte sich innerhalb kürzester Zeit auflösen oder in einen regelrechten Krieg ausarten. Der Sicherheitsbeamte bemerkte, dass sie neben ihm stand.
    »Keine Sorge«, sagte er. »Sie sind ja bestimmt versichert …«
    Sie brauchte eine Sekunde, um zu kapieren, was er meinte. »Mein Auto!«, rief sie und war schon auf dem Weg zum Tor. Musste sich an zwei weiteren Wachmännern vorbeidrängen. Rannte hinaus auf die Straße. Ihre Motorhaube war verbeult und zerkratzt, die Heckscheibe zerbrochen. Auf eine der Türen hatte jemand NYT gesprayt.
    Niddrie Young Team.
    Da standen sie in einer Reihe nebeneinander und lachten sie aus. Einer von ihnen hielt sein Handy hoch, um sie zu fotografieren.
    »Mach so viele Fotos, wie du willst«, sagte sie. »Damit bist du noch

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