Im Netz der Meister (German Edition)
Heimvorteil, sag mir, wohin ich fahren muss.«
Simone dirigierte ihn in die Dürener Straße. Das »Melody« war ein Lokal, in dem sie schon mal mit Gerald gewesen war, sie hatte es in guter Erinnerung. Sie setzten sich nebeneinander an einen Tisch vor der verspiegelten Wand. Mark bestellte Kaffee. »Kein Alkohol, ich muss gleich noch zurückfahren.«
Simone versuchte, sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen und schalt sich im selben Moment wegen ihrer Dummheit. Es war schließlich nur ein unverbindliches Treffen geplant, und natürlich musste er zurück nach Bielefeld. Hatte sie wirklich insgeheim gehofft, er würde im Hotel übernachten und sie bitten, nein, ihr befehlen, mitzukommen?
Fieberhaft überlegte sie, wie sie ein Gespräch in Gang bringen könnte.
»Wie war die Fahrt?«
»Gut.«
»Wie lange bist du gefahren von Bielefeld aus?«
»Keine zwei Stunden.«
»Hm. Und die Livin’ Lounge hast du gleich gefunden?«
»Ich hab ein Navigationssystem.«
»Aha. Ja.« Stille.
Verdammt, worüber sollte sie mit ihm reden? Mark bemerkte ihre Unsicherheit und sah sie amüsiert an. Er drückte seine Zigarette im Aschenbecher aus und nahm ein Zigarillo aus der Packung.
»Du rauchst beides? Zigaretten und Zigarillos?«
»Ja.«
Stille. Simone begann zu schwitzen. Der Typ war ein echtes Arschloch. Der ließ sie ganz fies zappeln und lachte sich ins Fäustchen, weil er merkte, dass sie nicht gegen ihn ankam.
»Schieb deinen Rock hoch, Simone.«
»Wie bitte?«
Seine Stimme wurde leise. »Ich wiederhole mich nicht gerne!«
Sie schob den Rock hoch. Ein Stück nur, denn die anderen Gäste der Bar konnten sie sehen. Mark schüttelte ungeduldig den Kopf und schob ihren Rocksaum rigoros so hoch, dass jeder die Spitze der Nylons und die Strapse sehen konnte.
»Mark, bitte!«
»Bitte was? Hab ich dir gesagt, ich will Bein sehen? Hab ich es gesagt oder nicht?«
»Ja, hast du.«
»Und? Warum tust du nicht, was dir gesagt wird?«
Simone begann zu stammeln: »Ich weiß nicht, ich wollte ... ich mach’s ja, aber die Leute hier...« Sie hasste sich für ihre Unfähigkeit, einen normalen Satz zu sagen. Mark lehnte sich lässig zurück, zog an seinem Zigarillo und beobachtete den Rauch, den er langsam ausstieß.
Er sah sie nicht an, als er leise sagte: »Geh und zieh deinen Slip aus.«
»Hier?«
»Sag mal, so dämlich kann man doch gar nicht sein, oder? Geh aufs Klo – und zwar sofort!«
Das letzte Wort sprach er so laut, dass einige Gäste des Lokals neugierig zu ihnen hinüber schauten. Simone ging zur Toilette, zog den String aus und kehrte an den Tisch zurück. Mark hielt ihr die offene Hand hin und machte eine Bewegung mit den Fingern. Sie verstand und gab ihm unauffällig ihren String, den sie unter dem Tisch aus der Handtasche zog. Er steckte ihn in die Tasche seines Sakkos.
»Erzähl mir von deinem Job, Simone.«
Fast euphorisch vor Erleichterung über den nun normalen Tonfall seiner Stimme begann Simone zu plappern. Sie erzählte von ihren Lieblingsbüchern, ihren Kunden, beschrieb die Einrichtung des Geschäftes und berichtete von ihrer onlinesüchtigen Ex-Mitarbeiterin Karin. Aus dem Augenwinkel versuchte sie bei der Erwähnung des Namens eine Reaktion in Marks Gesicht zu erkennen, immerhin wusste sie, dass Karin als Gräfin Mariza mit ihm kommunizierte. Mark reagierte nicht, er sah sie nur unverwandt und mit diesem spöttischen Ausdruck an. Mein Gott, was war das für ein Typ? Simone wusste ihn nicht einzuschätzen.
Sie hielt den Atem an, als er eine Hand unter ihren Rock schob und sie fest und schmerzhaft in den Oberschenkel kniff – so lange, dass ihr Tränen in die Augen schossen. Sie sagte nichts. Sie bemühte sich um ein unbeteiligtes Gesicht, als der harte Griff nachließ, die Hand unter ihrem Rock zwischen die Schenkel wanderte und zwei Finger sich hart in sie bohrten.
»Du bist doch wirklich eine dreckige Schlampe!« Er zog seine Hand zurück und wischte sie am Polster der Bank ab, auf der sie saßen. »Du bist nass.«
Simone schämte sich in Grund und Boden, und sie war sicher, dass sie rot wurde. Verlegen senkte sie den Kopf. Tausend Gedanken jagten ihr durch den Kopf, sie registrierte die Situation sehr wohl, begriff ihr unglaubliches Verhalten und konnte doch nichts dagegen tun.
»Wie kommst du nach Hause?«
»Mit der Bahn«, antwortete sie verwundert.
Wollte er gehen? Jetzt? Das war für heute alles? Dafür war er nach Köln gekommen?Sie wagte ihre Fragen nicht
Weitere Kostenlose Bücher