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Im Namen des Kreuzes

Im Namen des Kreuzes

Titel: Im Namen des Kreuzes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Probst
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neuen Herzen aus ihm wurde. Wenn das gelang, bekam man eine dunkelblaue Uniform mit einem eingestickten »M« an der Brusttasche und wurde in den anderen Trakt verlegt. Die Jungs dort waren immer sauber und ordentlich und mussten nicht mehr in die Werkstatt. Sie wohnten mit den Mönchen zusammen und bekamen richtigen Schulunterricht. Am Ende waren sie ganz bekehrt und durften nach Italien oder sogar Südamerika. Das war aber vielleicht ein Märchen, damit man ein Ziel hatte und hart an sich arbeitete.
     
    Heute hatte Pater Anselm ihm das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter erzählt. Der Typ hatte bei einem wildfremden Mann, der von Räubern überfallen und halb tot geprügelt worden war, Sanitäter gespielt. Danach hatte er ihm auch noch ein Hotelzimmer bezahlt. »Geh hin und tu dergleichen«, hatte der Pater gesagt und ihn angestarrt, als wollte er ihn hypnotisieren. Patrick hatte nicht recht verstanden, was das für ihn bedeutete. Aber vielleicht sollte er sich um die Jungen kümmern, denen es hier richtig dreckig ging.
    Nach den Einzelstunden mit den Mönchen kam normalerweise der Fußball dran, der fast immer in einer Massenschlägerei endete. Komischerweise schritten ihre Aufpasser nie ein, wahrscheinlich wollten die, dass sie sich abreagierten.
    Er selbst hatte heute ja leider turnen müssen wegen der mickrigen fünfzehn Runden beim Laufen. Bauchaufschwung am Stufenbarren, es war die Hölle gewesen mit seinen Blasen an den Fingern. Danach gab es wieder Tee, Hagebutte, dann Rosenkranz und eine Stunde Studierzeit. Da sollte er mal in der Bibel, mal in dem Buch über Metallverarbeitung lesen. Heute war die Bibel dran gewesen. Patrick hatte sich das dritte Kapitel ausgesucht, aber der Frater, der ihn beaufsichtigte, hatte ihm auf die Finger gehauen und gesagt: »Erst kommt die Schöpfung, Dummkopf, dann der Sündenfall.«
    Also hatte er brav mit dem ersten Kapitel angefangen, denn wer hier nicht gehorchte, wurde sofort in die Mangel genommen. ›Es ist deine letzte Chance‹, ging es dann los, ›bei dir haben sämtliche Lehrer und Erzieher dieser Welt versagt, darum bist du bei uns. Und hier gelten andere Regeln, Bürschchen, klar?‹
    Der schönste Tag war der Sonntag. Er hieß ›Tag des Herrn‹. Nach dem Gottesdienst konnten sie tun, was sie wollten. Meistens lagen sie auf ihren Betten und quatschten. Sie hatten ja keine Handys oder Laptops. Zu Mittag bekamen sie echtes Fleisch und Knödel. Die gab es auch noch mal montags, aber gebraten mit Ei drüber.
    »Ich will ein neues Herz«, murmelte Patrick und schlief ein.

9.
     
    Es dauerte fast eine Stunde, bis es Schwarz mit Evas Hilfe endlich gelungen war, Frau Sass einigermaßen zu beruhigen.
    »Es tut mir so leid«, sagte sie. »Ich weiß auch nicht, was in mich gefahren ist.«
    »Ich bitte Sie«, sagte Eva, »in Ihrer Situation wäre jeder verzweifelt.«
    »Danke.« Sie schniefte und lächelte zum ersten Mal wieder.
    Schwarz verstand zwar immer noch nicht, wieso Matthias’ Mutter ausgerechnet von ihm Aufklärung und Erlösung erwartete, aber er hatte seinen Widerstand aufgegeben. Hätte er weiter auf stur geschaltet, würde Eva ihn für herzlos halten, und das wollte er auf keinen Fall.
    »Könnten Sie den Auftrag noch mal genau definieren, Frau Sass?«
    Sie schaute Hilfe suchend zu Eva. »Ich glaube, Ihre Mitarbeiterin hat mich verstanden.«
    Seine Mitarbeiterin. Als Schwarz einen Moment lang überlegt hatte, ob er Eva besser als Freundin oder Tochter vorstellen sollte, war sie ihm zuvorgekommen und hatte sich als seine Assistentin ausgegeben.
    »Aber sicher, Frau Sass«, sagte sie jetzt mit sichtlichem Spaß an ihrer Rolle. »Wir sollen klären, ob Pfarrer Heimerans Beziehung zu Matthias tatsächlich rein platonisch war – oder ob er sich auch Übergriffe hat zuschulden kommen lassen.«
    »Ja«, sagte Frau Sass, »ich will wissen, ob er unser Vertrauen missbraucht hat und sich vielleicht deswegen umgebracht hat.«
    »Das wird nicht leicht zu klären sein«, sagte Schwarz.
    Sie kramte in ihrer Handtasche und zog zwei Hunderteuroscheine heraus. »Als Anzahlung.«
    Schwarz wehrte ab. »Jetzt warten Sie erst mal, ob wir überhaupt was rausfinden.«
    »Natürlich finden wir was raus«, sagte Eva.
    Frau Sass warf ihr einen dankbaren Blick zu und steckte das Geld wieder ein.
    »Darf ich Sie jetzt nach Hause fahren?«, sagte Schwarz und bemühte sich, nicht ungeduldig zu wirken.
    »Danke, heute leiste ich mir ein Taxi.«
    »Dann bringe ich sie noch nach

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