Im Paradies deiner Kuesse
oder ein gefährliches Experiment würde irgendwann sein Schicksal besiegeln. Wie hätte er ahnen können, dass stattdessen der liebevollste und sanfteste Kuss seines Lebens dafür verantwortlich sein würde?
Jede Zelle in ihrem Körper schien vor Lebensfreude und Energie zu jauchzen.
Das war besser, als Allegra es sich je vorgestellt hatte. Viel besser als all ihre Tagträume!
Finn küsste einfach umwerfend. Erst ganz sachte, beinah fragend. Doch schon bald leidenschaftlich, atemberaubend, sodass sie alles um sich her vergaß. Endlich merkte sie, zu welchen Gefühlen sie fähig war. Niemand sollte es noch einmal wagen, sie als seelenlos zu bezeichnen!
Sie zitterte am ganzen Körper. Ob wegen des plötzlichen Temperaturabfalls oder Finns heißer Lippen auf ihren, sie wusste es nicht. Sachte zog er sich von ihr zurück.
Sogar kniend war er viel größer als sie. Also hob sie den Kopf und sah zu ihm auf, als er ihr sanft eine Strähne hinters Ohr strich.
Allegra konnte nicht anders, sie lächelte. Eigentlich strahlte sie vielmehr.
Und Finn lächelte ebenfalls. Jedoch nicht sein typisches jungenhaftes Grinsen. Jetzt sah sie den Finn, den er nur selten jemandem zeigte. Den kleinen Jungen, der so oft entwurzelt worden war und der doch irgendwann gelernt hatte, sich durchzuboxen. Den jungen Mann, der die Wunder der Natur komplizierten zwischenmenschlichen Beziehungen vorzog. Und sie liebte ihn nur noch mehr dafür.
Trotz ihrer Unerfahrenheit würde sie die Initiative ergreifen, ihn führen müssen. Wenn er es überhaupt zuließ.
Ich werde dir nicht wehtun!
Sanft presste sie ihre Lippen auf seine, in der Hoffnung, dass er sie auch ohne Worte verstehen würde.
Daraufhin zog er sie fest an sich, als wollte er sie vor der ganzen Welt beschützen.
Wenn er mich doch immer so festhalten könnte!
In seinen Armen fühlte sie sich unbesiegbar. Jede Herausforderung könnte sie so meistern.
Abermals erhellte ein Blitz den grauen Himmel. Sekunden später ertönte der Donner. Noch immer laut, aber längst nicht mehr so heftig. Das Unwetter ließ bereits nach. Zeitgleich sahen sie hinaus. Und ein metallisches Blinken im Baum gegenüber holte sie unsanft in die Wirklichkeit zurück.
Oh nein! Die Nachtsichtkamera!
Die hatten sie völlig vergessen.
Panisch wandte Allegra sich zu Finn um. Auch er schien besorgt.
Zu allem Überfluss begann sie nun auch noch zu frieren. Als sie am Nachmittag ins Lager zurückgekehrt waren, hatte das Feuer nur noch schwach geglommen. Und ein neues konnten sie bei diesem Wolkenbruch auch nicht anzünden, trotz des trockenen Holzes, das sie in der Hütte lagerten.
Ein heftiges Zittern schüttelte Allegra.
Finn ließ sie los, setzte sich auf den Boden und breitete die Arme aus. Daraufhin drehte sie sich um und schmiegte sich mit dem Rücken an seine Brust. Lange saßen sie so da und blickten in den Regen.
Als es dunkel wurde, ließ das Gewitter nach. Finn bewegte sich ein wenig. Allegra nahm dies als Signal, sich von ihm zu lösen. Die feuchtkalte Luft jagte ihr eine Gänsehaut über den Rücken.
Lächelnd beobachtete Allegra, wie er sich neben ihr ausstreckte. Offensichtlich war er sehr müde. Die Augen geschlossen und mit dem Gesicht zu ihr, legte er sich auf die Seite und hob den Arm. Nur zu gern nahm sie diese stumme Einladung an. Vorsichtig kuschelte sie sich an ihn, spürte seine Wärme, seinen Atem im Nacken.
Doch Finn streichelte sie nicht. Er hielt sie nur fest und wärmte sie.
Mach dir keine zu großen Hoffnungen …
Nur naive kleine Meerjungfrauen hofften auf das Unmögliche. Und wenn ihre Hoffnung starb, starben auch sie und verwandelten sich in Meeresschaum.
Aber wie sollte sie vernünftig sein, wenn sie ihm so nahe war, dass sie seinen Herzschlag spürte?
Als Finn aufwachte, hielt er Allegra noch immer an sich gepresst. Nach der verblassenden Farbe des Himmels zu schließen, musste es kurz vor Sonnenaufgang sein. Mittlerweile hatte es aufgehört zu regnen.
Eigentlich sollte er aufstehen, ein Feuer machen und etwas zu essen organisieren. Schließlich hatten sie gestern Abend wegen des Unwetters nichts essen können, und Allegra würde sicher hungrig sein, wenn sie aufwachte. Doch er konnte sich nicht dazu überwinden, sich von ihr zu lösen. Mit Nat hatte er nie so geschlafen. Irgendwem war es im Laufe der Nacht immer zu eng geworden.
Okay. Noch fünf Minuten.
Das war die letzte Gelegenheit, mit Allegra allein zu sein. Hatte er sie wirklich erst vor sechs Tagen
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