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Im Reich des Wolfes

Im Reich des Wolfes

Titel: Im Reich des Wolfes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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es dir?« fragte der Mann
    aus den Bergen, dessen kleine Armbrust auf Angels Herz gerichtet war.
    »Ich bin nicht hergekommen, um zu töten, mein Freund. Ich arbeite nicht für die Gilde. Ich kam, dich zu warnen.«
    Waylander nickte. »Ich hörte, daß du dich von der Arena zurückgezogen hast. Was machst du jetzt?«
    »Ich habe Jagdwaffen verkauft. Ich hatte einen Stand am Marktplatz, aber er wurde wegen meiner Schulden beschlagnahmt.«
    »Mit zehntausend Goldstücken könntest du ihn leicht zurückkaufen«, sagte Waylander kalt.
    »Allerdings - fünfmal. Aber wie ich bereits sagte, ich arbeite nicht für die Gilde. Und du solltest nicht einmal daran denken, mich einen Lügner zu nennen!«
    Waylander löste die Bolzen aus der Waffe und entspannte die Sehnen. Er legte die Armbrust auf den Tisch und wandte sich wieder an den entstellten Kämpfer. »Du bist kein Lügner«, sagte er. »Aber warum solltest du mich warnen? Wir standen uns doch nie nahe.«
    Angel zuckte die Achseln. »Ich dachte an Danyal. Ich wollte nicht, daß sie Witwe wird. Wo ist sie?«
    Waylander antwortete nicht, doch Angel sah, wie die Farbe aus seinem Gesicht wich und ein Ausdruck von Kummer darüberflog, der jedoch rasch verborgen wurde. »Du kannst die Nacht über bleiben«, sagte Waylander. »Und danke für deine Warnung.« Mit diesen Worten nahm er die Armbrust und verließ die Hütte.
    »Meine Mutter starb«, flüsterte Miriel. »Vor fünf Jahren.«
    Angel seufzte und sank in seinem Sessel zurück. »Hast du sie gut gekannt?« fragte sie.
    »Gut genug, um ein bißchen in sie verliebt zu sein. Wie starb sie?«
    »Beim Reiten. Das Pferd stürzte und fiel auf sie.«
    »Nach allem, was sie durchgemacht hat ... Schlachten ... Kriege ...« Er schüttelte den Kopf. »In solchen Dingen liegt kein Sinn, überhaupt keiner. Fünf Jahre, sagst du. Bei den Göttern! Dein Vater muß sie angebetet haben, so lange allein zu bleiben.«
    »Das hat er. Er tut es immer noch. Er verbringt viel zuviel Zeit an ihrem Grab und redet mit ihr, als könnte sie ihn noch hören. Manchmal macht er das auch hier.«
    »Jetzt verstehe ich«, sagte Angel leise.
    »Was verstehst du?«
    »Ist das nicht offensichtlich, Miriel? Die Mörder sammeln sich -
    Attentäter, Kopfgeldjäger, nächtliche Schleicher. Er kann sie nicht alle töten, und das weiß er. Warum ist er dann noch hier?«
    »Sag du es mir.«
    »Er ist wie der alte Hirsch, den die Wölfe jagen. Er zieht sich auf die Höhen zurück. Er weiß, daß er am Ende ist, und dann dreht er sich um und wartet, stellt sich dem Feind für eine letzte Schlacht.«
    »Aber er ist nicht wie dieser Hirsch. Er ist nicht alt! Ist er nicht! Und er ist auch nicht am Ende.«
    »Er sieht das anders. Danyal war alles, wofür er gelebt hat. Vielleicht glaubt er, daß sie im Tod wieder vereint werden. Ich weiß es nicht. Was ich allerdings weiß - und er auch ... wenn er hierbleibt, bedeutet das Tod.«
    »Du irrst dich«, widersprach Miriel, doch ihre Worte klangen nicht überzeugend.

3.

    Auf einem Meer von Schmerzen treibend, wußte Ralis, daß er starb. Seine Arme waren ihm auf den Rücken gebunden, die Haut seiner Brust versengt und zerschnitten, die Beine gebrochen. Man hatte ihn aller Würde beraubt durch die gequälten Schreie, welche die Messer und heißen Eisen seiner Seele entrissen hatten. Von dem Menschen Ralis war nichts mehr übrig außer einem kleinen, flackernden Funken Stolz.
    Er hatte ihnen nichts gesagt. Kaltes Wasser durchweichte ihn und linderte die Schmerzen seiner Verbrennungen, und er öffnete sein eines verbliebenes Auge. Morak kniete vor ihm, ein entspanntes Lächeln auf dem gutaussehenden Gesicht.
    »Ich kann dich von diesen Schmerzen befreien, alter Mann«, sagte er. Ralis erwiderte nichts. »Was ist er für dich? Ein Sohn? Ein Neffe? Warum erleidest du das für ihn? Du wanderst seit... fünfzig, sechzig? ... Jahren durch die Berge. Er ist hier, und du weißt, wo er ist. Wir werden ihn am Ende doch finden.«
    »Er ... wird ... euch ... alle ... töten«, flüsterte Ralis.
    Morak lachte, die anderen fielen ein. Ralis roch für einen Moment sein brennendes Fleisch, ehe der Schmerz in seinen Schädel fuhr. Doch seine Kehle war heiser und blutig vom Schreien, und er konnte nur noch ein kurzes, gebrochenes Stöhnen von sich geben.
    Und plötzlich, wunderbarerweise, war der Schmerz verflogen, und Ralis hörte eine Stimme, die ihn rief.
    Er erhob sich von seinen Fesseln und flog der Stimme entgegen. »Ich habe ihnen nichts

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