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Im Netz des Drachen

Im Netz des Drachen

Titel: Im Netz des Drachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marco Sonnleitner
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nicht unwichtiges Detail. Dazu später.
    Ich hatte immer vor, meinen Teil des Schatzes zurückzugeben, und betrachtete es gewissermaßen als eine vorübergehende Leihgabe, dass ich ihn so lange für mich behielt. Doch Tatsache war, und das wurde mir im Laufe der Zeit immer mehr bewusst: Ich hatte den Schatz gestohlen, ich hatte ein Verbrechen begangen. Und nicht irgendeines. Ich hatte die Todesgabe eines Fürsten an seine geliebte Frau mit Füßen getreten. Das, gerade das, setzte und setzt mir enorm zu. So etwas lässt keine fühlende Seele kalt.
    Aber was sollte ich tun? Mich stellen? Gewiss, das wäre die ehrenvollste Lösung gewesen. Aber ich wollte um keinen Preis ins Gefängnis. Das hätte ich nicht überlebt. Das hätte meine Fantasie getötet.
    Also den Schatz anonym zurückgeben? Doch dann wäre ich mit meiner Schuld allein geblieben, denn niemand hätte je von meiner verwerflichen Tat erfahren.
    So aber, durch das Rätsel und mein Verschwinden, kann ich Buße tun, kann ich gestehen, was ich verbrochen habe, ohne dafür in einer dunklen Zelle an Leib und Geist gebrochen zu werden. Dieses Geständnis nimmt einen großen Druck von meiner Seele und ermöglicht es mir vielleicht auch, meinen Namen zumindest ein Stück weit reinzuwaschen. Jeder weiß jetzt, was ich getan habe, und ich überlasse es dem Gewissen der Welt, über mich zu richten. Wobei ich zugeben muss, dass ich durch das Rätsel nicht nur dem Fürstenpaar Ehre erweisen, sondern gleichzeitig auch mir eine kleine Freude bereiten wollte. Ich bin eben ein unverbesserlicher Kindskopf. Dass ich euch damit in große Gefahr gebracht habe, tut mir unendlich leid. Ich habe nie damit gerechnet, dass alles derart aus dem Ruder läuft. Selbst als das Gemälde gestohlen wurde, beunruhigte mich das nicht, da im Spiel mit der Zeit genügend Anhaltspunkte und Wege aufgetaucht wären, um den Schatz auch ohne den realen 3-D-Hinweis zu finden. Ich bitte nochmals um Entschuldigung.
    Die Gefahr übrigens, dass der Finder den Schatz für sich behält, bestand nie. Als Administrator des Spieles habe ich Zugang zu allen Daten und hätte leicht die Spieler ausfindig machen können, deren Avatare im Land der Drachen dem Schatz am nächsten gekommen waren. Ein anonymer Tipp an die Polizei, und die Sache wäre aufgeflogen. Zabriski hätte das eigentlich ahnen müssen, aber er rechnete offenbar damit, dass ich bald das Zeitliche segnen würde.
    Und damit zu jenem nicht ganz unwichtigen Detail: Ihr werdet euch sicher schon gewundert haben, wie ich im Rollstuhl in die Höhle gelangen konnte. Nun, ich bin zwar durch den Unfall ein wenig gehbehindert, weswegen mein Schuh eine Metallverstärkung hat, die sich auch im Profil abzeichnet. Aber ich kann dennoch wieder sehr gut Treppen steigen.
    Und das mit der unheilbaren Krankheit stimmt auch nicht. Es geht mir sehr gut und ich genieße das Leben hier auf dieser Insel, zumal ich auch endlich wieder diesen unerträglichen Bart und diese gewaltige Brille los bin (:-)). Hier werde ich mein neues Leben beginnen, ein Leben, das frei von der Last der Vergangenheit hoffentlich ein glücklicheres werden wird, als es das in den letzten Jahren war. Die Krankheit ist nichts weiter als eine Notlüge, die mich vor weiteren Nachstellungen schützen sollte. In ein paar Monaten wird die Welt auch von meinem Tod erfahren und dann, so hoffe ich, wird endgültig ein neues Kapitel in meinem Leben aufgeschlagen werden.
    Natürlich kann ich euch nicht daran hindern, dieses mein Geheimnis zu verraten und euch jetzt auf die Suche nach mir zu machen, damit mich eine gerechte Strafe ereilen möge. Aber ich glaube, ihr wisst, dass ich genug gelitten habe. Außerdem habe ich meine Spuren recht gut verwischt und ich denke, dass es sehr, sehr schwer werden wird, mich zu finden.
     
    Lebt wohl
     
    Stephen Baron …
    … alias der Schwarze Ritter …
    … alias Cole Benedict …
    … alias ???
     
    Die drei ??? sahen lange und schweigend auf den Bildschirm.
    »Mannomann«, flüsterte schließlich Peter in die Stille hinein.
    »Du sagst es.« Bob nickte schwach.
    »Genau«, meinte Justus.
    Plötzlich hallte ein wohlbekannter Schrei über den Schrottplatz. »Justus! Peter! Bob! Wo, zum Kuckuck, steckt ihr denn wieder?«
    »Oje!« Justus faltete die Zeitung zusammen. »Der Tonlage nach zu urteilen, wartet Arbeit auf uns.«
    Peter seufzte. »Da sind mir die in Grün und mit Schuppen noch fast lieber.«
    Bob schaute ihn irritiert an. »Was meinst du?«
    Peter grinste.

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