Colours of Love - Entblößt: Roman (German Edition)
1
Der Regen läuft kalt über mein Gesicht, aber ich spüre ihn kaum. Alles in mir ist auf den Mann konzentriert, der dicht vor mir steht.
Jonathan.
Er ist mir durch den Regen hinterhergelaufen, so wie er war, ohne Hemd und barfuß, und ist genauso nass wie ich. Seine schwarzen Haare schimmern im Licht der Laterne, unter der wir stehen, und weil sein Oberkörper nackt ist, kann ich sehen, wie sein Brustkorb sich hebt und senkt, während die Tropfen unablässig über seine Haut rinnen. Ich möchte die Hand darauf legen und ihn berühren, aber ich wage es nicht.
»Ich will nicht, dass du gehst, Grace.« Seine tiefe Stimme klingt angespannt, und da ist etwas in seinen blauen Augen, das ich darin noch nie gesehen habe. Ein Funkeln, das mir fast Angst macht in seiner Intensität. »Bleib.«
Tränen steigen mir in die Augen, weil es genau die Worte sind, die ich hören wollte. Und trotzdem habe ich Angst nachzugeben.
»Es geht nicht, Jonathan.« Mit einem traurigen Kopfschütteln blicke ich zurück auf die weiße Villa mit dem schmiedeeisernen Zaun, vor der wir stehen. Der Club. Sehr exklusiv und eigentlich sehr aufregend. Wieder sehe ich vor mir, was gerade dort passiert ist. Wir hatten Sex – unglaublich heißen Sex, den ich niemals vergessen werde. Aber ich bin auch ganz klar an meine Grenzen gestoßen. Denn wir waren dort nicht allein, ich sollte ihn teilen, und das ging nicht. Die Art von unverbindlicher Affäre, die Jonathan erwartet, will ich nicht führen. Ich kann einfach nicht so tun, als hätte ich keinerlei Gefühle für ihn. »Du hattest die ganze Zeit recht. Ich kann nicht nach deinen Regeln spielen.«
Ein Zittern läuft durch meinen Körper, während wir uns weiter ansehen. Ich will ihn nicht verlassen, allein der Gedanke zerreißt mich. Aber welche Zukunftsperspektive habe ich mit einem Mann wie ihm, wenn mein Herz vor Liebe für ihn überquillt – und er vor jeder Art von echter Nähe zurückschreckt? Wenn ich für ihn austauschbar bin, einfach zu ersetzen? So weh es mir auch tut, dann muss ich gehen. Zurück nach Amerika. Dann muss ich Jonathan verlassen und versuchen, ihn zu vergessen.
Einen langen Moment steht er da, die Hände zu Fäusten geballt, und ich kann sehen, wie seine Kinnmuskeln arbeiten.
»Dann ändern wir die Regeln eben«, sagt er und geht einen Schritt auf mich zu, kommt noch näher. »Dann spielen wir nach deinen.«
»Was?« Fassungslos starre ich ihn an. Ich muss mich verhört haben. Das hat er nicht gesagt. »Aber …« Meine Stimme ist so dünn und zittrig, dass ich mich erst räuspern muss, bevor ich weiterreden kann. »Aber ich will, dass wir eine Beziehung führen, Jonathan. Eine richtige. Nur du und ich. Und du hast gesagt, dass du dazu nicht bereit bist.«
Er stößt die Luft aus. »Aber ich bin erst recht nicht dazu bereit, dich gehen zu lassen.« Er umfasst meine Oberarme und für einen Moment glaube ich, dass er mich vielleicht schütteln wird. Doch seine Hände liegen nur wie Eisenklammern darum, halten mich fest. »Du musst bleiben, Grace. Bitte.«
Mein Herz schlägt schneller. Ich kann mich nicht erinnern, wann Jonathan mich je um etwas gebeten hätte – jedenfalls nicht so. Er kann unglaublich arrogant sein, weil er es gewohnt ist, dass seine Anweisungen ausgeführt werden. Aber jetzt bittet er mich tatsächlich um etwas, ist bereit, Zugeständnisse zu machen – und die Erleichterung, dass ich ihn dann vielleicht doch nicht verlassen muss, ist so groß, dass meine Tränen sich auf meinen Wangen mit dem Regen vermischen, während ich ihn weiter ansehe, in seinen unglaublich blauen Augen versinke.
»Mr. Huntington?«
»Jonathan!«
Er lässt meine Schultern wieder los und wir fahren herum, als wir die Stimmen hören, die fast gleichzeitig von beiden Seiten ertönen. Die hinter mir, die zuerst gerufen hat, gehört Steven, Jonathans Chauffeur. Der große blonde Mann ist aus der langen Limousine ausgestiegen, die am Straßenrand parkt, und sieht uns fragend an. Offenbar ist es ihm nicht geheuer, dass sein Chef nur halb bekleidet und mit nackten Füßen im Regen auf dem Gehsteig mitten im noblen Primrose Hill steht und mich anstarrt. Doch er schweigt, will offenbar nicht aufdringlich sein, weil von der anderen Seite noch jemand kommt.
Yuuto Nagako, Jonathans japanischer Geschäftsfreund, ist uns aus dem Club nach draußen gefolgt und nähert sich mit schnellen Schritten. Er ist im Gegensatz zu Jonathan angezogen – das war er vorhin auch noch, weil er erst
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