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Im Paradies deiner Kuesse

Im Paradies deiner Kuesse

Titel: Im Paradies deiner Kuesse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fiona Harper
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noch einmal tief in die Augen.
    Ich auch, sagte sein Blick.
    Am liebsten hätte Allegra ihm jetzt die Arme um den Nacken gelegt und ihn geküsst.
    Doch das tat sie natürlich nicht. Stattdessen hob sie ihr langärmeliges Shirt hoch und streifte es über. Sowie sie ihre Wanderstiefel geschnürt hatte, war sie bereit zum Gehen. Viel Gepäck hatte sie ja nicht dabeigehabt.
    Auf dem Weg zur Ruine erklärte Finn ihr, wie man sich in der Wildnis orientierte. „Im Augenblick gehen wir nach Norden. Versuch, dir das zu merken.“
    Allegra hörte nur mit halbem Ohr zu. Sie hatte Wichtigeres zu tun. Die meiste Zeit merkte sie kaum, wo sie langgingen. Dafür brannte sich jedes Lächeln, jeder Blick, den Finn ihr schenkte, für immer in ihr Gedächtnis ein. Und viele andere Einzelheiten über den großartigsten Mann, den sie je kennengelernt hatte.
    Zum Beispiel die Art, wie er sich bewegte: immer zielgerichtet. Für ihn gab es keine Umwege, ob er nun durch einen Dschungel marschierte oder sein Taschenmesser zur Hand nahm.
    Sein tiefes Lachen, sein schottischer Akzent. Lauter kleine Dinge. Kleine, aber wichtige Dinge.
    Nachdem sie ungefähr eine Dreiviertelstunde gegangen waren, blieb Finn plötzlich stehen. Fast wäre Allegra gegen ihn gelaufen. Er legte einen Finger auf die Lippen, und das ganze Team verstummte.
    „Was ist los?“, erkundigte sich Tim, der sofort eine Gefahr zu wittern schien. Eine Weile flüsterten sie miteinander.
    „Bleib bitte einen Augenblick hier, Allegra“, sagte Finn mit einem Lächeln, das nicht ganz echt wirkte.
    Beunruhigt beobachtete sie, wie die Männer im Dickicht verschwanden. Doch schon eine Sekunde später kehrte Finn zu ihr zurück – mit einem so ernsten Gesichtsausdruck, dass ihr Herz wie wild zu klopfen begann.
    „Was ist los?“, fragte sie nervös.
    Er lächelte sein gewohntes warmes Lächeln. „Von jetzt an bist du auf dich allein gestellt“, erklärte er sanft. „Bis morgen früh zum Sonnenaufgang. Das ist deine Abschlussprüfung. Und ich weiß, dass du sie meistern wirst!“
    Dann nahm er seinen Rucksack ab und drückte ihn ihr in die Arme. Mechanisch presste sie ihn an sich. Als Finn sich zum Gehen wandte, wollte sie etwas einwenden, doch sie kam nicht dazu. Für einen winzigen Moment spürte sie noch einmal seine heißen Lippen auf ihren, in einem letzten, sehnsuchtsvollen Kuss, ehe er im Dschungel verschwand.
    Was sollte das heißen, sie war jetzt „auf sich allein gestellt“? Sollte sie das Signalfeuer etwa ganz allein anzünden? Dann würden sie wohl für immer auf dieser Insel bleiben müssen! Andererseits wäre das vielleicht nicht das Schlechteste, was ihnen passieren konnte …
    Auf einmal schienen die Vögel lauter zu singen. Auch andere Geräusche stürmten plötzlich auf sie ein und machten ihr Angst. Als Finn bei ihr war, hatte sie dem Rascheln der Blätter und dem Knarren der Bäume gar keine Beachtung geschenkt. Wenigstens war Simon noch hier, um ihr Gesellschaft zu leisten.
    Vorsichtig spähte sie in einen dichten Busch. Irgendetwas bewegte sich zu ihren Füßen, und sie erstarrte vor Schreck. Was hatte Finn ihr noch einmal über Schlangen beigebracht? Sollte man fest aufstampfen und Krach machen oder ganz still stehen bleiben? Vielleicht erinnerte Simon sich ja daran?
    Doch als sie sich zu ihm umwandte, erschrak sie noch mehr.
    Simon war auch nicht mehr da.
    Und nichts, kein Rascheln, kein Knacken im Unterholz verriet, wo er steckte.
    Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Stirn. Trotzdem zitterte Allegra.
    Was sollte sie jetzt nur tun?
    Sie stand mitten in einem Urwald, Tausende von Kilometern von zu Hause entfernt, und war mutterseelenallein.

10. KAPITEL
    Um den Schock zu verarbeiten, hätte Allegra sich am liebsten erst einmal hingesetzt. Aber hier gab es nirgendwo eine geeignete Sitzgelegenheit. Finn hatte ihr eingeschärft, niemals irgendetwas mit dem Boden in Kontakt zu bringen – weder Gegenstände noch Körperteile –, ehe sie sicher sein konnte, dass sie keine unerwarteten Kratzer oder Bissspuren davontragen würde. Und dieses Risiko wollte sie jetzt nicht eingehen.
    Also blieb sie stehen und wartete.
    Beinah fünf Minuten benötigte sie, ehe ihr das ganze Ausmaß der Situation bewusst wurde. Langsam drehte sie sich um ihre eigene Achse, in der Hoffnung, irgendwo etwas anderes als die Farbe Grün zu sehen.
    Was hatte Finn gesagt? In der Wildnis musste man langsam vorgehen. Erst nachdenken und dann handeln. Das Schlimmste wäre, in Panik

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