Im Netz der Meister (German Edition)
etwa zehn Meter von ihr entfernt. Sie sah ihn wieder im Spiegel. Er grinste jetzt breit. Hatte er gesehen, wie hektisch sie nach ihm geschaut hatte? Simone lächelte ihr schönstes Lächeln und sah ihn fragend an.
»Bist du es?«, hieß ihr Blick.
Der Mann nickte kaum merklich. Scheiße , dachte Simone. Er ist es. Es ist Mark. Er sieht zum Umfallen klasse aus . Ihr Magen rebellierte. Etwas in ihr rief: Nein! Nicht der! Dieser Mann ist dein Untergang . Etwas anderes rief lauter: Ja. Endlich!
Sie wollte aufstehen, zu ihm gehen.
Gehörte sich das? Dass die Sklavenanwärterin aufsteht und hingeht, ohne dass der Herr sie aufgefordert hatte?
Simone dachte an die Mails, in denen Mark die totale Demut gefordert hatte. Unschlüssig blieb sie sitzen, suchte wieder seinen Blick. Er war weg.
Sie suchte das Lokal mit den Augen ab, stand auf, reckte sich, um über die Köpfe der anderen spähen zu können.
Nein, er war nirgends. Vielleicht war er auf dem Klo.
Von Bielefeld bis Köln waren es mindestens zwei Stunden Fahrt gewesen. Er musste sicher pinkeln. Sie ließ den Weg zur Herrentoilette nicht aus den Augen, soweit das bei dem Betrieb möglich war.
Nach zwanzig Minuten sah sie ihn immer noch nicht.
War er wirklich gegangen? Hatte sie was falsch gemacht? Hätte sie zu ihm gehen sollen? Hatte sie ihm nicht gefallen? Scheiße, Scheiße, Scheiße.
Simone bemühte sich, nicht zu heulen.
Sie verlangte die Rechnung, öffnete ihre Handtasche, um die Geldbörse heraus zunehmen. Licht am Handy! Das Display leuchtete. Sie sah nach: »Sie haben zwei neue Nachrichten.«
»Oh nein!«, rief sie laut aus.
»Was nicht in Ordnung, Lady?«, fragte jemand neben ihr.
Sie antwortete nicht, nestelte ihre Brille aus dem Etui, setzte sie nervös auf und rief die Messages mit zitternden Fingern auf. Mark schrieb: »Nette Location. Bin schon wieder auf der Autobahn. Hast mir zu wenig Bein gezeigt, meine Liebe.«
Das kann doch wohl nicht wahr sein, so ein Arschloch! , dachte Simone. Sie war hin- und hergerissen zwischen Wut über seine Arroganz und Faszination wegen seiner Konsequenz. Sie schrieb eine SMS zurück: »Bitte nicht! Tut mir leid, wenn ich was falsch gemacht habe. Bitte, bitte, ich möchte dich sehen.« Sie hoffte sehr, den richtigen Ton getroffen zu haben. Dass sie begann, sich selbst zu verraten, merkte sie nicht.
Mark antwortete: »Okay. Ich drehe um. Du stehst in fünf Minuten vor der Tür.«
»Ja, Mark.«
Sie drängelte sich in Richtung Ausgang. Nervös und von einem Fuß auf den anderen tretend reihte sie sich in die Warteschlange vor der Garderobe ein, um ihren Mantel zu holen. Alle paar Sekunden schaute sie auf die Uhr.
Noch zwei Minuten. Rasch fuhr sie sich mit den Fingern noch einmal ordnend durch das Haar, sprayte sich eine Portion Odol in den Mund, zog vor dem Taschenspiegel die Lippen nach.
Noch eine Minute. Sie griff nach ihrem Mantel und stürmte zur Tür. Dort blieb sie einen Moment stehen, holte tief Luft und verließ dann, ganz Dame und ganz cool, die Bar.
Direkt vor der Tür parkte ein schwarzer Porsche. Lässig, mit verschränkten Armen, lehnte Mark an der Fahrerseite. Simones Herz schlug bis zum Hals, als sie ihn sah. Beeindruckend und mächtig wirkte er.
Sie wartete einen Moment, ob er um den Wagen herumgehen und ihr die Beifahrertür aufmachen würde. Er tat es nicht, sah sie nur spöttisch lächelnd an, stieg ein und öffnete die Tür von innen. Ihre Stimme klang fest, als sie betont forsch »Guten Abend, Mark«, sagte.
Er grinste. Es war ein besonderes Grinsen: Er zog nur den Mundwinkel ein wenig hoch, dadurch verstärkten sich die feinen Fältchen um seine Augen. Zeitgleich hob er eine Augenbraue an. Blau. Graublau und kalt sind die Augen , dachte Simone.
»Und?« Seine Stimme klang herablassend, gelangweilt.
»Wie – und?«
»Starker Auftritt für eine Schlampe, findest du nicht?«
»Mark, ich bitte dich, ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich wusste nicht, ob du erwartest, dass ich zu dir komme oder dass ich warte, bis du mich zu dir rufst.« Er sah sie unverwandt an. Simone senkte den Kopf und starrte auf ihre Knie. »Scheiße, ich hab ne Laufmasche«, entfuhr es ihr.
Mark lachte höhnisch. »Von einer Schlampe habe ich nichts anderes erwartet.«
Simone erkannte sich selbst nicht, als sie sich leise »Entschuldigung« murmeln hörte.
»Trinken wir irgendwo was?«, fragte er, aber es klang nicht wie eine Frage sondern wie ein Befehl.
»Gerne, wohin möchtest du?«
»Das ist dein
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