Im Netz des Drachen
Leonardo? Da Vinci? Hatte der so viele Kinder?«
Justus schaute skeptisch. »Da Vinci lebte im fünfzehnten Jahrhundert. Zu spät für mein Gefühl, als dass er zum Land der Drachen passen könnte. Und das mit den Söhnen … hm.«
»Und dann müssen wir nur noch den gespaltenen Weg, die luftige Leiter, den eisigen Flug und die atemlose Dunkelheit bewältigen, und schon sind wir da.« Bob seufzte. »Kollegen, ich glaube, das wird alles andere als einfach.«
»Wobei das Ziel als eines beschrieben wird, an das am Ende jeder gelangen soll.« Der Erste Detektiv sah grübelnd zum Fenster hinaus. »Aber was hat das alles mit Stephen Baron und Dragoncourt zu tun? Wieso führt uns dieser Brief dorthin?«
Kurz darauf parkte der dritte Detektiv seinen Käfer neben der Einfahrt zu Dragoncourt. Die Jungen stiegen aus und liefen als Erstes zu dem Gnom in der Mauer.
»Jetzt haben wir keinen Dschinni, der für uns da reinfasst«, witzelte Peter. Aber eigentlich war ihm gar nicht nach Scherzen zumute.
Justus nickte nur schwach. Dann streckte er die Hand aus und fasste ins Maul des Gnoms.
In der nächsten Sekunde zuckte er zusammen wie nach einem Stromstoß! Er schrie und wand sich vor Schmerzen, riss an dem Arm, den irgendetwas in dem Maul festhielt.
»Erster! Oh Gott!«
»Just!«
Peter und Bob stürzten herbei, beide kreidebleich und voller Angst um ihren Freund. Doch plötzlich entspannte sich Justus und grinste breit. »Entschuldigt, aber das war zu verlockend.«
Peter brauchte einen Moment, bis er verstand. »Armleuchter!«, knurrte er schließlich.
»Mir ist fast das Herz stehen geblieben«, beschwerte sich Bob.
Justus zwinkerte ihnen fröhlich zu. »Aber hier drin ist tatsächlich etwas.« Er nickte zu dem Maul, in dem immer noch seine Hand steckte, und tastete den Gegenstand ab, den er an den Fingerspitzen fühlte. »Eine Zahlentastatur. Ich versuch mal die 6765.« Der Erste Detektiv tippte blind die Zahlenfolge und sah zum Tor. Nachdem er die letzte Zahl eingegeben hatte, schwang es leise auf.
»Dieselbe Kombination«, murmelte Bob.
Peter kratzte sich am Kopf. »Aber was hat das mit einem Leonardo da Sonstwas und dessen buckliger Verwandtschaft zu tun?«
Justus zog die Hand aus dem Maul und sah Peter aufmerksam an. »Bucklig! Schief! Pisa! Peter, du bist ein Genie!«
»Bitte was?«, staunte der Zweite Detektiv.
»Leonardo da Pisa, auch genannt Fibonacci! Lebte um zwölfhundert und ist vor allem für die unendliche Fibonacci-Folge bekannt, bei der sich die jeweils folgende Zahl aus der Summe der beiden vorhergehenden Zahlen ergibt. Und wenn man jetzt …« Der Erste Detektiv verstummte und rechnete eine Weile leise murmelnd vor sich hin. »Ja! Die 20. Zahl dieser Folge ist die 6765!«
Peter nickte bedeutungsvoll. »Klar. Fibonacci. 6765. Da dachte ich auch grad dran.« Manchmal wusste er nicht, ob er Justus bewundern oder vor ihm erschrecken sollte.
Bob ergriff das Wort: »Damit dürfte endgültig klar sein, dass der Brief tatsächlich eine Parallele zwischen dem Land der Drachen und Dragoncourt herstellen will. Jetzt müssten wir nur noch wissen, wer ihn geschrieben hat. Und warum.«
»Baron selbst?«, überlegte Peter. »Der Verfasser kennt sich ja offenbar sehr gut aus da oben, und auf wen träfe das besser zu als auf Stephen Baron?«
Bob machte ein skeptisches Gesicht. »Welchen Grund hätte Baron? Er will das Haus loswerden. Da hat er sicher kein Interesse daran, dass sich da oben irgendwelche Online-Freaks herumtreiben.«
»Aber wer weiß sonst noch so gut über Dragoncourt Bescheid? Und was hat dieser Jemand vor?«
»Er möchte auf irgendetwas aufmerksam machen«, sagte Justus. »Irgendetwas weiß derjenige, aber solange Baron auf Dragoncourt wohnte, hatte er keine Möglichkeit, dieses Geheimnis zu offenbaren.«
Bob drückte das Tor auf. »Aber warum der Brief? Warum dieses Rätsel?«
»Das werden wir herausfinden.« Der Erste Detektiv betrat das Grundstück.
Peter zögerte noch. »Und was unternehmen wir wegen unseren beiden Freunden? Ihr wisst schon. Dr. Hässlich und Mr Nochhässlicher.«
Justus drehte sich um und zuckte die Schultern. »Wir sind vorsichtig!«
»Toller Plan!«
Jetzt, wo die drei Detektive einige Örtlichkeiten des Spiels kannten, fielen ihnen noch mehr Übereinstimmungen zwischen Barons Anwesen und dem Land der Drachen auf. Natürlich war es nicht möglich gewesen, die fantastischen Landschaften und Bauwerke des Spiels in der Realität eins zu eins nachzubilden. Aber es
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