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Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead

Titel: Im Namen der Toten - Rankin, I: Im Namen der Toten - The Naming of the Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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klingelte das Telefon; Rebus ignorierte es. Falls es dringend war, würden sie es auf Starrs Handy versuchen. Wenn es vom Tresen im Wachraum durchgestellt wurde … na, sie wussten ja, dass Rebus hier oben war. Konnte sein, dass sie ihn aufziehen wollten, indem sie sich, falls er abnähme, entschuldigten und behaupteten, sie hätten eigentlich DI Starr sprechen wollen. Rebus kannte seinen Platz in der Nahrungskette: irgendwo ganz unten zwischen dem Plankton, als Preis für jahrelange Aufsässigkeit und kompromissloses Verhalten. Dass die ganze Zeit über auch Ergebnisse erzielt worden waren, spielte keine Rolle: Für die hohen Tiere zählte heute lediglich, wie man zu einem Ergebnis kam; es ging nur noch um Effizienz und Verantwortlichkeit, öffentliche Wahrnehmung, strenge Regeln und Protokolle – in Rebus’ Übersetzung: Alle wollten sich nur noch absichern.
    Er blieb bei einem Ordner mit Fotos stehen. Manche hatte er bereits herausgenommen und auf der Schreibtischplatte ausgebreitet. Jetzt blätterte er die anderen durch. Cyril Colliars öffentliche Geschichte: Zeitungsausschnitte, von Familie und Freunden aufgenommene Polaroidbilder, die offiziellen Fotos von seiner Festnahme und Gerichtsverhandlung. Irgendjemand hatte sogar während seiner Haftzeit ein unscharfes Foto von ihm geschossen, auf dem er, die Arme hinter dem Kopf verschränkt, auf seiner Pritsche lag und fernsah und somit der Sensationspresse eine Titelseite bescherte: Könnte Sexbestie es noch gemütlicher haben?
    Jetzt nicht mehr.
    Nächster Schreibtisch: Einzelheiten über die Familie des Vergewaltigungsopfers. Den Namen des damals achtzehnjährigen Mädchens hatte man vor der Öffentlichkeit geheim gehalten. Sie hieß Victoria Jensen, im engsten Kreis Vicky. Von einem Nachtklub aus war sie verfolgt worden … verfolgt, als sie mit zwei Freunden zur Bushaltestelle ging. Nachtbus: Colliar hatte sich einen Platz ein paar Reihen hinter den dreien gesucht. Vicky stieg allein aus. Kaum mehr als hundert Meter von ihrem Elternhaus entfernt hatte er zugeschlagen, ihr den Mund zugehalten und sie in eine schmale Gasse gezerrt …
    Bilder von Videoüberwachungskameras zeigten ihn, wie er unmittelbar nach ihr den Klub verließ. Wie er in den Bus einstieg und sich setzte. Eine DNA-Entnahme nach der Tat hatte sein Schicksal besiegelt. Einige seiner Kumpane hatten der Gerichtsverhandlung beigewohnt und Drohungen gegen die Familie des Opfers ausgestoßen. Anklagen wurden nicht erhoben.
    Vickys Vater war Tierarzt; seine Frau arbeitete bei Standard Life. Rebus selbst hatte der Familie in ihrem Haus in Leith die Nachricht von Cyril Colliars Ableben überbracht.
    »Danke für die Mitteilung«, hatte der Vater gesagt. »Ich werde es Vicky weitergeben.«
    »Sie haben mich missverstanden, Sir«, hatte Rebus geantwortet. »Ich muss Ihnen ein paar Fragen stellen …«
    Haben Sie es getan?
    Haben Sie jemanden angeheuert, um es für Sie zu tun?
    Kennen Sie jemanden, der dazu gezwungen worden sein könnte?
    Tierärzte hatten Zugang zu Drogen. Vielleicht nicht zu Heroin, aber zu anderen Drogen, die gegen Heroin eingetauscht werden konnten. Dealer verkauften Ketamin an Clubber – darauf hatte Starr selbst hingewiesen. Tierärzte benutzten es zur Behandlung von Pferden. Vicky war in einer Gasse vergewaltigt, Colliar in einer Gasse getötet worden. Thomas Jensen hatte sich aufs Heftigste gegen diese Andeutungen zur Wehr gesetzt.
    »Wollen Sie damit sagen, Sie hätten nie daran gedacht, Sir? Nie irgendeine Art von Rache geplant?«
    Natürlich habe er das: Bilder von Colliar, wie er in einer Zelle verrottete oder in der Hölle verbrannte. »Aber das passiert nicht, Inspector, oder? Nicht in dieser Welt …« Auch Vickys Freunde waren vernommen worden, keiner von ihnen gab irgendetwas zu.
    Rebus trat an den nächsten Tisch. Aus Fotos und Vernehmungsprotokollen starrte ihm Morris Gerald Cafferty entgegen. Rebus hatte Macrae ziemlich bearbeiten müssen, bevor der ihn auch nur in Caffertys Nähe ließ. Man war der Ansicht, ihre gemeinsame Geschichte reiche zu tief. Für manche galten sie als Feinde; andere fanden, dass die beiden einander zu ähnlich … und viel zu vertraut miteinander waren. Starr hatte seine Bedenken in Anwesenheit von Rebus und DCI Macrae geäußert. Dass Rebus aus der Haut gefahren war und versucht hatte, seinem DI-Kollegen an den Kragen zu gehen, hatte Macrae später als »noch ein Eigentor, John« gewertet.
    Cafferty war geschickt und hatte seine Finger in

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